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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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und der Kronprinz und der Hofliberalismus und die deutsche Popularität und die moralischen Eroberungen! Wieder die alte Geschichte? Otto biß die Zähne zusammen und verneigte sich stumm: »In diesem Falle bleibt mir nichts übrig, als erneut Einmütigkeit zu empfehlen und den Grafen Rechberg zu bitten, mit mir eine kurze Stipulierung zu redigieren, wobei natürlich die Zukunft Schleswig-Holsteins nach wie vor in der Schwebe bleibt.« Die hohen Herren waren damit einverstanden.
    *
    Als man vier Tage später von Wien abreiste, bat Rechberg dringlich: »Lieber Bismarck, ich meine es wirklich ehrlich und gut. Doch Schmerling hat des Kaisers Ohr, der sich besonders für die Zollunion interessiert, und man macht mir Vorwürfe über meine Politik, die nichts eintrage. Man wird mich über Bord werfen, wenn Sie nicht wenigstens zusichern, daß wir zu bestimmtem Termin über den Zollanschluß verhandeln.«
    »Das tue ich gern aus Gefälligkeit für Sie. Eine Liebe ist der anderen wert.« Obwohl er die wirtschaftliche Einigung nicht wünschte, weil sie ihm mit den Grundbedingungen beider Staaten unverträglich schien, war doch Entgegenkommen in gewissen Grenzen das mindere Übel, als Rechbergs Ausscheiden vom Amte. Er bewog also den König zur Einwilligung, Rechbergs Stellung blieb daher vorerst unerschüttert.
    Wenn er aus dem Schönbrunner Fenster über die rechte Schulter blickte, blickte er durch eine Glastür den dunklen Heckengang entlang, in dem er einst mit Nanne bis zu diesem Glasfenster wanderte, damals dem Schlafzimmer der schönsten Kaiserin. Heute durfte er, ohne der Adam-Eva-Lust zum Verbotenen zu frönen, behäbig und bequem im Mondschein durch dies Paradies wandern. Im Wildpark begünstigte ihn der Gott Hubertus, er schoß 50 Wildhühner und 1 Karnickel nebst 15 Hasen, und jener Gott, wahrscheinlich Merkur, der über hohen Orden leuchtet, spendete ihm den Sankt Stephansorden des Globus von Ungarn aus der Hand Seiner apostolischen Majestät.
    Vorerst nichts weiter zu machen. Also nach Baden-Baden zum König und – zur Königin. Diese über Erwarten äußerst gnädig. »Ihre umsichtige, lichtvolle Politik hat meinen vollen Beifall. Sehr hübsch, wie Sie für Preußen die Wege ebnen. Indessen, Seine Hoheit der Fürst von Augustenburg darf nicht ganz umgangen werden.«
    »Seine Durchlaucht der Erbprinz hat sich leider sowohl Seiner Majestät als Seiner Königl. Hoheit gegenüber als wenig handlich erwiesen.« Daraus kam ein langes Palaver. Doch die hohe Frau ging echt weiblich im Erfolge ihres Gemahles auf und ließ daher Gnadensonne über dem räudigen Schaf leuchten. Für diesen schien die Sonne etwas früher, weil er hoch hinauf auf den Hügel über der Lichtenthaler Allee zog und von dort durch Regenschleier verächtlich auf die geschäftige Vergnügungssaison herabblickte. Über ihm zog der preußische Gesandte Graf Flemming ein, den man nur der Violoncell nannte, die Gräfin sang dazu und der göttliche Keudell begleitete auf einem zweifelhaften Piano. Herrlich, wenn nur nicht Abeken wäre! Der schüttet einen Danaidenregen befruchtender Konzepte über den armen Chef aus, der nie ein Ende nimmt. Tintenfaß, Feldjäger, Audienzen, Besucher, kein Mensch läßt diesen Geplagten in Ruhe, der sich auf Promenaden verleugnet und ins tiefste Dickicht flüchtet, um irgendwo im Walde zu dämmern. Unterwegs hatte er noch ein gutes Geschäft gemacht, mit dem alten Bundesbekannten Schrenk in München ausgemacht, daß dieser nur wegen Beust so abgemagert sei und Preußens nahrhafte Arsenikpillen dafür suchen müsse. Und bei alledem ist Nanne krank! Sicher Doktormedikamente. Der König fährt nach Ingenheim zum Zaren, nach Schwalbach zur Imperatrice Eugenie, Gott befohlen! Kathy Orlow plötzlich hereingeschneit, Freudensschrei, Begleitung bis Heidelberg, dann rasch nach Berlin. Doch dort steht der Blaue Salon leer, Nanne kränkelt noch in Pommern, der er besonders Trauben von Borchardt verschrieb. Zurück nach Baden, nachdem er in Berlin bei Frau Adelheid v. Mühler gegessen. Diese regierende Dame, Busenfreundin der Königin, klagte über Kopfkrämpfe. Ihr gehorsamer Gatte, Dichter des herrlichen Kommersliedes »Grad' aus dem Wirtshaus komm' ich heraus,« hatte wegen solch feuchtfroher Dichterei Ottos Wohlwollen. Er klagte über die Verderbnis der heutigen Jugend, und Frau Adelheid schloß die Männerwelt in dies vernichtende Urteil ein. Wir leben eben in einer großen Zeit.
    »Also nach Paris möchten Sie Urlaub?«

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