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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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hingebend, scheute nicht die Fahrt nach Schlesien zu ihrem Sohne, um ihn gewissermaßen zu segnen und sein Wohl dem Berater Blumenthal ans Herz zu legen. Sie sprach dabei schön und königlich. Auch die Kronprinzessin bewies eine ernste Fassung und verbat sich wiederholte Rückreise ihres Gemahls nach Berlin, wie dies während des Aufmarsches geschehen war, teils um sich mit dem König zu besprechen, teils um sein sterbendes Kind Prinz Sigismund zu sehen. Ihr Mann gehöre jetzt nur dem Vaterlande und dürfe keinen Augenblick aus dem Feldlager scheiden. Als das Kind starb, zeigte der sonst so weiche Kronprinz auf die Kunde hin eine männliche erhebende Fassung, die ihm Blumenthals Herz gewann. Wie immer entfaltete sich erst in der Not die Stärke der deutschen Seele, aus unergründlichen Tiefen des Unbewußten die altgermanische Heldengesinnung und eine ahnungsvolle Gottesfurcht hervorholend. Tue recht und scheue niemand! Dies deutsche Sprichwort soll heißen: dann wird Gott mit dir sein! Dazu braucht es keiner Kirchengängerei. In den kernigen Bataillonen, die hier mit festem Marschtritt vorüberzogen, hatten wohl wenige ihren Herrgott mit viel Gebeten belästigt, doch sie sangen jetzt mit voller Überzeugung und ihrer gerechten Sache bewußt: Ein' feste Burg ist unser Gott, ein' gute Wehr und Waffen.
    »Unsere Leute sind ja zum Küssen«, rief Otto seinem ihn ins Hauptquartier begleitenden Vetter Karl Bismarck-Bohlen zu. »Dieser Todesmut, diese Ruhe und Folgsamkeit! Endlose Märsche, ewiger Regen und dazwischen sengende Hitze, die Kleider durchnäßt, das Biwak eine Pfütze, der Magen leer, die Stiefelsohlen fallen ab, und dabei immer gutmütig und freundlich gegen die Einwohner, nichts von Plündern und Sengen. Und das nennt man nun Gemeine und den gemeinen Mann! Wahrlich, die könnten unsereins beschämen!«
    Natürlich logen die tückischen Tschechen, die ihren feigen kriechenden Deutschenhaß nun endlich mal als »patriotisch« ausspielen konnten, und die Wiener Pressebanditen über preußische Greuel, weil sie diese Erfindungen aus ihrer eigenen schönen Seele sogen: so würden sie es treiben im Feindesland. Gnade Gott deutschen Landen, wenn Franzosen oder Sklaven dort ihre Bestialität gar herrlich offenbaren könnten!
    Noch in Sichrow erhielt er eine Depesche: »Ich habe die Ehre meine Ankunft zu melden. Graf Benedetti, Botschafter von Frankreich.« Verdammt! Schon jetzt Intervention? Er teilte die unerfreuliche Kunde dem König und Moltke, die nachmittags einen Kriegsrat hielten, mit. »Unter solchen Umständen darf man nicht nachlassen im Vordringen, um möglichst Zeit zu gewinnen.«
    »Die nötigen Befehle sind ergangen«, versetzte Moltke ruhig. »Der Feind steht offenbar hinter der Elbe zwischen den Festungen Josefstadt und Königgrätz. Steinmetz hatte vorgestern telegraphiert: ›Weg zur Elbe frei‹, doch wird sich zeigen, ob die Übergänge nicht verteidigt werden. Es hängt das meiste vom Flügeldruck der II. Armee ab, dort wird aber immer etwas zu langsam marschiert.« Otto dachte sich sein Teil. Er wußte, daß Blumenthal den ganzen Aufmarsch in endlosem Bogen zwischen Halle und Görlitz getadelt und rascheres Vorgehen über die Neiße befürwortet hatte, daß zwischen ihm und Moltke stets eine leichte Spannung bestand. Am 2. in Gitschin hatte man noch keine richtige Übersicht. Die Elbarmee sollte auf Pardubitz an der Elbe, die I. Armee auf Horsitz und Sadowa an der Bistritz vorrücken, die II. Armee am linken Elbufer bleiben ohne Uferwechsel, nur das Korps Bonin hatte seitwärts die linke Flanke Friedrich Karls zu decken, war aber noch so weit entfernt, das letzterer auf dessen Beihilfe am 3. nicht rechnen konnte.
    Am 2. Juli abends erschien unerwartet der Stabschef Blumenthal in Gitschin, um abweichende Vorstellungen zu erheben. Sein Vortrag gab einen Überblick der Ereignisse beim Kronprinzen.
    »Erst am 6. Juni erfuhr ich durch Major Berdy, daß wir auch noch das Gardekorps bekämen. Wir lagen damals beim Fürsten Pleß auf Schloß Fürstenstein in Quartier. Damals spukte auch noch das Gespenst freiwilliger schlesischer Jägerkorps. Das Gutachten Seiner Königl. Hoheit fiel aber auf mein Anraten dagegen aus, obschon Höchstderselbe anfänglich sich dafür enthusiasmierte. Von dieser Bummelei um das wirkliche Heer herum verspreche ich mir nur Übles.« Der König nickte. »Die schreckliche Hitze und dann Gewitterregen hinderten damals den Vormarsch, ich selbst bin bei Besichtigung der Truppen

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