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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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»Was du hier tatest, Fürst, wird dich gereu'n, so treu wird keiner wie die Preußen sein.« Bismarck dachte an seine studentische Anfangs-Jugend, wo er nicht verschmäht hatte, ein schwarz-rot-goldenes Burschenband zu tragen und wo sein großdeutsches Gefühl aller preußischen Schulung engherziges Preußentum im partitkularistischem Sinne ausschloß. Doch die unerwartete Entwicklung nach links, die wilde Überstürzung der Reichs- und Einheitsschwärmer, warf ihn mit heftigem Stoß so weit nach rechts, daß er vor der Hand von Alldeutschen nichts mehr wissen wollte. So überschäumt die Brandung in einem Orkan eine Klippe, so daß sie lange nicht mehr sichtbar wird. Aber sie bleibt doch da, und wenn der Schaum sich verlief und die Sturmflut zurückebbt, wird sie schon wieder ihr Haupt erheben. –
    Indessen hatte die revolutionäre Woge auch schon nach dem königlichen Hochsitz Potsdam hinübergespült. Als Bismarck längs des Kanals nach dem Stadtschloß ging, hefteten sich mehrere verdächtige Zivilisten an seine Fersen und hetzten: »Ein Spion der Reaktion! Ein fauler Landjunker! An die Laterne!« Der Altmärker Hüne lockerte den Revolver in der Seitentasche, dessen vier Schüsse er sicher erfolgreich abgefeuert hätte, doch niemand wagte Tätlichkeiten.
    »Können Sie mich auf eine Nacht beherbergen?« fragte er den Hauptmann v. Roon, der dem jungen Prinzen Friedrich Karl, Neffen des Königs, als Militärgouverneur beigegeben war.
    »Mit tausend Freuden, lieber Freund. Nun, wie steht's draußen?«
    »Gut. Ich möchte nur hier sondieren, um mich auszukennen. Wohin soll ich mich wenden?«
    »Zu Exzellenz v. Möllendorf im ›Deutschen Hause‹. Den haben die Schurken vom Pferd gerissen, als er mit ihnen unterhandelte und ihn so lange gemißhandelt, bis man ihn ihrer Wut entriß.« –
    Dieser alte General bewegte sich mühsam. »Ich bin noch ganz steif von Wundschmerzen, so haben die Biester mich zugerichtet. Sie wünschen Näheres zu wissen? Hier ist General v. Prittwitz, der in Berlin kommandierte.« Letzterer Herr lehnte das Angebot bewaffneter Bauern rundweg ab. »Die brauchen wir nicht, schicken Sie uns lieber Lebensmittel, auch ein paar Batzen, denn mit Verpflegung und Löhnung der Soldaten wird's wohl hapern.«
    »Aber ein solcher Zuzug des Landvolks könnte doch nützen?«
    »Sie irren. Dann erhielte ich spornstreichs aus Berlin des Königs Befehl, die braven Leute abzuwehren.«
    »So ist also doch der König wie im Gefängnis. Holen Sie ihn heraus!«
    »Sie sind etwas aufgeregt und sehr viel jünger als ich,« versetzte der General gemessen. »Gewiß, ich könnte Berlin einnehmen, doch nicht ohne blutiges Gefecht. Das würde mir Kopf und Kragen kosten, falls der König in seiner Zwangslage mich desavouiert. Und was kann er anderes tun? Und was kann ich tun, da ich doch auf allerhöchsten Befehl den Besiegten spielen soll? Ohne Befehl darf ich nicht handeln.«
    »Dann muß der Befehl von anderer autoritärer Seite kommen. Si nequeo Danaos, Acheronta movebo. « Bismarck lief sofort zur Behausung des Prinzen von Preußen. Der hohe Herr sei abwesend, hieß es, die Frau Prinzessin werde den Herrn empfangen. Man führte ihn in ein Dienerzimmer im Erdgeschoß, wo die schöne Frau mit verweinten Augen auf einem einfachen Fichtenstuhl saß. »Was wünschen Sie?«
    »Den Aufenthalt Sr. Kgl. Hoheit zu erfahren, um ihm eine untertänigste Bitte vorzutragen.«
    »Diese Auskunft kann ich nicht geben. Wie ich Sie kenne, planen Sie einen Gewaltakt und würden uns vollends ins Verderben stürzen.«
    »Es ist noch nichts verloren. Wollten Ew. Kgl. Hoheit geruhen, mich anzuhören –«
    »Nein. Sie und ihresgleichen haben den König in seinem Starrsinn bestärkt. Mein Gemahl, völlig schuldlos daran, muß nun die Folgen tragen. Er wird sich auch nicht halten können. Welch ein Wahnsinn, sich einer Bewegung zu widersetzen, die ganz Deutschland und Österreich durchzittert!«
    »Mir scheint dies nur eine vorübergehende Mode der Zeit«, erlaubte sich Bismarck einzuwerfen.
    »Ja, so denken Sie, die hinter der Zeit zurückblieben! Die moderne Menschheit läßt sich nicht mehr kommandieren wie Leibeigeneeines pommerschen Gutsherrn. Sie sind ja wohl aus Pommern, nicht wahr?«
    »Nicht ganz, gnädigste Prinzessin, obschon es dort keine Leibeigene gibt, wie ich mir zu bemerken erlaube. Aber monarchisch find sowohl die Pommern als wir Märker bis in die Knochen, voll angeborener Treue und Ehrfurcht für das erhabene

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