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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Eintretende hätte lesen oder stehlen können, und als ein schwerer Lichtschirm von einem Armleuchter herunterfiel, kam auf das Dröhnen niemand aus dem leeren Vorzimmer. Diese Verlassenheit des armen Blinden, dem man so nichtachtend gar keine Obhut schenkte, wäre menschlich ergreifend gewesen, wenn nicht der wahrhaft blinde Dünkel, mit dem sich der Gottesgnadengläubige umwob, abgestoßen hätte. Diesmal berührte er das Ministerangebot: »Soll ich verstehen, daß Sie als mein Minister sozusagen Preuße bleiben wollen? Ja? Dann ist die Diskussion darüber geschlossen. Hannover, dessen andere Linieden Königsstuhl von Großbritannien innehat, steht zu hoch und groß auf Erden da, um sich fremden Dynastien anzuschmiegen ... von etwas jüngerem Datum. Das Haus Welf, das älteste herrschende Europas, das unter Heinrich dem Großen, genannt der Löwe, ganz Norddeutschland beherrschte, wird auch bei Ungunst der Zeiten als Fels der Legitimität in sich selbst bestehenbleiben. Leben Sie wohl, Herr Minister! Ich habe meinen Hofrat Meding beauftragt, Ihnen eine Dekorierung als Zeichen meiner Erkenntlichkeit zu übersenden.« –
    Daß es in Hannover österreicherte, erfuhr Otto bald. Er äußerte zu Schele: »Beim preußischen Zollkommissar fand ich einen etwas orientalischen Konsul Spiegelthal. Wovon ist er Konsul als preußischer Beamter?«
    Schele lachte laut. »Ich für mein Teil kenne nur die stille Wirksamkeit des Herrn, wonach ich ihn für einen österreichischen Agenten hielt.« Dieser freundschaftliche Wink fiel auf fruchtbaren Boden, ein Telegramm forderte Manteuffel auf, diesen Spiegelthal, sobald er nach Berlin reise, an der Grenze zu sistieren und seine Papiere zu untersuchen. Ein Gegentelegramm blieb aber aus.
    Ehe er zu seiner Familie nach dem Genfer See weiterreiste, machte er Station in Potsdam, wo General Gerlach über die »Wochenblatt«-Partei klagte, die sich als kommendes Ministerium des Prinzen von Preußen geriere. »Das Blättchen finanzieren Albert Pourtalès und Graf Fürstenberg, nicht zu vergessen Bethmann-Hollweg. Sie haben alle das große Portemonnaie, und das vergoldet alle Ränke. Sie schreiben auch gewandt, besonders Robert Goltz, und fraternisieren besonders mit dem Herzog von Koburg, dem liberalen Schützenkönig. Auch englischen oder gar französischen Beistand würden sie nicht verschmähen. Mit den Gothaern haben sie wenig Fühlung, mit der liberalen Volksstimmung gar keine. 's ist halt eine Hofopposition.«
    »Ich habe sie nie für »deutsch« gehalten, z. B. ist Karl Goltz der bei Prinz Wilhelm ein und aus geht und ihnen dort Eingang verschaffte, ein Stockpreuße, schwarz-weiß in der Wolle gefärbt. Die Herren haben ein rein praktisches Ziel: Ote-toi que je m'y mette! Manteuffels Sturz, voilà tout .«
    »Und meiner mit. So wenig wir uns vertragen, sind wir beide doch eins im Frontmachen gegen diese ehrgeizigen Wühler. Ich schrieb Ihnen schon früher, daß Goltz sich wenigstens ins Ministerium Manteuffel eindrängen wolle. Er versteifte sich aber auf Säuberung der königlichen Suite, das heißt meine Entlassung, und das ließ Manteuffel nicht zu.«
    Aha! er hat aber doch Goltz als Karte gegen Gerlach ausspielen wollen. »Goltz verdirbt alles durch Trotz und Galle. Wie durfte freilich Manteuffel diesen begabten Kopf – vor den Kopf stoßen. Goltz ist ohne Vermögen, also ein Stellenjäger.Übrigens ist auch Pourtalès brüskiert worden, und der möchte auch Manteuffel ersetzen.«
    »Unter uns, der König hat ihn sogar encouragiert. Bei uns stellt jeder dem andern ein Bein. Was Manteuffel hält, ist der österreichische Einfluß. Übrigens ist er manchmal sonderbar. Neulich stellte er die Kabinettsfrage, wenn nicht ein gewisser Konsul Spiegelthal zur königlichen Tafel gezogen werde, was denn auch geschah.«
    Otto sagte nichts. So behandelte Manteuffel seine Anzeige. Diese fanatische Österreicherei hatte einen verdächtigen Anstrich bis zu Landesverrat.
    *

Nach Frankfurt zurückgekehrt, fand er das übliche Tohuwabohu der widerspruchsvollen Bundesherrn. Österreichs Übergewicht hatte er zwar erschüttert, doch immer wieder kam die Eifersucht der Mittelstaaten zum Vorschein. Prokesch predigte rechts und links: »Preußens geographische Lage lockt es zum Arrondieren seiner Grenzen auf Kosten des Schwächeren. Nur Österreich kann Sie schützen, das gleichfalls seiner geographischen und saturierten Lage nach nie die Unabhängigkeit seiner teuren Verbündeten antasten wird.« An

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