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Bis zur letzten Luge

Bis zur letzten Luge

Titel: Bis zur letzten Luge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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denken. Jeder Moment, in dem sie nicht schlief, war mit Gedanken an Étienne erfüllt; und nachts war er in ihren Träumen. Sie lebte für die Stunden, die sie gemeinsam verbringen konnten.
    „Ich würde dich nicht zurücklassen wollen“, sagte sie. „Doch was gäbe es für einen Skandal, wenn wir uns ein Zimmer teilen würden!“
    „Nicht wenn wir verheiratet wären.“
    Sie betrachtete den Sekretär. „Was gäbe es für einen Skandal, wenn wir heiraten würden.“
    Er hob ihr Kinn an. „Wäre unser Glück das alles nicht wert?“ „Mein Vater hat Pläne für mein Leben gemacht. Er wäre außer sich, wenn ich dich heiraten würde.“
    „Ich bin gut genug, um an seiner Seite zu arbeiten, aber nicht gut genug, um seine Tochter zu heiraten?“
    „Nein“, entgegnete sie ehrlich. „So denkt er – ich denke anders.“
    „Und was denkst du?“
    Sie wandte den Blick ab. „Verstehst du, dass mein Vater, wenn wir heiraten würden, alles daransetzen würde, damit ich mittellos bin? Nicht einmal das Gesetz könnte mich schützen. Er würde alles weggeben, um sicherzugehen, dass ich nach seinem Tod nichts erbe.“
    „Glaubst du das wirklich?“
    „Ich habe nie behauptet, meinen Vater zu verstehen, doch ich weiß, dass er vollkommenen Gehorsam von mir verlangt. Er würde uns beide vernichten, wenn ich nicht tue, was er verlangt.“
    Er ließ seine Hand sinken. „Warum bist du dann hier? Um dir die Zeit zu vertreiben? Um ein bisschen herumzustreunen?“
    „Warum bist du hier?“, erwiderte sie. „Hast du gedacht, du könntest deine Chancen verbessern, indem du die Tochter deines Arbeitgebers verführst und eine gewinnbringende Ehe eingehst?“
    Sie rechnete damit, dass er sich umdrehen würde; die meisten Männer hätten das getan. Aber Étienne drehte sich nicht um. „Ich bin hier, weil ich dich will.“
    „Auch ohne mein Geld oder meinen Namen? Auch ohne den geringsten Anteil an den Aktien von der Gulf Coast Dampfschifffahrtsgesellschaft?“
    „Ich wollte nie deinen Namen! Und ich habe selbst Geld.“ Während ihres Gesprächs hatte sie mit gestrafften Schultern vor ihm gestanden. Jetzt entspannte sie sich ein wenig. „Warum willst du mich dann?“
    „Als ich dich zum ersten Mal sah, wusste ich, dass du mir gehören würdest.“
    „Es gibt viel schönere und klügere Frauen.“
    „Doch keine von ihnen ist Aurore Le Danois.“ Er ergriff ihre Hände und umschloss sie mit seinen. „Aber sag mir, ob ich meine Zeit verschwende. Wenn du daran gebunden bist, was dein Vater denkt oder sagt, dann musst du mir das jetzt sagen.“
    „Er ist dein Arbeitgeber.“
    „Es gibt andere Reedereien entlang des Flusses. Andere Unternehmen an anderen Orten.“
    „Du würdest alles aufgeben, was du dir so hart erarbeitet hast?“
    „Meine Ziele sind nicht so eng gesteckt und starr, wie du zu denken scheinst.“ Er zog sie an sich. Ihre Gesichter waren nur noch Zentimeter voneinander entfernt. „Ich habe nie erwartet, für immer bei Gulf Coast zu bleiben.“
    Sie gab sich einem Kuss hin, der mehr als alle Worte sagte. Seine Arme, die er um sie geschlungen hatte, gaben ihr Wärme und Kraft. Für sie war die Liebe nie ein Zufluchtsort gewesen, doch jetzt flüchtete sie sich in die Welt, die er schuf. Zum ersten Mal erlaubte sie es sich, sich ein Leben mit Étienne vorzustellen, ein Leben, das weit von den Forderungen und Ansprüchen ihres Vaters entfernt war.
    Seine Lippen bewegten sich auf den ihren und versicherten ihr mit leidenschaftlicher Anmut, dass sie keine Angst haben musste, aber große Erwartungen haben durfte. Sie schmiegte sich an ihn und wünschte sich, dass ihre Kleider sie nicht von seinem verheißungsvollen Körper trennen würden.
    „Ich möchte dir noch mehr zeigen“, sagte er schließlich. Ihr Atem ging schnell. Sie hatte die Freuden inniger Küsse kennengelernt, von Zungen, die miteinander tanzten, von Herzen, die im Takt schlugen. „Du hast mir schon so vieles gezeigt.“
    Er ergriff ihre Hand. Ihre Hände zitterten, und seine waren nicht viel ruhiger.
    Er führte sie zur Treppe und hinunter auf das Salondeck. Den Rundgang hatte sie schon fast vergessen, doch er zog sie in den großen Salon und bedeutete ihr, an der Tür stehen zu bleiben. „Warte hier.“
    Sie wusste nicht, was sie erwartete; eigentlich wusste sie seit dem Tag, an dem Étienne ins Büro ihres Vaters gekommen war, nicht mehr, was sie erwartete. Eine kleine Flamme flackerte in der Ecke auf, dann noch eine. Während sie zusah,

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