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Bis zur letzten Luge

Bis zur letzten Luge

Titel: Bis zur letzten Luge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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Augen auf. „Jemand könnte hereinkommen.“
    „Das stimmt.“
    „Dir scheint der Gedanke zu gefallen.“
    „Mir gefällt der Gedanke, dass wir heute Abend zusammen sind.“
    „Wollen wir los?“
    „Ich werde zuerst gehen und hinter dem Kaffeelager auf dich warten. Ich habe eine Kutsche bestellt, die uns um die Ecke abholen wird.“
    Ihre Augen funkelten. „Und du glaubst wirklich, dass wir uns davonstehlen können, ohne gesehen zu werden?“
    „Kommt darauf an.“ Er hob ihre Hand an seinen Mund und küsste sie, ohne den Blick von ihr zu wenden. „Warte noch einen Moment.“
    „Das werde ich.“
    Draußen machte er sich auf den Weg zum Kaffeelager. Er war sich sicher, dass sie ihm folgen würde. Ohne es zu wissen, hatte Aurore ihn nach New Orleans und zu ihrem Vater geführt. Jetzt eröffnete sich mit ihr eine neue Möglichkeit, Lucien zu zerstören – eine Möglichkeit, die sich Raphael als Junge nicht hätte erträumen können.
    Er hatte geglaubt, Lucien Le Danois ruinieren zu können, indem er alles vernichtete, was er sich aufgebaut hatte. Aber das Imperium eines Mannes zu zerschlagen war nur ein kleiner Preis, den er für Mord zahlte. Nun sah der Mann, den die Welt Étienne nannte, einen besseren Weg, sein Ziel zu erreichen.
    Er konnte Luciens Tochter zerstören. Und mit ihr Luciens Anrecht auf eine Zukunft.

14. KAPITEL
    D ie Danish Dowager sollte das Flaggschiff der neuen Flotte werden. Sie war ein Luxusdampfer, der sowohl Passagiere als auch Fracht transportieren sollte. Für Lucien waren die Dowager und die anderen Schiffe, die noch folgen würden, lebendige Denkmale. Le Danois bedeutete The Danish , der Däne. Das nächste Schiff würde Danish Diva heißen, das darauf folgende Danish Dancer .
    Die Kosten waren enorm; Luciens Ansicht nach war das Beste gerade gut genug. Die Dowager sollte das schönste Schiff werden, das von diesem Hafen aus eingesetzt wurde. Obwohl es in New York gebaut worden und vom Stapel gelaufen war, hatte Lucien darauf bestanden, dass es in New Orleans fertiggestellt werden sollte, damit er den Innenausbau überwachen konnte. Ab und zu ging er zum Dock, wo die Ausstattung des Schiffes erfolgte. Einmal hatte er – verärgert über die blasse Goldfarbe, die für den großen Salon gewählt worden war – darauf bestanden, dass alle Farbe über Bord geworfen wurde, damit sie nicht an einer anderen Stelle auf dem Schiff verwendet werden würde.
    Die Route für die Dowager war sorgfältig geplant worden. In der Touristensaison im Winter würde sie zwischen Havanna und New Orleans kreuzen; den Rest des Jahres sollte ihr Ziel New York sein. Sie war einhundertfünfundzwanzig Meter lang und fünfzehn Meter breit. Sie sollte eine hundertköpfige Crew und ebenso viele Passagiere befördern und mit einer Geschwindigkeit von sechzehn Knoten fahren.
    Verglichen mit den gigantischen Ozeanriesen der Reedereien Cunard oder der Hamburg-Amerikanischen Packet-fahrt-Actien-Gesellschaft, die über den Atlantik fuhren, war sie kein großes Schiff. Doch die Danish Dowager war nicht weniger luxuriös. Aurore hatte wiederholt gefragt, ob sie sich die Arbeit am Schiff ansehen könne, aber ihr Vater hatte ihreBitte immer abgeschlagen. Wie ein kleines Kind mit einem Spielzeug, das es nicht teilen wollte, hatte Lucien selbst dem Aufsichtsrat nur widerwillig eine Besichtigungstour gestattet. Wenn es nach Lucien gegangen wäre, hätte Aurore das Schiff erst nach der endgültigen Fertigstellung gesehen.
    Doch Lucien hatte nicht länger die Kontrolle über Aurore. Im Dezember, kurz vor der Weihnachtszeit, stand Aurore fünfzig Meter vom Schiff weg hinter einer Ecke versteckt und wartete. Der Tag war angenehm warm gewesen, aber am Abend wurde es merklich kühler. Sie hielt ihren Mantel zu, doch der Wind riss am Stoff. Fantome hatte sie hierhergebracht; verschwiegen und aufmerksam wartete er nicht weit entfernt von ihr in der Kutsche ihres Vaters. Er hatte versprochen, Lucien nichts zu verraten, aber sie konnte sein Missfallen selbst aus der Entfernung spüren. Das Missfallen wäre sicher noch größer, wenn er sah, mit wem sie sich traf.
    Sie hörte Schritte und zog sich weiter in die Schatten zurück. Am Flussufer war es nachts gefährlich. An der Decatur Street in der Nähe reihten sich Bars und Lasterhöhlen für die Seeleute aneinander. In einem Versuch, die Stadt zu säubern, hatten die Stadtväter Grenzen für einen Rotlichtbezirk eingeführt, doch die Kriminalität ließ sich nicht so leicht

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