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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Kanonengießerei, wobei er sich angelegentlich erkundigte, wann die neuen gezogenen Geschütze fertig würden. Österreich fing an, sein Artilleriesystem nach den Erfahrungen von Solferino umzugestalten und die älteren glatten Geschütze abzuschaffen. In Berlin kam er mit seinen Ministerkollegen fast auseinander, weil sie in der Zollsache ihm nicht zu Willen waren und seinen Wunsch durchkreuzten. Zar Alexander traf zum Besuch ein, es gab Parforcejagden und Whistspielen mit seinem alten Gönner. Gortschakow erschien auch auf der Bildfläche und gratulierte zum glorreichen Frieden.
    »Wer hätte das gedacht! Sie hätten mir doch ein Sterbenswörtchen aus alter Freundschaft mitteilen können, wie Sie die heikle Sache zu führen gedachten. Aber nichts! Oubril hat uns nie avertieren können, Sie hielten so reinen Mund.«
    »Habe ich Sie, meinen verehrten Meister, hinters Licht geführt? Ist's das, was Sie sagen wollen? Ich weiß mich frei von Schuld«, beteuerte Otto mit schwermütiger Gebärde. »Konnte ich vorhersehen, wie mein allergnädigster Herr sich entscheiden würde? Und war ich der Herren Österreicher so sicher?«
    »Mit denen stehen Sie also jetzt intimer als mit uns«, schmollte der alte Projektenmacher. »Sensation in Petersburg, kann ich Ihnen sagen. In der Gesellschaft zerbricht man sich den Kopf, was Sie, den Österreichhasser, so umgewandelt hat.«
    »Bah, man schlägt sich und man verträgt sich. Österreich hat sich zu vernünftigerer Auffassung bekehrt, und wir haben eben gemeinsame Interessen.«
    »Ja, im Zwischenakt. Doch Ihre Intimität wird wohl nicht ein abendfüllendes Schauspiel entwerfen. Sie machen zu viele »Beiseite«sprünge, waren auch jetzt wieder in Paris und verkehren recht warm mit Italien«, fuhr der Mißtrauische fort, sich festzuhaken. Doch Otto schüttelte ihn leicht ab:
    »Wir wollen eben mit aller Welt in Freundschaft leben. Wir möchten nach allen Seiten vermitteln und besänftigen. Nachdem nun endlich auch dieser Zankapfel beseitigt, wird Europa sich ungetrübten Friedens erfreuen. Dieser kleine Krieg war der letzte für lange, das glaubt auch Kaiser Napoleon.«
    Gortschakow vertraute nachher dem russischen Gesandten Oubril seine Überzeugung an: »Er ist trotzalledem ein Mensch ohne Arg und Falsch, eine fast kindliche Natur. Der glaubt ernstlich, Österreich werde jetzt Frieden halten und jede Reiberei vermeiden, und wir wissen doch, wie es schon wieder mit Beust an einem deutschen Staatenbund gegen Preußen arbeitet. Davon ahnt mein guter Freund offenbar nichts.« –
    Am gleichen Tage sagte Otto kalt und ruhig zu Roon: »Wir werden in einem oder ein paar Monaten Krieg mit Österreich haben, vielleicht auch erst in einem Jahre. Aber dieser Krieg ist so sicher wie der Tod. Wir müssen jeden Nerv anstrengen, um unsere acht Korps so schlagfertig wie möglich zu machen.«
    »Verlassen Sie sich darauf! Übrigens studiert Moltke Tag und Nacht die verschiedenen Operationen. Soll er dabei auch Front gegen den Main nehmen?«
    »Soviel er will, und gegen die Weser und Werra dazu. Als ich letzthin durch München kam, fand ich zwar den Minister Schrenk, meinen Kollegen vom Bundestag, sehr preußenfreundlich, doch v. d. Pforten ist ganz in Beusts Händen, und wir können nichts Gutes von dort gewärtigen.«
    »Wird das nicht ein bißchen viel für uns werden?« machte Roon bedenklich.
    »Viel Feind', viel Ehr'. Und wir werden auch Alliierte haben.« Roon sah ihn fragend an, ohne jedoch weiteres zu hören.
    Der Schwarze Adlerorden und eine herzliche Umarmung des Königs belohnten den erfolgreichen Staatsmann, wie schon zuvor der Orden des heiligen Stephan, den ihm der Kaiser zufügte. Solchen bündigen Beweisen allerhöchsten Verdienstes vermochte auch Wrangels greises Feldherrnherz nicht zu widerstehen. Auf einem Hofdiner hatte Otto den Hochgenuß, den großen Feldmarschall als Tischnachbar neben sich zu sehen. Betretene Pause. Auf einmal lächelte der Alte verschämt: »Mein Sohn, kannst du nicht vergessen?« »Wie sollt' ich vergessen, was ich erlebte!« Neue Pause. »Kannst du auch nicht verzeihen?« »Von ganzem Herzen.« Händeschütteln und neue Freundschaft. Der Mensch hat keine Freunde, nur das Glück hat welche, sagte Napoleon. Die Welt ist schläächt, sagte der alte Kommilitone Keyserling in Kurland.
    Das ist sie in der Tat. Eine besondere Belohnung ward dem Lotsen, der das Schiff durch alle Klippen bugsierte, zuteil im erneuten Furor der Fortschrittspartei und eines

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