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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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saß er wirklich mit seiner Hanna auf der Bank vor der Gartenstube in Schönhausen, den Arm um ihren Leib gelegt. Die Bäume standen still und hoch, in den Lüften schwamm ein Duft von Lindenblüten, hinten über Arneburg lag ein blaßroter Streifen von letztem Sonnenschimmer. Ein Inselchen in einem Gartenwässerlein, im Herbst verwachsen und naß, jetzt noch ein lauschiger Schmollwinkel mit Moossitz, lud sie zu noch verschwiegenerer Ruhestätte.
    »Wie himmlisch ist die Luft«, hauchte sie an ihn geschmiegt. »Doch die Fledermäuse fliegen so.«
    »Laß sie, die wollen auch leben. Das Leben ist voll solchen grauen Herumschwirrern und weniger harmlosen. Doch höre, wie im Busch die Wachtel schlägt! Auf den Feldern locken Rebhühner. Das Leben ist doch schön, und die Liebe erst recht.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Morgen fahren wir in die Heide. Da ist es so sonnig und der Himmel so klar, daß man Gott imHimmel sieht. Ich nehme die Büchse mit, vielleicht erfreue ich deine Küche mit einem Spießer. Aber wenn ich nur Hinden und Rehkälber treffe, dann gibt's nischt. Mutter und Babis trenn' ich nicht.« Sie verbarg errötend ihr dunkles Haupt an seiner breiten Brust. Die alte Uhr räusperte sich, um 8 Uhr zu schlagen. »Weißt, woran ich denke? An unser Berliner Schulgärtchen bei Plaman. Damals lag mir noch die bunte Erde mit blauen Bergen und Ritterburgen jenseits des kleinen Bretterzaunes. Dort lief ich durch die Kresse, jeder Obstbaum war ein alter Freund, und die Hühner gackerten mir ein Heimwehlied nach dem Stettiner Postwagen, der mich nach Kniephof entführen sollte. Ach, das Gärtchen war nur ein kleiner Fleck, und die Hasenheide, wo wir Sonntags spielten, ein schäbig kleiner Kiefernbusch, und hinter den Zäunen und Hecken war auch nichts besonderes los, so altklug bin ich heute, und von all den Erlebnissen, die meiner warteten, wie arm klein Jüngchen träumte, ist gar nichts wirklich geworden. Graue Welt, nüchternes Leben, darin nur eine Sonne und Poesie: du!« – –
    In Wien war's schön, sie wohnten im Grünen Lamm, im Kaffeehaus davor sah man in die Jägerzeil hinein, promenierten dann am Prater vorbei, wo die elegante Welt flanierte, die hohen Wälle entlang um die innere Stadt, stiegen auf das Roteturmtor und sahen die Sonne hinterm Leopolds- und Meinhartsberg freundlich untergehen. In einer Kolonnade, wo man Läden besichtigte, stieß eine geschminkte Huldin eine andere an. »Du, der is fesch!« Darüber maulte Johanna, und es entspann sich ein verfängliches Gespräch darüber, daß sie wohl keine Kinder haben würden. Doch endete der Liebeszwist damit, daß sie nach Schönbrunn hinausfuhren, wo sie schon im Mondschein die himmelhohen Taxushecken und die weißen Statuen im grünen Schloßpark bewunderten und in ein abgelegenes Gärtchen gerieten. Verstohlen und unvorsichtig eindringend, entwischten sie mit Not, als eine Schildwache steirischer Jäger mit Hahnenfeder am grauen Hut sie anrief. »Da bekämen wir ja noch ein rechtes Mondscheinabenteuer als Wegzehrung auf die Reise!« lachte Otto seelenvergnügt, als sie anderen Mittags im Dampfboot nach Linz fuhren, wo die Wachau und Kloster Melk ihnen noch katholischer vorkamen als der Stefansdom. In Salzburg, wo sie den Schaf- und Kapuzinerberg erkletterten, strahlte Johanna vor Heiterkeit und Gesundheit und bewarf ihn mit Pflaumen- und Pfirsichkernen. Plötzlich schoß ihm eine fatale Erinnerung durch den Sinn, er dachte an die englische Flamme in Wiesbaden. Recht gut konnte er sich vorstellen, wie Isabella bei der Abfahrt geseufzt haben mochte: » Poor fellow! He will always remember Auld Lang Syne «, worauf wahrscheinlich Miß Russel ihr das Wort abschnitt: »The moonshine of a German baron!« – –
    »Aha, der Canal Grande!« Das junge Ehepaar, seinen Honigmond von Meran über den himmelblauen Gardasee in diegrünlichen Lagunen hineintragend, gondelte durch die träge Flut.
    »Die schwarze Gondel kommt mir wie ein Sarg vor«, flüsterte Johanna. »Es ist so still wie in einem Kirchhof.«
    »Ja, diese alten Paläste sind wie steinerne Leichen.« Langsam glitten sie den Marmorwald entlang, wo die Bauten wie weiße Wasserlilien auf den Lagunen schwimmen und weißer Meerschaum, aus dem Venezia aufgestiegen, zu Marmorgiebeln erstarrte. Abendrot flimmerte vom Rialto zur Seufzerbrücke hinüber, weiche rosige Tinten lagen über der Riva degli Schiavoni und flossen über das dunkle Arsenal und Isola della Salute zum Lido hinaus, die Glocke

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