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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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ich nichts übrig.
    Ich denke einen Augenblick nach, aber mir fällt nichts anderes ein, als mit den Schultern zu zucken.
    – Soll ich mal versuchen, gar nichts mehr zu sagen?
    – Das klang jetzt noch sarkastischer.
    Ich kratze mir den Kopf.
    – Das Angebot steht. Soll ich einfach die Schnauze halten?
    Er hebt die Hand hoch über den Kopf. Das Kerzenlicht spiegelt sich in den schräg zugefeilten Metallrohrstücken, die auf seinen Fingerspitzen stecken.
    – Ich könnte dir die Haut abziehen und sie als Mantel tragen, wenn ich im Mondlicht die Straßen durchstreife.
    Er nimmt die Hand wieder runter.
    – Aber manche Leute könnten das als Verstoß gegen die Gesetze der Gastfreundschaft betrachten.
    Ich nicke.
    – Tja, manche Leute haben einfach keinen Sinn für Humor, nicht wahr?
    Er legt die Hand auf die Brust und kratzt die straffe, braune Haut über seinem Brustkorb mit einer Krallenspitze.
    – Ich gehöre zu diesen Leuten.
    Ich werfe einen langen, gründlichen Blick auf Skag Baron Menace. Die Krallen, die zugespitzten Zähne, die mit lederartiger Hornhaut überzogenen bloßen Füße, die Armreifen aus Fingerknochen, die breite Klinge der Machete, die an dem Campingstuhl lehnt, auf dem er sitzt.
    Ich fische eine Zigarette aus der Tasche.
    – Klar doch, Kleiner.
    Ich zünde sie an.
    – Hab ich mir schon gedacht, dass du keinen Sinn für Humor hast.
    Er nickt.
    – Ja.
    Sein Blick schweift über seine Leute, die alle so ähnlich ausstaffiert sind wie er selbst.
    – Verstehe.
    Er erhebt sich und greift nach seiner Machete.
    – Gehen wir spazieren.
    Auf sein Zeichen hin werden die Kerzen gelöscht, und bis auf die Glut meiner Zigarette wird es stockdunkel.
    Atemgeräusche. Die Schritte nackter Füße. Krallen, die auf Stahl kratzen. Metall, das auf Metall kreischt, als der Riegel des Containers zurückgeschoben wird und der Wachtposten davor die Tür öffnet.
    Im hereinfallenden Sternenlicht ist Menaces Silhouette zu erkennen, der seine Machete schwingt und mich damit auffordert, vor ihm herzugehen.
    Ich stehe auf und begebe mich zur Tür, wobei ich jeden Moment damit rechne, dass sich die Machetenklinge in meinen Rücken bohrt oder sich Krallen in meinen Hals schlagen.
    Aber nichts passiert.
    Noch nicht.
    Ich möchte wetten, dass er mich am Fluss erledigen will. So würde ich’s jedenfalls machen. Man kann eine Leiche ungleich leichter verschwinden lassen, wenn Wasser in der Nähe ist.
     
    Es gibt ein fischförmiges Stück Land, das von der Kosciuszko Bridge, der 56th Road sowie dem Newton und dem Maspeth Creek begrenzt wird. Auf dem Schwanz dieses Fisches steht ein weiteres Lagerhaus. Der Fischkörper selbst ist eine Wüste aus Beton, Asphalt und gähnend leeren Baugruben, übersät mit ausgemusterten Kühlschränken, Sumpfgras, das durch Risse im Boden wächst, und einer glitzernden Schicht Glasscherben, die mit nahezu perfekter Gleichmäßigkeit fast alles bedeckt.
    Menace marschiert über die Glasscherben zum Fluss hinunter.
    – Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, an dieser Stelle stand einst Cord Meyers Tierkohlenstofffabrik.
    Ich trete gegen ein paar Glasscherben und bringe damit etwas Unordnung in dieses gewaltige, bedeutungslose Mosaik.
    – Was zum Teufel ist denn eine Tierkohlenstofffabrik?
    Er schüttelt den Kopf.
    – Das weiß ich nicht genau. Aber ich glaube, dass sie hier stand. Was immer dort auch hergestellt wurde. Mir gefällt der Name. Er klingt unheilvoll. Wie alle anderen Fabriken, die hier nach dem Bürgerkrieg entstanden sind.
    Er deutet mit der Machete auf einen Entladeplatz vor der 56th.
    – Die Cating Seilfabrik.
    Dann deutet er auf ein Lagerhaus am Wasser.
    – Fisks Metallsärge.
    Ein weiterer industrieller Schrotthaufen.
    – Alden Sampsons Ölfabrik.
    Und noch einer.
    – Peter Coopers Leimfabrik.
    Er lässt die Machete sinken.
    – Warum das so bedrohlich klingt, muss ich wohl nicht eigens erklären.
    Eine feuchte, stinkende Brise weht vom Wasser herüber.
    – Klar, verstehe. Ausgekochte Pferde und so. Eklig.
    Da er fast einen Kopf kleiner ist als ich, muss er zu mir aufsehen. Er schüttelt die freie Hand, so dass die Knochen daran klimpern.
    – Esperanza hat gesagt, dass du Ärger mit Mr. Jammer hattest.
    – Stimmt.
    – Und sie hat gesagt, dass du einen Handel mit ihm eingegangen bist, um zu entkommen.
    – Ich bin einen Handel eingegangen.
    Die Machete zischt blitzend durch die Luft und hackt die Spitzen von einem Büschel Gras, das aus einem

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