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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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mißtrauisch, falsch, nur aus Furcht vor Richelieus Persönlichkeit sich seinem Willen beugend.«
    »Brr! Mit solch 'nem König wirtschaften, das muß ein Hundeleben sein. Der arme allmächtige Minister! Na, soviel weiß ich, ich könnt' nie Fürstendiener sein.«
    »Hört den Republikaner!« Die Amerikaner klatschten Bravo. »Ich wette, der wandert noch zu uns aus!« rief Coffin begeistert. »In Amerika unterm Sternenbanner ... Heil dir, Than von Cawdor, der du einst American Citizen sein wirst!«
    »Da schneide dich man nich!« Jung Bismarck goß einen Ganzen hinter die Binde. »Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben. Ausgewandert wird nich, bloß bis in die Hinterwälder von Hinterpommern. Dort werd' ich ehrsam meinen Kohl pflanzen wie der selige Diokletian, obschon ich kein amtsmüder Kaiser bin. Mehrer des Reichs – o je! Ich werde meine Hammelherden zu vermehren trachten ... das schwebt mir als wonnige Zukunft vor. Um aber auf besagten Hammel zurückzukommen ... wofür arbeitete der Richelieu denn eigentlich?«
    »Für Frankreich«, antwortete Motley ernst. »Ich glaube wirklich nicht, daß ihm sein Los viel Vergnügen machte. Ehrgeiz hatte er natürlich, und anfangs mag ihn seine Allmacht gekitzelt haben, als Hausmeier der wahre König zu sein, aber er trug bald unendliche Mühsale, von tausend Feinden umgeben, vom König heimlich und von der Königin offen gehaßt, von allen gefürchtet, beneidet, von wenigen verstanden.«
    »Ich sage ja, ein Jammerleben!« Studiosus Bismarck reckte sich unwirsch. »Welch ein Blödsinn, sich so zu kasteien! Setze deine Zuversicht nicht auf Fürsten! sagt schon irgendein alter Salomo. Und gar fürstliche Frauenzimmer ... da schlag' das Wetter drein! Et pourquoi? Tant de bruit pour une omelette! «
    »So faßte dieser Mann die Eier nicht auf, die er zerschlug und zusammenbackte!« Motley schüttelte mißbilligend den Kopf. »Weißt du, Otto, du denkst etwas frivol über solche Dinge. Wenn der große Kardinal sich Tag und Nacht für die Monarchie abplagte, geschah es wahrlich nicht aus Liebedienerei und höfischer Untertänigkeit, sondern für sein großes Lebensziel.«
    »Was war denn das?« Ein durchdringender Blick schoß unter den seltsamen buschigen Brauen des langen Junkers hervor.
    »Die Einheit Frankreichs. Das war damals genau so zerspalten in lauter kleine Souveränitäten nominellen Vasallentums, wie das frühere Deutsche Reich und heut noch der Deutsche Bund. Ohne Richelieu kein Roi Soleil, der nur als lustiger Erbe einheimste, was der gewaltige Staatsmann ihm hinterließ.«
    »Nun gut! Gesprochen wie ein Buch!« Otto trank seinen Krug leer, gähnte und streckte sich. »Die Könige haben ja mehrschtendeels den Effekt davon, was ihre Diener schaffen. Übrigens, ohne dich belehren zu wollen, o Leuchte der Historia, der Roi Soleil war nicht bloß ein reicher Erbe, sondern ein verflucht gescheiterHerr. Er hatte das beste Talent für sein Metier, überall die rechten Leute zu entdecken. Colbert, Vauban, Louvois, Tourville, Catinat usw. Mehr braucht ein König nicht, um groß zu sein.«
    »Da hast du recht.« Motley konnte sein Erstaunen nicht verbergen. »Woher weißt du das alles? Ich dachte nicht, daß du so genau Bescheid wüßtest.«
    » Mon dieu , man liest so 'n bißchen ... in den Mußestunden nach strenger Arbeit«, gähnte Otto, sich erhebend. »Schluß für heute!«
    *

In der Roten Hannoveria kam ihm ein aus Stadt Hannover gebürtiger Studiosus Gustav Scharlach, schon höherer Semester, mit besonderer Herzlichkeit entgegen. »Ich bin vier Jahr älter als du, Fuchs, doch du hast mehr von der Welt gesehen in Berlin, so gleicht sich's aus. Wir werden uns fein vertragen.«
    »Mein' ich auch. Komme gleich heut auf meine Bude! Ich zieh die Spendierhosen an und schmeiße 'ne Flasche Scharlachberger, weil du grad Scharlach heißt.« Solcher gemütlicher Abende folgten viele bei Pellkartoffeln und Göttinger Leberwurst.
    »Das is ja 'n dicker Schmollisfiduz mit Gieseke!« schmollte Vetter Dewitz. »Faultier und Jungblut werden eifersüchtig.« Gieseke war Scharlachs Studentenname, wie ja die meisten Couleurbrüder sich bezeichnender Titulaturen erfreuten. In der Korona, die sich oft um den beliebten Berliner sammelte, wenn er nicht seinen Amerikanern den Vorzug gab, vertraten Haccius, Löhring, Bierbaum, Flügge und ein nur als »Peter« bekannter eifriger Lerner die nach des Philistertums Fleischtöpfen schmachtende Solidität. Dagegen schwammen »Schweinchen«,

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