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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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hätten uns nie niedergeworfen, wenn alle Deutschen und besonders Preußen fest zu Österreich standen, das sich erstaunlich anstrengte, und daß wir nachher nur mit russischer Hilfe Meister gingen, schadete unberechenbar. Aber wie konnte man von uns Norddeutschen erwarten, wir sollten uns für dies erzkatholische Erzhaus erwärmen, das uns den Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieg bescherte? Schreit nicht ewig die Zerstörung von Magdeburg zum Himmel, hausten die Panduren nicht in Berlin ärger als die Russen? Was hat denn Österreich je beachtet als seine Hausinteressen? Deutschland war ihm nicht mal ein Stiefkind. Für den richtigen Austriaken hört Deutschland in Dresden und München auf, alles übrige ist ihm Fremdland. Die schwarz-gelbe Herrlichkeit in deutschen Gauen unterscheidet sich wenig von der Fremdherrschaft in Italien. Wir sindunterworfenes Ausland, nichts weiter, und wäre nicht Preußen, hätte Österreich längst wieder alle Deutschen für seine Selbstsucht ausgenützt. O, die Sünden dieses Reiches sind schwer, und alle Schuld rächt sich auf Erden. Wer weiß, ob dieser junge Kaiser, sehr unschuldig daran und gewiß von bestem Willen, nicht ausbaden muß, was eine lange Reihe von Ahnen verfehlt!
    Anderseits, wenn man dies unnatürliche Zwinggebilde erst auf seine natürlichen Grenzen zurückdämmt, darf man ihm geschichtliches Verdienst nicht absprechen. Zu guter Letzt verbreitete Österreich noch deutsche Kultur bis in den fernen Osten und bleibt so ein Mandatar des gesamten Deutschtums. Es hält mit eisernem Reif, der wohl rostet, doch durch jahrhundertelange Gewohnheit sich den Völkern wie ein unzertrennlicher Teil ihres Körpers anpaßte, Slaven und Madjaren im deutschen Bannkreis, die sonst anderswohin gravitieren möchten. Nein, die Existenz des Donaustaates antasten und ihn zu sehr schwächen, wäre Selbstmord für uns. Und es hat ja auch sonst mancherlei Vorzüge. Nur 'raus muß es aus Deutschland, darüber bin ich mir klar. – Ach Gott, ich träume und zukünftle hier, und noch läßt rein gar nichts Verwirklichung hoffen. Ich werde nicht mehr erleben, das gelobte Land zu schauen, aber Gott nehme meinen guten Willen für die Tat. Einmal kommt es doch, wie ich's voraussehe, nur mahlen Gottes Mühlen zu langsam! – –
    Die Wiener Presse, von oben her »suggeriert«, wunderte sich, warum Preußen nicht einen älteren erfahreneren Diplomaten schickte, um Aussöhnung mit Österreich herbeizuführen. Auch bohrten ihn die Damen des Meyendorffer Salons mit der so bewährten Wiener Naivität an: »Ei, Exzellenz sollen ja ein arg halsstarriger Herr sein. Die Männer sind manchmal so blöd. Wenn's was Hübsches zustand bringen, dann ihst Ihre Reputation gesihchert. Denken's an Ihre Frau Gemahlin, was die für a Freud' haben wird, wenn's große Karriere machen. Und, wissen's, Dekorationen sein's auch net zu verachtehn. Großkreuz von hohen Orden kommt manchmal wie die gebratenen Tauben im Schlaraffenland.«
    Doch Otto lächelte nur. Erstens wollte er nicht Botschafter in Wien werden, was dann unausbleiblich der Fall gewesen wäre, zweitens könnten ihn sämtliche Orden der Welt nicht veranlassen, von seiner Pflicht nur nagelgroß abzuweichen. Freilich konnte die Wetterfahne in Berlin sich drehen und er lief Gefahr, eines Tages zu hören: Dieser starre Prinzipienreiter hat jeden Ausgleich verdorben. Na, dann hat er ihn verdorben und zieht sich wie der Römer Fabricius vor Versuchungen und Drohungen des Pyrrhus ins Landleben zurück. Die eigene Scholle kann man mir nicht nehmen.
    Neulich hatte der hannoversche Gesandte ihn vertraulich gefragt, ob's denn wahr sei, daß er Manteuffels Nachfolger werde. Er klärte Graf Platen auf, dahin gehe nicht sein Ehrgeiz. Wohlvermute er, der König wolle ihn mal später zu seinem Minister erziehen, aber er selbst wünsche noch zehn Jahre lang als Gesandter die Welt zu studieren, und dann allerdings zehn Jahre lang Minister zu spielen, »womöglich mit Ruhm«. Und dann wolle er als Landwirt das alles verdauen und Obstbäume einsetzen. »Wie mein Onkel in Templin bei Potsdam.« Wenig ahnte er, daß Adolf Platen ihn für eine so wichtige Person hielt, dies halb im Scherz geführte Gespräch brühwarm nach Hannover zu berichten.
    »Wir müssen rekapitulieren«, begann Graf Buol stockend und zögernd, er hatte sich erst letzthin gründlicher informiert. »Anno 1834 hat Preußen 18 deutsche Staaten und später noch manche anderen in einen Zollverein gesammelt. Es

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