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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Frieden und Freundschaft. Der Allergnädigste ist selig über Österreichs Huld, uns nichts mehr wegen der deutschen Schwierigkeiten nachzutragen.«
    »Das sind Flausen. Prokesch-Osten und Vitzthum-Eckstädt haben genug miteinander getuschelt. Die hiesigen österreichischen und sächsischen Gesandten standen sich auffallend gut, was für die sogenannte engere ›Union‹ mit Ausschluß Österreichs nichts Gutes bedeutet.«
    Gerlach legte die Hand an den Mund und flüsterte ihm ins Ohr: »Wir sind gehörig eingeseift. Die deutsche Frage ist ein zäher Lehm, der an den Fingern kleben bleibt. Wir machen uns nur schmutzig und kommen doch nicht los. Der König wird Sie zur Domfeier in Arnstädt einladen und zur Hofjagd am Falkenstein, da werden Sie wohl Witterung bekommen.« Er tätschelte ihm wohlwollend auf den Arm. »Na, wohl bekomm's! Sie sind ja jetzt wieder der Bestgehaßte im lieben Berlin.«
    Otto schüttelte sich, als streife er Spinnweben ab. »Diese Amphibien, die kein warmes Preußenblut im Leibe haben! Ob die mich verstehen oder nicht!«
    Er ging nach Gungls Konzert, diesmal im Saal mit Tabaksqualm, um die Erinnerung wachzurufen, wie er dort mit Johanna und Marie im Freien saß. Da bereiteten ihm alle im Auditorium anwesenden Offiziere, alt und jung, nebst ihren Damen eine stürmische Ovation. Die Soldatennaturen waren stolz auf ihn, und das war auch kein Wunder nach seinem neulichen Päan in der Kammer über das preußische Offizierkorps. Der Staat werde darum beneidet von allen kriegerischen Völkern, und hier allein liege die Basis einer kühnen und ruhmvollen Politik für Preußen. Unser Offiziermaterial, vom Leutnant aufwärts mit einer Vollkommenheitgezüchtet, die kein anderer Staat nachmachen könne, an der Spitze eines neu gebildeten, stark vermehrten Heeres: dafür votiere er jede Summe, nicht für soziale Spielereien, für die man das Geld aus dem Fenster werfe. Das Finanzbudget sei ja durch Sparsamkeit in Flor, doch auf Kosten der Wehrmacht, Preußens Lebensnerv.
    Solche Wahrheiten, heut selbstverständliche Gemeinplätze, Truisms , wie die Briten es nennen, erregten damals nur Heiterkeit. Der Liberalismus setzte die Achtung vor dem Heere mit allen Mitteln herunter, und der später so lasch und schlaff geführte Krieg mit Dänemark, den man anstandshalber wieder aufnahm, schien nicht geeignet, der Welt eine hohe Meinung beizubringen. Otto wies als erster auf die Tüchtigkeit des Hammers hin, den er allein zur Beschmiedung des deutschen Ambosses bestimmt glaubte. Vaterländisch bis in die Knochen, rief er der Kammer zu: »Ich schämte mich nie, ein Preuße zu sein, und besonders, wenn ich vom Auslande zurückkehrte.« Er verbitte sich das Experimentieren mit französischer Charlatanerie. In Europa hält man uns für ein Volk von Denkern, doch unsere Volksrepräsentanten berauben uns dieses guten Rufes, bloße Übersetzer französischer Packpapier-Theorien. Bleiben wir bei christlicher Tradition unserer Ahnen. Wenn alberne Schwärmer ihren Apostel Robert Blum mit dem gekreuzigten Heiland vergleichen, so hoffe er dies Narrenschiff der Zeit am Fels des Christentums scheitern zu sehen. Im Volke gelte Gottes Bibelwort mehr als irgendein Paragraph der Verfassung.
    Jetzt hielt er eine große Rede gegen die Anmaßung der Kammer, sich in Steuersachen zu mischen mit Berufung auf das englische Unterhaus. Dort sei das Königtum nur eine ornamentale Kuppel des Staatsgebäudes, in Preußen der innerste Pfeiler. Das Nessushemd französischer Revolutionsregierung werde kein Gesunder sich umwerfen. Und wer schwimmen lernen wolle, stürze sich doch nicht ins Wasser, wo es am tiefsten ist. Die Majorität bei den Wahlen sei ein Lotteriespiel, und statt der zwei festumgrenzten Parteien in England habe man bei uns sechs, eine verwickelte Diagonale der Kräfte, die notwendig negativ ausfalle. Die preußische Erziehungsmethode von Professorenweisheit und Geheimratsallmacht zerstöre in jedem einzelnen, an dem man herumdoktere, das Vertrauen zu jeder Autorität und verleite ihn so zum Glauben an die eigene Unfehlbarkeit. Daher der Wirrwarr allgemeiner Nörgelei, daher Überwiegen professioneller Politiker und Gelehrter im Landtag, die gar nicht richtig die verschiedenen Standesinteressen abspiegeln. Das ist nicht mal die Genauigkeit einer hastigen Bleistiftskizze, geschweige denn einer Photographie. Die Quadratur des Zirkels sei nicht hoffnungsloser, als eine wirkliche Volksvertretung zu finden. Die Wahlbüchse sei nur ein

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