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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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fragte der König mit humoristischem Augenzwinkern.
    »Nach Biaritz, wie ich Eurer Majestät zu melden mir erlaubte.«
    »Nu ja, Biaritz! Dorthin fährt man über Paris, und da werden Sie wohl Ihre alte Flamme Eugenie wiedersehen und deren Gemahl, Ihren Gönner. Wohin das Herz uns treibt –«
    Otto lächelte. »Oder der Verstand. Einige offene Worte mit dem Kaiser der Franzosen auszutauschen, scheint mir freilich angemessen. Sonst aber zieht es mich einzig ans Meer, wo mein Legationsrat Keudell in Mondscheinsonaten arbeiten kann und ich die Gnade Gottes gegen die Südländer bewundere, die bei solcher Sonne so wenig sonnig im Innern sind. Unsereins plagt sich in Wind und Nebel und heizt ein und friert, und das Herz bleibt doch gesund, und lachen können wir auch.«
    »Ja, wir können wohl lachen, daß alles so gut ablief. Wann meinen Sie, daß der Frieden in Wien geschlossen wird?«
    »Ende des Monats. Es ist ja alles abgemacht und in Ordnung. Ich wäre ganz sorgenlos, wenn nicht meine arme Frau wieder krank wäre. Früher als ich wünsche kehre ich deshalb von Biaritz zurück.«
    »Treffen Sie dort wichtige Bekannte?« forschte der König.
    »Keine außer meinen Freunden Orlows und unseren Madrider Gesandten, Baron Werthern, dem ich früher in Wien und Petersburg in die Quere kam. Diesmal werden wir uns gut vertragen, in Biaritz liebt man sogar seinen Nebenmenschen, was sonst nicht häufig sein soll.«
    Der König entließ ihn gnädig und dachte: wirklich kein Geschäft in Biaritz? Man kann sich diesen unermüdlichen Arbeiter gar nicht vorstellen, wie er bummelt. –
    In Paris trat ihm Goltz so dick und behäbig entgegen, wie man ihn nie gesehen. Die gedeihliche Zunahme und plötzliche Gesundheit des preußischen Staates schien entsprechende Fernwirkung zu üben. »Der Kaiser hat sich zum Frühstück angesagt, er will Sie wiedersehen.«
    »Heute ist der 5. Oktober, spätestens am 6. abends will ich in Bordeaux sein, wo unsere neuen Kriegsschiffe gebaut werden. Aber diese Zwiesprache werde ich wohl auch noch überstehen.« –
    Das Dejeuner verlief sehr diplomatisch-politisch. »Die Wirren in den Donaufürstentümern Moldau-Walachei erregen mein lebhaftes Interesse«, begann der Kaiser. »Noch lebhafter interessiere ich mich dafür, wie Preußen sich dazu stellt.«
    »Sire, wir haben gar kein besonderes Interesse daran, höchstens wirtschaftlich, daß wir unseren Handelsverkehr – ich meine den gesamten der deutschen Zollunion – dorthin überwachen.«
    »Natürlich, ja, darauf ziele ich nicht. Doch Wohl und Wehe Ihres Verbündeten Österreich«, er lächelte leicht, »kann Ihnen nicht gleichgültig sein. Das Wiener Kabinett hat ja wohl die Aussicht, sich einst diese schönen Landschaften einzuverleiben... wenn Europa dies gestattet. Frankreich wäre nicht abgeneigt, falls man es als Entschädigung auffassen würde... für eine notwendige andere Gebietsabtretung.«
    »Venetien«, murmelte Otto, »Ihr Geschäftsträger in Berlin, der neuernannte, machte solche Andeutungen, Sire.«
    »Gewiß nur Andeutungen«, schnitt Napoleon rasch die zu große Deutlichkeit ab. »Es schlummern eben noch einige ungelöste Fragen im Hintergrunde, doch eilt es ja wahrlich nicht damit.« Oho! dachte Otto, mir eilt es sehr, aber bei Fragen, die du nicht ahnst. »Nichtsdestoweniger wäre erwünscht, zu wissen, ob Preußen solchen Machtzuwachs Österreichs protegieren würde.«
    »Sonst warum nicht! Aber Preußen darf nie wegen einer ihm selber gleichgültigen Sache Rußland erzürnen. Jede Neugestaltung der rumänischen Verhältnisse, die dem Zaren mißfiele, hat nie unseren Beifall. Wir stehen in freundnachbarlichen Beziehungen von solcher Zuverlässigkeit, daß wir sie nicht mutwillig stören werden. Das ist für uns bedeutsam.«
    »Ah, ich begreife das.« Louis leerte sein Glas und strahlte von Bonhomie. »Wer würde auch daran denken, solche Freundschaft zu untergraben! Da fällt mir ein, viel wichtiger als unsere kleinen politischen Mißhelligkeiten sind die hehren Zwecke der Humanität und Zivilisation, so zur Stunde die Abwehr der Cholera, die wieder über Rußland und Türkei eingeschleppt wird. Das kommt von den Wallfahrten nach Mekka, die schmutzigen Pilger verbreiten diese grausame Plage. Dies macht Europa zur Pflicht, gemeinsam dem Unheil entgegenzuwirken, und ich hoffe, Preußen wird meiner Anregung folgen. Wir müssen der Türkei notifizieren, daß gewisse Maßregeln die Einschleppungsgefahr vermindern können, strenge

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