Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
Herrscherhaus, für den Adler Hohenzollerns, dem wir alles verdanken. Dies Spielen mit der Republik in deutschen Landen ist ein Anachronismus ohne jeden Halt, der Deutsche hängt an seinen angestammten Herrschern.«
    »Das scheint Ihnen so, Sie malen verlockende Bilder, weil in ländlichen Illusionen befangen. Wer die Dinge von höherer Warte sieht, wird Ihren Optimismus nicht teilen.« Die Prinzessin sprach immer sehr geläufig und gewählt. »Es gilt für die Dynastie zu retten, was zu retten ist. Meine Pflicht als Mutter ist allein, die Rechte meines Sohnes zu schützen.« Prinzessin Augusta befand sich in etwas hysterischer Aufregung und drückte wiederholt ihr Tuch an die Augen. »Aber die Minderjährigkeit –«
    »Dafür muß eben eine Regentschaft eintreten.«
    »Von wem?« Die Dame blitzte ihn hoheitsvoll an.
    »Von derjenigen Stelle, die von Natur dazu berufen scheint. Adieu, Herr v. Bismarck, und versuchen Sie nichts Unmögliches!« –
    Die Regentschaft der Prinzessin? Weiberregiment in so bedrängter Zeit? Das heißt völliges Kapitulieren vor der Revolution, Scheinkönigtum. In seiner Verzweiflung lief Bismarck sogar zu dem blutjungen Prinzen Friedrich Karl. Dieser Prinz machte einen günstigen Eindruck, seinem hübschen Äußern sah man viel Willenskraft und Begabung an. Er wurde blaß und rot bei der Eröffnung, das Königshaus müsse an Stelle des unfreien Königs für dessen Ehre und Recht die Armee anrufen. »Ich danke Ihnen und wäre glücklich, wenn ich dürfte, doch ich bin zu jung. Man spottet über die Studenten, die Politik treiben, ich wäre in gleichem Falle. Ein solches Beispiel wäre ein abschreckendes Exempel von Indisziplin, das mir der König nie verzeihen würde. Aber gehen Sie zu meinem Vater, vielleicht weiß der Rat!«
    *

Prinz Karl genoß keines guten persönlichen Rufes wegen ausschweifender Sitten, ob dies nun begründet oder nicht. Doch war er nicht ohne feinere Bildung, im Umgang liebenswürdig, und zeigte sich hier als entschlossen und hilfsbereit. »Sie wollen nach Berlin, wirklich? Alle Achtung vor so viel Mut und Treue! Nun, da geb' ich Ihnen ein offenes Schreiben mit, unter dem Vorwand, weshalb ich seit 20 Stunden umsonst auf Bescheid warte, ob ich nicht zu meinem allergnädigsten Bruder nach Berlin kommendürfe. Sie haben ben Auftrag, sich persönlich nach Sr. M. Gesundheit zu erkundigen.«
    Mit dem Schreiben dieses Inhalts ausgerüstet, machte sich also der vielen vom Ansehen bekannte ehemalige Abgeordnete auf den Weg. Vorsichtshalber trug er außer dem Audienzfrack einen breiten Schlapphut mit schwarz-rot-goldener Kokarde und ließ sich zuvor den meisten Bart abscheren. Als in Berlin auf dem Bahnperron ausstieg, traf er erstens seinen Vetter Bismarck-Bohlen, zweitens eine Blechschüssel, zu Spenden für die edeln Barrikadenkämpfer bestimmt, über welche patriotische Mahnung ein Mann der Bürgerwehr mit Argusaugen wachte nebst einem geschulterten Gewehr. Der Herr Vetter zog zaudernd die Börse, der Schönhauser Recke aber schnarrte laut: »Du wirst doch für die Mörder nichts geben und dich nicht vor dem Kuhfuß da fürchten?« Denn er hatte in dem Posten, der sich zornig umwandte, einen Freund erkannt. »I Jotte doch, Bismarck!« rief Kammergerichtsrat Meier erstaunt. »Wie seh'n Sie denn aus? Nette Schweinerei hier!«
    Der übelberüchtigte Demokratenfresser und Städtevertilger warf sich in eine Droschke und stieg auf der Schloßfreiheit aus. Die Schloßwache, aus Bürgerwehr bestehend, ein ungewohnter Anblick für ein preußisches Auge, ließ ihn mürrisch nicht durch. Von mißtrauischen Blicken gemustert, ging er nach Meinhards Hotel und schrieb dort dem König, was er auf dem Herzen hatte. Dieser gebiete noch unumschränkt im Lande, wenn er sich nur von Berlin entferne, außer den großen Städten sei alles königstreu. Diesen auf grobem Papier rasch hingekritzelten Brief trug der kühne Royalist zum Prinzen Radziwill in die Wilhelmstraße hinüber, der freien Zutritt im Schlosse hatte, vielleicht wegen seiner polnischen Herkunft, da die Polen bei dem ganzen Berliner Putsch eine treibende Kraft abgaben und sich natürlich mit ihren eigenen Hocharistokraten wie den Radziwills und Lichnowskis, gut halten wollten. Die Radziwills, von denen ein weibliches Familienglied in zarten romantischen Beziehungen zum Prinzen Wilhelm gestanden hatte, bewahrten treuste Anhänglichkeit an die Hohenzollern. Vom Fürsten Lichnowski, den einst Ancillon als Normalprodukt der hohen

Weitere Kostenlose Bücher