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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Verpflegungsschwierigkeiten und Straßenbeengung in jeder freien Bewegung gehindert zu werden. Sein Abmarsch über Josefstadt auf Wien hätte nicht mehr ohne lebhafte Belästigung durch den nachdrängenden Feind bewerkstelligt werden können, immerhin würde die Festung Königgrätz den Rückzug über die Elbe gedeckt haben, und die II. Armee, ihm auf seinem Abmarsch jenseits begegnend, hätte wohl kaum die nötige Stärke gehabt, ihn völlig aufzuhalten. Unter solchen Umständen wäre die ganze preußische Operation hier ein Schlag ins Wasser gewesen. Trotz seiner eigenen pessimistischen Anschauung der Lage, der er in verzweifeltem Telegramm an den Kaiser »Katastrophe unvermeidlich« Ausdruck gab, ließ sich aber Benedek überzeugen, daß sein angeblich erschüttertes Heer noch völlig schlagfertig und mutig sei, was auch gewissermaßen zutraf. Die preußische Anschauung, daß die geschlagenen Korps »zersprengt« oder demoralisiert seien, ging fehl. Selbst das Korps Ramming, das sich nach Nachod für gefechtsunfähig ausgab, zeigte später noch hervorragenden Schneid. Ferner hatten das II. und III. Korps noch gar nicht, die Sachsen nur wenig gefochten. Die versammelten acht Korps stellten noch eine Stärke von über 200 000 dar und die Bistritzstellung, wo man lagerte, hatte große natürliche Vorteile, die er nacheinander durch zwölf Schanzen oder Batterieeinschnitte verstärkte. Man hatte Chlam-Gallas und Erzherzog Leopold ihrer Posten enthoben, und das alte österreichische Mißtrauen gegen fürstliche oder hochadelige Führer hätte am liebsten auch die Grafen Festetics und Thun von ihrem Korps entfernt. Verdankte doch der Feldzeugmeister selber seine Ernennung zum Oberfeldherrn hauptsächlich seiner niederen Herkunft, was ihn sofort in Österreich, wo Feudalität und Demokratie kraus durcheinander wirtschaften, volkstümlich machte. Als er später in ziemlich roher Art zum Sündenbock gestempelt wurde, als ob irgendwer außer Erzherzog Albrecht die Sache besser gemacht haben würde, fiel ihm daher leicht, mit geheimnisvollen Drohungen die Schuld auf seine hochgeborenen Korpschefs abzuwälzen, die nicht gehorcht hätten. Und niemand antwortete ihm logisch: warum paßten Sie nicht auf, warum überwachten Sie Ihre Korpschefs nicht, immer den Blick nach falscher Richtung gewendet? Die tapferen Grafen Thun und Festetics, beide schwerverwundet, führten ihre Korps nicht schlechter als der bürgerliche General Weber das vormalige Erzherzog Leopolds. Es wiederholte sich die Legende von Aspern, wo der bürgerliche Korpschef Hiller das beste getan haben sollte, gemäß seiner schwülstig byzantinischen Relation, die Fürsten Rosenberg, Hohenzollern, Liechtenstein aber allgemeinem Tadel verfielen, obschon sie durchweg ihre Pflicht taten und ihre Rapporte eine wahrhaft vornehme Gesinnung verraten. So straft sich die reaktionäre Feudalität durch eine ebenso unvernünftige Demokratie zum Schaden des Gemeinwohles, indem die oberen den unteren und die unteren den oberen Ständen mißtrauen und aneinander kein gutes Haar lassen. In Preußen aber, wo es mit Standesvorrechten längst ein Ende nahm und im großen ganzen die Bürgerlichkeit den Ton angab, beherrscht der untere Adel alle Militär- und Beamtenposten, und niemand nahm daran Anstoß. Die vollständige vaterländische Einheitlichkeit machte das Preußenheer von vornherein dem zusammengewürfelten Nationalitätenmischmasch der Kaiserlichen überlegen.
    *
    Brausendes Hurrarufen begrüßte um 8 Uhr morgens die Ankunft des Königs auf der Höhe von Dub. Auf seinem sanftgehenden Braunen saß er straff im Sattel und betrachtete gespannt das kriegerische Schauspiel. Nebel und Regenschleier verhingen lange die Aussicht über das Bistritzufer. Nur die zahlreichen Blitze und Glühpünktchen auf der Lipaer Hochfläche verrieten den Standort der feindlichen Feuerschlünde. Friedrich Karl erschien in seiner roten Husarenuniform, bleich und finster, in den Augen ein tiefes Glühen. Dies war seine Schlacht, er hatte sie selbständig in die Wege geleitet, wußte aber, daß man nachher alles auf Rechnung des Oberkommandos setzen würde. Obschon persönlich sehr human und eigentlich bescheiden, hatte seine Haltung manchmal etwas Hochmütiges und Barsches, was ihn bei Fernerstehenden unbeliebt machte. Da man das Urteil der Welt fast immer auf den Kopf stellen muß, um die Wahrheit zu erfahren, galt er als brutaler Nur-Soldat, während er vorzugsweise geistreiche Unterhaltung liebte

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