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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Nicht als ob er nicht wollte, doch in letzten Jahren hat Herr Thiers, den ich kenne, als Redner der liberalen Opposition so viel Boden gewonnen, daß er im gesetzgebenden Körper auf Schwierigkeiten stößt. Und das mexikanische Abenteuer endet schauerlich. Noch sind keine genauen Nachrichten da, doch mir scheint, das Schicksal des unglücklichen Kaisers Maximilian ist besiegelt.«
    »Glauben Sie, die Rebellen würden sich an einem gekrönten Haupt vergreifen?« frug der Monarch erregt.
    »In Amerika herrscht republikanische Staatsform, und man erklärt dort den Erzherzog selber als Rebellen, Usurpator, Hochverräter. Ich fürchte, er ist geliefert. Wer ihn aber ans Messer liefert, ist Frankreich, das erst wie ein Wächterhund heulte und jetzt vor der Union den Schwanz einzieht. Der überseeische Spaziergang kostete viel Menschen und sehr viel Geld, wofür man aber auch die schönste Blamage einkaufte. Herz, was verlangst du noch mehr! Bereichert hat sich, wie man sagt, der Marschall Bazaine, ein großer Hofstratege, der eine reiche Mexikanerin heiratete. Er scheint den armen Maximilian schändlich preiszugeben.«
    »Dies Los seines Erzherzogs kann Franz Josef nicht gleichgültig sein, es erweitert die Kluft mit Frankreich«, meinte der König.
    »Sozusagen privatim. Doch würde Österreich sich schwerlich bedenken, trotzdem mit Napoleon sich anzufreunden, wenn es sein Vorteil ist. Gefühlsdusel und Familienrücksichten in der Politik kennen nur Deutsche, keine anderen Staaten.« Der König trommelte mit der Hand auf den Tisch, leicht beunruhigt, der Stich traf, wohin er zielte. »Und mein Gönner in Paris schlägt in jede dargebotene Hand, falls nur was drin ist, Trinkgelder nimmt er gar zu gern für seine uneigennützigen Dienste. Eure Majestät erinnern sich, daß schon vor vielen Jahren der Herzog von Persigny herumreiste, um eine sogenannte Rektifikation der Grenze zu erwirken, wofür wir viele Güter im Monde einhandeln sollten. Jetzt wird er wieder mit solchen Ansinnen herausrücken. Österreichs Angebot war zu konditionell.«
    »Wie? Es hat etwas angeboten?«
    »Jawohl, ich erhielt erst heute geheime Kunde davon. Frankreich soll neutral bleiben und Italien dito, dafür wird es Venetien erhalten, sofern Österreich sich Schlesiens bemächtigte, für dessen Besitz Frankreich einsteht, nämlich wenn man uns die Friedensbedingungen diktieren kann.«
    »Das ist häßlicher Verrat von beiden Seiten!« Der König schlug mit der Hand auf den Tisch. »Das wird meinem Sohn, dem Kronprinzen, die Augen öffnen. Wie sie alle das Fell des Bären teilen! Auch in Sachsen und Bayern baut man felsenfest auf unsere Niederlage.«
    »Österreich blaguiert und die anderen haben gläubige Eselsohren. Doch Napoleon ist besser unterrichtet, er läßt sich nicht von Hypothesen anstecken, sondern sein Lockinstrument als bewährter Rattenfänger auch uns ertönen, heute früh erhielt ich eine Note, über die ich demnächst Vortrag halten werde, wenn Eure Majestät befehlen. Es kongresselt wieder, so möchte er uns Holstein und Italien Venetien schenken. Im Kriegsfalle will er uns 300 000 Mann zu Hilfe schicken und uns im Frieden um 8 000 000 Einwohner vergrößern.«
    »Und was bekommt er dafür als Gebühren?«
    »Eine Kleinigkeit, das ganze Land zwischen Rhein und Mosel, teils preußisch, teils badisch, teils hessisch.«
    »Solche Unverschämtheit!« fuhr der König auf. »Ich habe keine Länder zu verschenken, weder preußische noch andere deutsche ... hoffentlich machten Sie nicht die kleinste Zusage.«
    »Eure Majestät mögen ganz ruhig sein. Solche Fragen behandelt man dilatorisch, schleppt sie hin ohne Ja und Nein, bis die Antwort nicht mehr zu umgehen ist. Ich zähle auf die Schnelligkeit unserer Waffen, daß ich erst beim Friedensschluß Rede stehen müßte. Und da werde ich sehr deutsch reden. Übrigens ist er zurzeit ohnmächtig. Im gesetzgebenden Körper hat Herr Thiers schon lange eine kräftige Sprache geführt und Erweiterung der gesetzlichen Freiheiten geheischt. Gottlob, daß wir nicht solche glatte, höfliche, aber spitzige Redner in der Kammer haben! Thiers vermeidet jede Fußangel, die ihn mit der Staatsgewalt in unmittelbaren Konflikt brächte. Doch der Kaiser und Rouher schäumen vor Wut gegen ›eitle Theoreme‹, schon früher verwünschten sie ›jene Leute, die, kaum dem Schiffbruch entronnen, die Stürme zu Hilfe rufen‹. Als ob ein Umsturz drohte, weil die Franzosen etwa den zehnten Teil der Reformen und

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