Bis Zum Letzten Tropfen
ich Salsa-Musik scheppern.
– Was?
– Joe Pitt.
– Ja?
– Ja.
– Und?
Ich räuspere mich.
– Erinnerst du dich, dass ich dir noch einen Gefallen schuldig bin?
– Ja.
– Machen wir zwei daraus?
Ich höre jemanden etwas Spanisches mit puertoricanischem Akzent rufen, dann ihre Antwort. Irgendetwas über den Schwanz von jemandem, ein Messer und eine Gurgel. Leider ist mein Spanisch nicht gut genug, um die subtilen Zwischentöne zu verstehen.
Dann kehrt Ruhe ein.
– Bist du noch da?
Ich nicke, obwohl sie das nicht sehen kann.
– Bin hier.
Durch die Leitung höre ich einen Zug rumpelnd und kreischend über die Gleise der Hochbahn rollen.
– Du verlangst viel von mir, Pitt.
– Ja.
– Ich hab Ex-Freunde, die noch nie in ihrem Leben einen Job hatten, weißt du?
– Klar.
– So Typen, die ihre Frauen alles bezahlen lassen. Neue Turnschuhe, ein bisschen Kohle, damit sie ihre Zweitfreundin ausführen können. Verstehst du?
– Klar.
– Du wolltest nie Geld von mir, bist aber trotzdem schlimmer als alle anderen zusammen.
Ich nehme den Hörer in die andere Hand, damit ich an meine Zigaretten komme.
– Ja, das bist du mir einfach wert.
– Klar.
– Okay. Machen wir’s kurz: Ich hab nichts anzubieten. Hilfst du mir oder nicht?
Esperanza grunzt.
– Vielleicht solltest du’s ab und an mal mit Süßholzraspeln versuchen. Wirkt Wunder bei uns Mädels.
– Dann pass mal auf.
– Ja, okay. Schieß los.
Ich stecke mir eine Zigarette in den Mund.
– Schon komisch, dass du deine Ex-Freunde erwähnst.
– Wieso?
– Weil ich große Lust kriege, mal einem im Dunklen zu begegnen.
Schweigen. Ich überprüfe das Display des Handys, das mir Amanda gegeben hat. Nur um zu sehen, ob die Leitung unterbrochen wurde. Wurde sie nicht.
Ich halte mir das Handy wieder ans Ohr.
– Hast du gehört?
– Ich hab’s gehört, Pitt. Ich überlege gerade, wie ich Ha ha sagen soll, ohne zu sarkastisch zu klingen.
Hier wieder rauszukommen wird nicht einfach.
Es wird sogar ziemlich knifflig, weil Amandas Haus mitten auf Koalitionsgebiet liegt.
Unter normalen Umständen hätte die Koalition jeden plattgemacht, der versucht, sich auf ihrem Territorium breitzumachen. Aber bei Amanda Horde ist nichts normal. Weder ihre überragende Intelligenz noch ihr Geld oder der gute Name der Familie. Sie hat schon Recht, Predo ist ihr und ihren Eltern nach Kräften in den Arsch gekrochen.
Bevor er auf die Idee kam, sie alle umzulegen.
Der Plan ist sowieso nicht aufgegangen.
Jemand hat dazwischengefunkt.
Ein weiterer Punkt auf der langen Liste, wegen der Predo den Tag herbeisehnt, an dem er mich in der Sonne schmoren sieht.
Doch bevor dieses kleine Missverständnis passierte, war die Koalition bis über beide Ohren in die Geschäfte der Familie Horde verstrickt. Und in die der Horde Bio Tech Inc. Soweit ich weiß, besitzt sie immer noch Anteile an der Firma. Doch im Hintergrund zieht das kleine Mädchen die Fäden.
Für einen offenen Angriff sind sie viel zu spät dran. Dafür ist das Mädchen viel zu gut vernetzt. Ihr Stern leuchtet zu hell auf Manhattans Nachthimmel. Sie ist nicht die schillernde Berühmtheit, die ihre Mutter war, bietet aber definitiv einigen Gesprächsstoff für die Gerüchteküche der High Society.
Arme kleine Waisenmädchen, die ganz alleine die Biotech-Firma ihrer Familie leiten und immer von einer sexy, aber beunruhigend muskulösen schwarzen Leibwächterin begleitet werden, sind mitunter durchaus einen Eintrag in den Klatschspalten wert.
Daher konnte die Koalition auch nichts dagegen machen, als sie beschloss, ihre Zelte auf ihrem Territorium aufzuschlagen. Doch ich bin mir sicher, dass sie das Haus so gut überwachen, wie sie nur können.
Predo wusste genau, wann ich zum ersten Mal hier war.
Und er wusste auch, wann ich wieder verschwand.
Ich muss mich also nach einem anderen Ausgang umsehen.
– Stell dich nicht so an, Pitt.
– Ich stell mich nicht an, ich hab nur meine Bedenken.
– Lass den Scheiß, dafür haben wir keine Zeit. Also halt’s Maul und leg dich da rein.
Ich halte das Maul und klettere in den Schlafsack.
Selas Plan ist das Beste, was uns auf die Schnelle eingefallen ist. Aber das heißt noch lange nicht, dass er auch funktioniert.
Ich lege mich auf den dreckigen, mit Scheiße verschmierten, olivgrünen Schlafsack auf dem Boden. Sela kniet sich hin und zieht den Reißverschluss zu.
– Mach dich nicht so breit, Pitt.
– Scheiße.
Ich ziehe die Knie
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