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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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mich in Queens nicht auskenne. Sie hat mir erzählt, dass ihr mal zusammen wart. Ich hab sie gefragt, ob sie bei dir mal anklopfen könnte.
    – Du hast Esperanza gebeten, bei den Mungiki anzuklopfen ?
    – Ich kann nicht behaupten, dass ich es nicht erwarten konnte, mit dir zu reden. Es ist nur so, dass ich in Queens niemanden sonst kenne.
    Er blickt zu mir auf.
    – Dann muss das, was du in Queens zu tun hast, sehr wichtig sein.
    Ich denke an Amandas Haus, an das Blut, das sie so dringend braucht. Ich denke an Terry und an das Geld, das er so dringend braucht. Und dann denke ich an Predo und an die Information, die er so dringend braucht.
    Dann denke ich an mich und was ich brauche. Wo ich eigentlich sein müsste. Wen ich treffen will.
    Und spüre den Zug der seltsamen Kraft.
    – Ja, es ist wichtig.
    Ich betrachte meine brennende Zigarette.
    Wenn ich es jetzt laut ausspreche, gibt es kein Zurück mehr.
    Der Wind wird die Worte davontragen, und ich kann beim besten Willen nicht sagen, wo sie landen werden.
    Ich sage es trotzdem.
    – Ich brauche Blut.
    Er zieht eine Augenbraue hoch.
    – Wer nicht?
    Ich sehe von meiner Zigarette auf.
    – Nein, Mann. Ich brauche eine Riesenmenge Blut.
    Er schaut mir in die Augen, nickt, hört auf zu nicken.
    – Joe Pitt, habe ich bereits erwähnt, dass ich nicht an das Schicksal glaube?
    – Ja, daran kann ich mich erinnern.
    Er richtet sich auf und mustert mich gründlich.
    – Aber ich glaube an glückliche Fügungen.
    Er betrachtet das Wasser.
    – Joe Pitt, was ist das Schlimmste, das du je gesehen hast?
    Ich blicke ihn an.
    Ich könnte es ihm erzählen, aber wahrscheinlich würde er es gar nicht so schlimm finden. Wenn man erzählt, dass das Schlimmste, was man je gesehen hat, die Heilung einer sterbenden Frau war, wird einen keiner verstehen. Aber ich war dabei. Und es war schlimm. Das weiß ich gewiss.
    Er sieht mich an und nickt.
    – Du hast also viele schlimme Dinge gesehen.
    Ich habe noch immer nichts zu sagen.
    Menace schwingt die Machete mit beiden Händen.
    – Haben dich diese Dinge verändert? Was glaubst du?
    Ich ertaste mein Feuerzeug.
    – Woher, zum Geier, soll ich das wissen?
    Ich lasse das Feuerzeug aufschnappen, bemerke, dass ich gar keine Zigarette im Mund habe und klappe es wieder zu.
    – Du bist der, der du bist. Ob du bestimmte Dinge gesehen hast oder nicht. Man bleibt der, der man ist.
    Er studiert die Machete in seinen Händen.
    – Als Kind habe ich schlimme Dinge gesehen. Und blieb der, der ich war. Mr. Jammer hat mich entführt und gequält. Trotzdem blieb ich der, der ich war. Ich habe mich geändert, aber ich blieb immer der, der ich war. Zugegeben. Doch dann...
    Er hält die Machete fest mit einer Hand umklammert, fährt mit der Fläche der anderen Hand über die Klinge und fügt sich damit einen tiefen Schnitt zu.
    – ... bin ich ein anderer geworden. Neugeboren. Durch ein Ziel.
    Er betrachtet seine Hand, beobachtet, wie das Blut über dem tiefen Schnitt gerinnt.
    – Neugeboren durch das, was ich gesehen habe.
    Er schüttelt die Hand, so dass Blut auf den Asphalt spritzt.
    – Joe Pitt, du solltest wieder gehen.
    Er fixiert mich.
    – Denn sonst riskierst du, ein anderer geworden zu sein, wenn du wieder von hier weggehst.
    Er zuckt mit den Achseln.
    – Wenn du überhaupt noch gehen kannst.
    Ich stecke das Feuerzeug zurück und taste nach dem Rasiermesser.
    – Was soll das heißen?
    Seine Mundwinkel zucken unwillkürlich.
    – Seilfabrik. Metallsärge. Tierkohlenstoff. Leimfabrik.
    Er schluckt.
    – Glaubst du, der Sumpf hat diese Fabriken angelockt?
    Ich lasse auch die andere Hand in die Tasche gleiten und stecke die Finger in die Löcher des Schlagrings.
    – Ich kann dir nicht folgen.
    Er holt ein paarmal tief Luft, wie ein Mann, der versucht, seine letzten zehn Drinks bei sich zu behalten.
    – Es gibt Dinge. Dinge, die du gesehen haben musst, um sie zu glauben.
    Tränen füllen seine Augen.
    – Geh wieder heim, Joe Pitt.
    Er hebt die zerschnittene Hand, und die anderen Mungiki versammeln sich um uns.
    – Wir sind Mungiki. Wilde. Wir wurden dafür geboren.
    Er nimmt die Hand wieder runter.
    – Aber dich, dich wird es umbringen.
    Er fletscht die Zähne.
    – Es wird uns alle umbringen.
    Ich lecke mir über die Lippen.
    – Okay.
    Dann nehme ich die Hände aus den Taschen. In der einen Hand habe ich das Feuerzeug, in der anderen eine Zigarette.
    – Jetzt hab ich aber richtig Angst.
    Ich zünde die Zigarette an.
    – Also, sag schon, wo

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