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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Wallonen, der französischen Sphäre untertan. Nun, gegen solche Kompensierung hätte ich nichts einzuwenden, ich sähe sie sogar mit günstigem Auge, weil der schrankenlose Klerikalismus in Belgien eine Verführung für unsere rheinische Klerisei bildet. In Frankreich weht der freiere Odem eines modernen aufgeklärten Staatswesens.«
    »Der Kaiser wird entzückt sein, diese originelle und tiefsinnige Interpretation seiner wohlmeinenden Politik zu erfahren.«
    »Freilich wird England Einspruch erheben – auch könnte Rußland behaupten, es habe Belgiens Neutralität mit garantiert –«
    »Aber ich bitte Sie! Neutralität ist nur ein Fetzen Papier. Die Segnungen französischer Kultur auf Belgien zu übertragen scheint mir die höhere Moral. Was aber die genannten Mächte betrifft (Österreich kann sich auf Jahre nicht rühren), so wünscht mein Gebieter ein Schutz- und Trutzbündnis mit Preußen, um jeder Einmischung mit Waffengewalt entgegenzutreten.«
    »Gewiß, Einmischung und Vermittelung bei intimer Abmachung zwischen zwei Großmächten ist mir in der Seele zuwider«, biederte Otto mit ernster Ironie. »Wir würden uns also gegenseitig alle Annexionen garantieren, die wir für gut finden?«
    »Selbstverständlich!« Otto hoffte, auch noch von Holland zu hören und würde großartig auch diese Kleinigkeit beiseite schieben: Weg mit Schaden! »Darf ich in Paris sagen: Abgemacht? Dann wäre uns beiden ein großes Werk gelungen.« Das Großkreuz der Ehrenlegion schwebte vor seinen lüsternen Augen.
    »Was mich selbst betrifft – basta, einverstanden! Allein ich bin nicht der König. Und Luxemburg ist eine etwas kitzliche Geschichte, es gehört doch eigentlich zu Deutschland, wenigstens im früheren Bundesstaat. Da bekomme ich Schwierigkeiten mit Sr. Majestät. Doch ich hoffe, ihrer Herr zu werden. Nur eins ist unbedingt nötig: daß Sie mir ein Memoire über das Bündnis schreiben, etwa eine Vorlage des Kontrakts, wie Sie ihn sich denken. Nur mit solcher Unterlage darf ich dem König die geplante so hochwichtige Abmachung näherbringen.«
    »Nichts leichter als das. Ich schmeichle mir, einige Erfahrung im Aufsetzen solcher Schriftstücke zu besitzen. Ich werde die Ehre haben, schon morgen das Gewünschte zu überreichen.«
    Otto starrte auf die Tür, die sich hinter Benedetti schloß, als stehe der Erbfeind selber dahinter. Dem Verräter Treue halten, unlauterem Wettbewerb mit Ehrlichkeit begegnen? Nein, Monseigneur le Diable , ich werde deinem Hinkefuß ein solches Bein stellen, daß du stolpern und purzeln sollst.
    Aha! haha! Fünf Artikel! Eine Räuberei in fünf Akten! Vielversprechender Anfang: Seine Majestät, der König von Preußen, und Seine Majestät, der Kaiser der Franzosen, die es für nützlich erachten, die Bande der Freundschaft enger zu knüpfen und die gute Nachbarschaft zu fördern, sowie den allgemeinen Weltfrieden zu sichern, einigen sich, verschiedenen Schwächeren das Fell über die Ohren zu ziehen. Ein edler, schöner Plan!
    Otto schüttelte Benedetti die Hand. »Sie werden bald von mir hören. Das heißt, nicht allzu bald. Gut Ding will Weile haben. Sie reisen nach Karlsbad, nicht? Gott befohlen! Nach Ihrer Rückkehr besprechen wir alle Einzelheiten.«
    »Sie sind der wahre Autor, ich nur der Schreiber«, lächelte Benedetti etwas verlegen, doch nicht argwöhnisch. Er reiste ab und das wunderbare Schriftstück wanderte hinter Schloß und Riegel ins Geheimarchiv. Legt's zum übrigen! Bleibe du verschollen, schönes Traktat, bis dich die Stunde aus der Versenkung heraufholt, die fern am Horizont dämmert, denn es wird wohl eine Morgenstunde sein ... wenigstens nach deutscher Uhrzeit.

Im alten Etablissement Kroll, wo man allerlei »Varieté«, wie das Berliner Französisch es so hübsch nennt, und zu christlichen Festtagen Zaubermärchen gab, veranstaltete der Magistrat von Berlin ein Festessen zu Ehren Bismarcks, Roons und Moltkes am 16. August.
    Das Komitee marschierte am Eingang im Rittersaale auf, an der Spitze Bismarcks alte Freunde, Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode, Präsident des Herrenhauses, und General-Landschaftsrat Moritz Blanckenburg. Neben diesen Säulen des frömmsten Kirchenchristentums standen zwei Zierden Israels, Geheimer Kommerzienrat Bleichröder, ein etwas zweifelhafter Herr, und der Großfabrikant Josef Joachim Liebermann, ein sehr anständiger Mann, Chef jener uralten Firma, deren Inhaber einst Friedrich Wilhelm l. sich vorstellte: »Majestät, mer sein die

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