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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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bemerkt haben, daß ich der Union sehr gewogen bin. Prost!«
    Als Frau Motley heimkehrte, ließ sich der Jugendfreund nicht nehmen, den »wackeren Bismarck« en famille zu bewirten. Dies war Mitte August, während das frühere Diner Ende Juli stattfand. Drei Flaschen Claret standen auf dem Tisch, sie leerten sich alle, obschon Motley nur eben nippte. Er war grau geworden und schnitt sich die Haare kurz. »Aus Kummer über den Krieg«, erläuterte er. »Ich bin – mit Respekt zu melden – Pazifist. Man sollte eine Friedensliga und ein Schiedsgericht gründen, etwa in einem neutralen Lande wie Holland... der Haag wäre ein passender Ort –, dann würde diese scheußliche Barbarei der Kriege ein Ende nehmen.«
    Da Otto schwieg, drang die einst schöne Frau Motley, eine höchst angenehme, echte Amerikanerin, in ihn: »Warum denken Sie nicht auch so? John sagt, Sie wären solch ein guter Mensch.«
    Aus Ottos Augen schoß ein unheimlicher Blitz. »Vor allem bin ich ein guter Deutscher. Was Sie da in guten Treuen sich vorleiern lassen, das kenn' ich. Diese Friedens- und Schiedsgerichte hätten nur einen Zweck: jede Niedertracht und Unterdrückung zu sanktionieren. Predigen Sie doch den Franzosen, daß sie uns Elsaß-Lothringen stahlen, den Russen, daß die Ostseeprovinzen deutsch sind, den Dänen, daß deutscheres als Schleswig-Holstein nicht existiert. Da werden Sie Wunder erleben! Diese geborenen Lügner und Fälscher werden Ihnen feierlich erklären, daß diese Lande ihnen gehören kraft der Gewalt des Schwertes, und daß sie jeden pazifistischen Antrag ablehnen. Im Gegenteil, sie fordern naiv den Rhein und Konstantinopel als ihr Eigentum. Na, vielleicht fordern wir auch einmal... kraft der Gewalt des Schwertes.« – –
    *
    »Schauens, in Wien darf ich Sie nicht obenan setzen an der Tafel, die akkreditierten Botschafter haben nun mal ihren Rang. Doch in Kettenhof, meinem Gute, eine Stunde von der Stadt, hat halt die Etikette keine Macht, und wir dürfen Sie so feiern, wie sich's gebührt.«
    Das Diner mit sämtlichen Gesandten verlief dort glatt und förmlich, niemand nahm Anstoß daran, daß der nun schon leidlich berühmte preußische Ministerpräsident den ersten Platz hatte. Nach Tisch zog er sich in eine Fensternische zurück; um den behaglich Rauchenden bildete sich eine Gruppe, die sich über die Kriegsbeendigung aussprach. Lauter ausländische Diplomaten.
    »Ihre Armee hat viel Lorbeeren gepflückt«, bemerkte der Franzose.
    »Doch in so guter und zahlreicher Gesellschaft von anderen Waffenbrüdern, daß wir diesen auch viel Lorbeer ablassen müssen.«
    »War das Fechten unbedingt nötig?« fragte der englische Gesandte.
    »Ich glaube doch. Freilich bedauere ich das Blutvergießen, immerhin war es doch ein erfreuliches Schauspiel, die beiden deutschen Großmächte Arm in Arm zu sehen. Die peinliche Schleswig-Holstein-Frage fand so eine befriedigende Lösung.«
    »Ob sie die Dänen befriedigte, ist wohl eine andere Frage.«
    »Sie werden kaum leugnen, daß sie im Unrecht waren,« es klang wie entschuldigend, »gleichwohl hätte man die Dinge friedlich regeln können, wenn Europa unparteiisch interveniert hätte, statt den dänischen Trotz zu stärken.«
    »Auf wen zielt dieser Vorwurf?«
    »Wozu einen einzelnen Staat nennen! Hätten wir Staat zu Staat mit Dänemark verhandeln können, so wäre der Krieg vermieden worden. Die Elbherzogtümer gehörten aber zum Deutschen Bund, wo jeder lauter schreien will als sein Nachbar und doch kein einzelner Staat die Verantwortung trägt. Sie wollten Krieg, um den Ruhm davon zu teilen und sich ihre nationale Begeisterung bescheinigen zu lassen, die wahre Kriegslast hätten sie aber Preußen und Österreich allein aufgehalst. Dies konnten wir von Klein-Deutschland nicht dulden, daher unsere Allianz, um nun wenigstens auch allein den Gewinn nach der Arbeit zu behalten. Ehe aber dieser Zwang der Umstände uns zur Tat trieb, hätte Europa intervenieren können, aber mit unparteilicher Abwägung von Für und Wider.«
    Die ihn umstanden, hörten mit gemischten Gefühlen zu. Diese scheinbare Offenheit war keine Bloßstellung, denn man wußte dies alles selber und noch mehr: daß die Intervention nichts gefruchtet hätte und dieser scheinbar so ungezwungen Plaudernde nach wie vor auf sein Ziel losgegangen wäre. Der schwedische Gesandte äußerte sich dahin: »Vielleicht hatte Rußland am meisten Aussicht zur Intervention, weil es die nächsten Beziehungen sowohl mit Preußen als

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