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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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verhaßt zu machen, dessen Verrat an Deutschlands Ehre die öffentliche Meinung mit Verachtung strafte. Des Königs ursprünglich gutartige Natur geriet immer mehr auf schiefe Ebene, seit ihn jene Reaktionsclique von Junkern und Pastoren in den Klauen hatte, die ihre Regierungsfähigkeit täglich durch Preußens Unehre erwies, allzeit Mehrer des Reichs der Lüge. Des Königs reicher und durchgebildeter Geist zeigte schon lange Schäden und Risse. In seiner Korrespondenz mit dem vertrauten Bunsen, preußischen Gesandten in London, kam Jahr für Jahr in keinem Briefe das Wort Schleswig-Holstein vor, dafür auf jeder Seite zweimal unterstrichen das grause Wort Revolution. Er schwärmte pathologisch, er werde sich mit dem Zaren auf Tod und Leben gegen diesen Drachen der Unterwelt verbünden, der bei ihm förmlich mystische Umrisse annahm, wie ein Tier der Apokalypse. Er pries Gott für die Gnade, daß er ihn würdige, bei jeder Unpäßlichkeit des geliebten Zaren tiefbetrübt zu sein. Auch um die Habsburger schwebte ihm eine apostolische Weihe. Und da einer der neuen Wiener Minister, Bruck, preußischer Herkunft war, so fehlte es an Verbrüderung nicht.
    Wegen der selig entschlafenen deutschen Reichsflotte der Revolutionszeit, die armselig in Bremerhaven faulte, konferierte Otto mit Prinz Adalbert, der von Schaffung einer preußischen Flotte träumte. »Mit welchen Häfen? Stettin oder Danzig? Die genügen nicht. Und die Reichsschiffchen in Bremerhafen fressen unnütz Geld, man sollte sie unter den Hammer bringen.«
    »Der Große Kurfürst wollte auch schon eine Flotte haben.«
    »Wozu? Kolonien haben wir nicht, unser bißchen Seehandel braucht keinen Schutz. Mit einer großen Seemacht bekommen wir schwerlich Händel, und unsere Zukunft liegt nicht auf dem Wasser.«
    »Leider! Nur so wird man eine wirkliche Großmacht. Sehen Sie Holland in der Vergangenheit, das war doch unendlich kleiner und schwächer als wir und doch die erste Seemacht der Welt.«
    »Bis der größere Raubstaat England es auffraß. Erstens war Holland reich, zweitens hatte es günstigere Bedingungen zu Lande. Wir sind Landmacht und Militärstaat. Jeden Taler, den wir für Flottenzwecke wegwerfen, entziehen wir der Armee. Die deutsche Frage wird nicht mit Schiffen gelöst, sondern mit Bataillonen.«
    »Sie erschrecken mich, Exzellenz. Deuten Sie wirklich darauf hin, daß wir je, was Gott verhüte, in Deutschland selber kriegerisch auftreten müßten?«
    »Durchaus nicht, nur eine Hypothese. Aber vielleicht gegen das Ausland, das jede noch so platonische Einheit der deutschen Staaten mißgünstig ansieht.«
    »Ah, Sie zielen auf den Usurpator in Paris hin. Dersucht vielleicht Abenteuer als richtiger Bonaparte«, fiel der Prinz von Preußen ein, der sich verspätet hinzugesellte.
    »Verzeihen Königliche Hoheit, aber ob der einen Tropfen napoleonischen Blutes in den Adern hat, weiß niemand ... am wenigsten wußte es sein angeblicher Vater Louis, weiland König von Holland. Oder vielmehr er glaubte es nur zu gut zu wissen, denn er erließ eine Warnung an den Papst: Wie ich höre, läuft hier ein junger Mensch herum, der sich Louis Napoleon nennt. Ich hatte das Unglück, mit einer Messaline verheiratet zu sein und desavouiere jede Verwandtschaft mit dem genannten Individuum. Ein edles Vaterherz!«
    »Pfui Teufel! Seine schmutzige Wäsche an die höchste Stange aufhängen! Aber wer ist denn der Vater?«
    »Das weiß höchstens die Frau Mama, die legendäre Hortense. Graf Flahaut und Admiral Verhuel streiten sich um die Ehre ... beide aus guten Gründen.«
    »Wie pikant!« lachte Prinz Adalbert. »Das muß ich bei Hof verbreiten. Von Ihnen hört man doch immer was Nettes.«
    »Frankfurt ist die Setzmaschine für die Chronique scandaleuse von Europa. Wir medisieren für sämtliche Hauptstädte. Der französische Gesandte ist entzückt, jetzt heißt er endlich wieder Monsieur le Marquis de Tallanay. Die vornehme Welt Frankreichs jubiliert, daß die Republik für immer erdrosselt sei.«
    Aber Prinz Wilhelm murrte bitter: »Und so was nennt sich Kaiser der Franzosen! Noch nicht, aber allem Anschein nach kommt es dazu, die Berichte unserer Agenten stellen es außer Zweifel. Ich hoffe, daß die Höfe ihn nicht anerkennen werden in geschlossener Gemeinschaft. Wie könnten Zar Nikolaus und der Kaiser von Österreich dies zulassen! Meinen Sie nicht auch?«
    »Ich erlaube mir zu zweifeln. Den sogenannten Onkel, den Großen, hat man anerkannt auch nach dem Mord an

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