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Bis zur letzten Luge

Bis zur letzten Luge

Titel: Bis zur letzten Luge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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Feuer gelöscht ist.“
    Lucien taumelte und hielt sich am Stuhl fest.
    Raphael schüttelte den Kopf. „Ich war überrascht, festzustellen, wie verwundbar Sie sind. Ich habe die Bücher Ihrer Firma studiert, bis ich sie verstanden hatte. Sie haben darauf bestanden, mehr Geld zu entleihen, als Gulf Coast in nächster Zeit einnehmen kann. Sie haben geglaubt, dass Ihre Investitionen sich schnell auszahlen würden. Sie haben viel riskiert, doch die Chancen standen auch zu Ihren Gunsten. Bis jetzt.“
    Glocken erklangen entlang des Flusses. Flammen schossen einige Stockwerke hoch in den Himmel. Der Wachmann und die Leute, die er angeheuert hatte, hatten wirklich gute Arbeit geleistet.
    Lucien hielt sich die Ohren zu, als wären die warnenden Glocken der reinste Horror für ihn. „Ich bin vielleicht ruiniert, aber ich werde dich mitnehmen! Ich werde den Behörden sagen, was du mir erzählt hast!“
    „Und Beweise?“ Höhnisch hielt Raphael die Papiere in die Luft, riss sie erst einmal und dann noch einmal durch, ehe er sie in seine Manteltasche steckte. Lucien hielt sich noch immer die Ohren zu. Raphael sprach lauter. „Und ich glaube nicht, dass Sie alles erzählen werden, nicht wahr? Wenn mich jemand fragt, werde ich den Rest der Geschichte mit ihm teilen, wie ich ihn schon mit Ihnen geteilt habe.“
    „Denkst du, dass etwas, das vor so langer Zeit passiert ist, die Behörden jetzt noch interessiert?“
    „Ich denke, dass solche Geschichten die Zeit überdauern. Sie können den guten Ruf eines Mannes zerstören – und manchmal ist der gute Name alles, was einem Mann noch geblieben ist.“
    „Du Bastard! Du hättest in dem Hurrikan sterben sollen.
    Du solltest sterben! Warum hast du überlebt?“
    „Das ist leicht zu beantworten, oder? Ich habe überlebt, um meine Mutter und meine Schwester zu rächen.“
    Im Büro wurde es wärmer. Raphael rechnete nicht damit, dass das Gulf-Coast-Gebäude in Flammen aufgehen würde. Das Dock und die Dowager waren weit genug entfernt, dass die Chance bestand, dass das Büro verschont werden würde. Doch Baumwollballen waren leicht entzündlich, und in dem Lager, das ganz in der Nähe stand, waren solche Ballen bis unter die Decke gestapelt. Der Hof, auf dem die Fassdauben gelagert wurden und der voll von geöltem Holz war, befand sich direkt gegenüber dem Büro. Mit der richtigen Mischung aus Wind und Funkenflug könnte das Gebäude doch noch Feuer fangen. „Sie sollten den Rest auch noch erfahren.“ Lucien fiel auf die Knie. Er rang nach Luft. Raphael verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete den alten Mann. Seine Miene war unbewegt. „Ich erzähle es lieber schnell, solange Sie noch am Leben sind und es hören können: Ihre Tochter ist schwanger, und das Kind ist von mir. Wir verlassen heute Nacht zusammen die Stadt. Sie haben beide Töchter verloren, Monsieur! Und Sie haben dafür gesorgt, dass Ihre Familie für immer mit meiner verbunden sein wird. Ich bedauere nur, dass ich mein eigenes Blut damit befleckt habe.“
    „Du lügst!“ Keuchend stieß Lucien die Worte hervor. „Du lügst!“
    „Fragen Sie sich morgen, wenn Sie aufwachen und feststellen, dass Aurore verschwunden ist, noch mal, ob ich lüge. Oder noch besser: Fragen Sie es sich heute Abend schon, wenn Sie den Brief lesen, den Cleo auf Aurores Bitte hin auf Ihr Kissen gelegt hat. Sie ist hundertmal mehr wert als Sie. Und weil ich nicht ganz herzlos bin, lasse ich Sie mit einer kleinen Hoffnung zurück: Ich liebe Ihre Tochter, weil sie nichts von Ihnen in sich hat. Ich werde mich um sie kümmern,wie Sie es nie getan haben. Ich verspreche, dass ich Sie niemals in einem unserer Kinder wiedererkennen werde. Und wir werden viele Kinder haben, Monsieur. Viele, viele Kinder, die das Erbe der Le Danois weitertragen.“
    Am Flussufer herrschte mittlerweile ein aufgeregtes, lautes Durcheinander. Es waren Rufe und schnelle Schritte zu hören. Pferde wieherten verstört. Ein Feuer war hier genauso gefürchtet wie überall. Es hatte beinahe San Francisco und Chicago zerstört und vor mehr als hundert Jahren auch fast New Orleans selbst. Aber die Straßen in der Nähe des Flusses waren in einem miserablen Zustand und gehörten zu den schlechtesten in der ganzen Stadt. Trotz aller Bemühungen würde es einige Zeit dauern, die Feuerwehrwagen an den Ort des Brandes zu bringen.
    Die Flammen schlugen hoch aus der Dowager . Raphael konnte es nicht genau erkennen, doch er meinte, sehen zu können, dass die Flammen

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