Bis Zum Letzten Tropfen
Blut haben. Scheiße, sie machen ja praktisch Werbung damit.
Die beste Werbung, um Vampyre anzulocken: Die Gewissheit, immer genug von dem roten Saft zu kriegen.
Warum ein Geheimnis daraus machen?
Aber ein Geheimnis gibt es trotzdem. Ein großes Geheimnis sogar. Das größte überhaupt.
Wo zum Teufel kommt das ganze Blut her?
Genug Blut, um Hunderte, vielleicht sogar tausend Vampyre bei Laune zu halten.
Klar, manche Vampyre sind gleicher als andere. Leute von Predos Kaliber werden sicher mehr im Kühlschrank haben als der Durchschnittsinfizierte. Doch selbst der kriegt noch einen halben Liter pro Woche.
In Mathe war ich noch nie gut. Scheiße, ich war in überhaupt keinem Fach gut. Aber das kann ich mir ungefähr ausrechnen. Und das Ergebnis lautet: Es ist verdammt viel Blut. Wo zum Teufel kommt es her?
Eine Frage, die sich die meisten von uns wohl von Zeit zu Zeit stellen. Aber sicherlich keine Frage, die man laut ausspricht. Denn dann besteht die Gefahr, dass sie jemand hört. Und egal, ob Koalition, Society, Hood oder unabhängig – niemand will, dass jemand hört, dass man diese Frage gestellt hat.
Es ist ja so: Jeder hat ab und zu mal einen Engpass. Jeder erwischt mal einen schlechten Tag. Was bedeutet, dass man ab und zu auf Hilfe angewiesen ist.
Egal, ob Society oder Hood – wenn’s hart auf hart kommt und sie ihre Leute nicht mehr unter Kontrolle halten können, wenden sie sich an die Koalition. Handeln was aus.
Nur im Notfall natürlich – aber shit happens .
Oder etwa nicht?
Also, wer käme auf die Idee, diese Idylle zu stören?
Die Antwort: Niemand.
Die Koalition will nicht, dass jemand rausfindet, woher sie das Blut hat. Nehmen wir an, jemand hat das Monopol auf etwas, das alle haben wollen, das alle dringend brauchen. Verrät er dann, woher er’s hat?
Natürlich nicht. Niemand verrät so was. So ein großer Menschenfreund ist keiner.
Die Society und der Hood brauchen ab und an etwas Hilfe. Sie können es sich nicht leisten, allzu neugierig zu sein. Daher müssen sie ihre Mitglieder an der Leine halten.
Und die Unabhängigen? Die können sich auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, weil ihnen sonst nämlich jemand ihr unabhängiges Maul stopft. Einen müßigen Parasiten hat noch nie jemand vermisst.
Sie haben das Blut. Jeder weiß es. Eigentlich dreht sich die ganze Clanstruktur nur um dieses beschissene Blut.
Wir tun so, als würde es nicht existieren.
Pst. Halt bloß die Klappe.
Nur ein Verrückter würde Nachforschungen anstellen. Aber zum Glück kenne ich jemanden, der wirklich total verrückt ist.
Ich hocke da.
Und warte.
Dann schaue ich zu Sela rüber.
– Gehört es nicht auch zu deinen Pflichten, ihr zu sagen, wenn sie Scheiße redet, die uns alle ins Grab bringen könnte?
Ich hebe die Hand.
– Sorry, mein Fehler. Ich hatte ja ganz vergessen, dass euer ganzer beschissener Clan auf einer Idee aufbaut, die uns alle ins Grab bringt.
– Sie haben es, Joe.
Ich sehe Amanda an.
– Das hast du schon gesagt.
Sie dreht sich herum, wobei sie das Glas über ihren Kopf hält. Die Eiswürfel klirren.
– Okay. Okay, ich weiß, das alles ist voll geheim und so. Wir dürfen auf keinen Fall über den rosa Elefanten reden, der mitten im Zimmer steht.
Sie breitet die Arme aus.
– Aber es geht doch darum, dass wir wirklich was verändern wollen.
Sie nimmt einen Schluck.
– Und man kann nichts verändern, wenn man genau das tut, was alle anderen vor einem getan haben.
Sie läuft zum Schreibtisch und stützt sich mit den Armen ab.
– Pass auf. Wir brauchen mehr Blut. So einfach ist das. Mit dem Labor als Vorwand kann ich ziemlich viel besorgen, aber nicht annähernd so viel, wie man erwarten könnte. Meistens kriege ich nur Plasma und andere Blutbestandteile. Aber das Vyrus braucht richtiges Blut . Hast du das gewusst? Ich hab’s versucht. Mit Plasma. Mit Blutplättchenserum. Nichts zu machen. Deswegen brauchen wir mehr Blut.
Sie bläst die Wangen auf.
– Aber die Koalition will nicht mit uns handeln. Wir würden viel mehr als üblich bezahlen, aber die wollen ja nicht mal mit uns reden. Was superkomisch ist, weil sie meinen Eltern und mir doch jahrelang in den Arsch gekrochen sind. Bevor ich den Clan gegründet habe.
Sie leert ihr Glas.
– Also müssen wir was unternehmen.
Sela tritt einen Schritt vor.
– Wenn du auch nur ein Sterbenswörtchen davon verrätst, Pitt.
Ich mustere sie.
– Sela, wenn ich mich umbringen wollte, würde ich es wie jeder
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