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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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neue Kriege gegen das Ausland führen, wollte er gewaltsam die übernommene Kaiserkrone schützen. Und das ohne jede Begeisterung der Nation, denn die ist gründlich erloschen, seitdem weder Revolution noch Regierungen sich auf der Höhe zeigten. Also besser, daß nichts daraus wird. Die Dinge sind noch nicht reif.
    *

»Ich armes Rüstzeug der Reaktion!« äußerte er sich in Sanssouci zu General Gerlach. »Unser reaktionäres Ministerium verhängt über mich allerlei Plünderungen in Gestalt von Grundsteuern, Ablösung des Bodeneigentums, Rentenbanken und ähnlichen Marterwerkzeugen. Doch ich sammle feurige Kohlen auf Manteuffelchens Haupt, er bleibt doch unser Zurechnungsfähigster. Nur fehlt jede Initiative, man muß ihn ewig bereden und antreiben.«
    »Dafür sind Sie da, wir verlassen uns auf Sie.«
    »Da sind Sie schief gewickelt. Seit Ruhe im Lande, schielter nach den Liberalen. Seine Hauptmacht ist eine gewisse Zähigkeit, doch jedes fait accompli wirft ihn um. Uns muß es noch sehr schlecht gehen, ehe es besser geht. Das Kind ist noch nicht gebrannt genug, das Feuer zu scheuen. Bei vielen geht das schlechte Herz mit dem guten Verstande durch, der Hof selbst ist nicht stubenrein von Demagogie. Auch in Hannover – mein alter Duzbruder Amtmann Scharlach in Hildesheim schrieb mir darüber – gibt der König immer nach gegen den Streitbold und Unhold Struve.«
    »Und doch zeigte sich bei der Berliner Konferenz übers Dreikönigsbündnis Struve konservativer als dieser Radowitz. Daß von dem unser Geschick abhängt, weil Majestät an ihm hängt!« »Der König hat Hohenzollerntreue für persönliche Freunde. Keine Vertrauenstäuschung kann sie erschüttern, nicht mal bewiesene Untreue.«
    »Hm, beurteilen wir Radowitz nicht zu strenge? Als Privatmann ist er anständig und tadelfrei, nur seine riesige Eitelkeit chokiert. Ich kenn' ihn seit einem Menschenalter, darf ziemlich sicher sein, ihn richtig zu schätzen. Seine düstere südslawische Physiognomie kam ihm zugute, dahinter sucht man was Geheimnisvolles, das verstärkt er noch durch eigene Drapierung.«
    Otto lachte bitter. »Der neunmal Kluge! Fallen Sie auch rein auf seine überlegene Geisteskraft und seelischen Hilfsquellen?«
    »Kaum, doch er gilt als dämonische Natur, die im geheimen tiefe Pläne wälzt.«
    »Wallenstein Redivivus! Alles Fremdartige bezaubert den Michel. Er ist kein Deutscher, wie kann er Deutsches verstehen! Großartig ist nichts an ihm als sein trainiertes Gedächtnis, womit er Brocken von Wissen aus allen Fächern hinwirft, die ihm sonst unbekannte Weltteile sind. Seine Reden lernt er für die Galerie auswendig und affektiert Gründlichkeit, er, die Oberflächlichkeit zu Roß! Aber eins hat er gründlich studiert: die Schwächen unseres Allergnädigsten.«
    »Jawohl, er schmeichelt sich durch große Worte und erhabene Mienen ein, spekuliert auf des Herrn romantischen Edelmut, den er für sich ausbeutet. Immerhin verfolgt er doch wohl eine Idee –«
    »Eben nicht! Er lebt von kleinlichen Handgriffen für den Tag, hascht nach populärem Beifall, dreht sich wie ein Kreisel vor der angeblichen öffentlichen Meinung. Ich bin gespannt, wie er's anstellt, die königliche Schwärmerei und die eigene Eitelkeit so zu betrügen, daß beide aus romantischem Zauberwald sich wieder in rauhe Wirklichkeit verirren. Er hielt mir mal vor, das selige Frankfurter Plapperment habe Gefahren von Preußen abgewehrt. Da hab ich ihm gleich gedient: das stockpreußische 38. Regiment hat die Revolution abgewehrt, die man uns in Frankfurt selber bescherte. Da haben Sie den ganzen Kerl! Das Regiment der Phrase ist ihm Tatsache, ein Regiment Soldaten nichts.«
    In diesem Augenblick trat Generaladjutant Rauch ins Zimmer, der an Gerlach etwas bestellen sollte. Als er hörte, wovon die Rede, grunzte er vergnügt. » Dem slawonischen Fremdling hab' ich eins versetzt. Faselt er gestern in seiner geschwollenen Art Majestäten vor: ›Jehen Sie wie Cäsar über'n Rubikon!‹ Nämlich vonwegen Uflösung in det sojenannte Deutschland. Da hab' ich aufgemuckt: ›Kenne Kerl Cäsar nich und den Kerl Rubikon ooch nich, doch det is keen richtiger Preuße nich, wer Ew. Majestät so 'ne Raupen in den Kopp setzen will.‹ Na, det Jesicht! Sie kennen ja Majestäten, Er hat sich eklig amüsiert.« Alle schmunzelten, des vornehmen Radowitz gekränkte Würde sich vergegenwärtigend.
    Otto empfahl sich. »Ich mache eine Erholungsreise nach Stolpmünde, meine Gebieterin will es so,

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