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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Organ des Darmstädter Hofes, der noch kurz zuvor den General Ducrot bei sich fetierte, mußte schreiben, die Hessen seien nicht »geborene Idioten«, um auf welsche Sirenenlieder zu horchen. Der Kronprinz sollte nach München und Speier abgehen, um die zwei bayrischen Korps, die Württemberger und die badische Felddivision um sich zu sammeln. Jetzt, wo Pomp und Majestät des Krieges ihn berauschten, schüttelte er Bedenken ab und verfiel selber der allgemeinen hochgespannten Erregung. Am meisten Freude machte Otto der alte Moltke, der elastischen Schrittes sich um zehn Jahre verjüngte, während er vorher in sich zusammenzuknicken schien, ein verbrauchter alter Herr. Jetzt riß er harmlose Witze und strahlte wie ein Jüngling, wenn preußische Schlachthaufen mit Gesang der »Wacht am Rhein« an ihm vorüberzogen. Es war halt sein Geschäft, strategische Kunst zu üben. Ottos politische Strategie hatte aber noch einen vergifteten Pfeil im Köcher, den er unbarmherzig abschoß. Der vier Jahre verschwundene Geheimvertrag von Benedettis Hand, den er dem Schlauen so harmlos abgelockt, machte plötzlich seine Aufwartung in der Londoner »Times« und erregte einen Sturm der Entrüstung. Was half das Dementieren? Um seine Unvorsichtigkeit voll zu machen, schrieb Benedetti damals auf dem besonderen Papiere der französischen Gesandtschaft. Perfide? Gegen Treu und Glauben? Warum nicht? Dem Verräter Treue halten? –
    Zur Taufe bei Kronprinzens im Potsdamer Neuen Palais fuhr er im gleichen Kupee hin und zurück mit Blumenthal. »Wie gefallen Sie sich in Ihrer erneuten Stellung als Stabschef?«
    »Viel zu tun. Mein Generalquartiermeister Gottberg ist aber ausgezeichnet. Ihre Majestät die Königin ließen mich zur Audienz befehlen, um mir die Wohlfahrt und Sicherheit ihres Sohnes aufs Herz zu binden. Sie nahm mir ein schriftliches Wort ab, daß ich mit meinem ganzen Stabe über ihm wachen würde. Dann schrieb sie noch einen ähnlichen Brief wegen des Erbprinzen von Weimar. Die hohe Frau sprach sehr schön ... und ganz zur Sache.« Beide Männer lächelten sich an.
    »Bei den Frauen überwiegt eben das Gemüt, wir alle möchten es ja auch nicht anders haben. Ich erfreue mich nicht der Gunst Ihrer Majestät, in deren Hofhalt ja auch immer noch der selige Schleinitz fungiert. Doch sie wird, nachdem sie mit allen Mitteln dem nötigen Kriege sich widersetzte, gerade wie vor vier Jahren auch heute mit gleicher tapferer Würde sich ins Unabänderliche fügen und als Patronin der Verwundetenpflege sicher das höchste Pflichtgefühl entfalten und die edelste Wohltätigkeit im Geheimen wie immer. Merkwürdig, daß bei den hochpolitischen Damen nachher immer wieder das Ewigweibliche allein triumphiert und daß gerade sie dann das Höchste sind, was man sein kann: eine echte Frau. Ich hoffe aber dringend, daß der weibliche Einfluß nicht irgendwie Gelegenheit findet, im Verlaufe des Krieges in politicis zu machen.«
    »Männer lassen sich doch nicht von Frauenzimmern leiten«, lächelte Blumenthal überlegen. Auch Otto lächelte, denn er wußte, daß Frau v. Blumenthal, eine gescheite gebildete Engländerin, im Privatleben ihren Gatten gründlich beherrschte. Da fiel ihm ein, daß auch Frau v. Gottberg und die verstorbene Frau v. Moltke Engländerinnen waren. Dazu die Kronprinzessin ... hoffentlich kommt nichts vor, wo englische Einflüsterung uns ins Handwerk pfuscht.
    »Der Kronprinz muß sofort nach München und Stuttgart reisen. Seine so liebenswürdige Persönlichkeit, so fern preußischer Steifheit, wird die Süddeutschen bezaubern.« Er verbreitete sich darüber, wie man die Bayern behandeln müsse. Blumenthal nahm diese Fingerzeige gern entgegen und war offenbar stolz darauf, mit Bismarck so gut zu stehen.
    *
    Am 28. Juli versammelten Bismarcks noch eine gemütliche Abendgesellschaft. Er nahm die Gelegenheit wahr, Lord Augustus Loftus zu unterrichten. »Ein Geheimagent stellte mir ein Angebot, daß Preußen alle Süddeutschen annektieren dürfe, wenn es Frankreich den Besitz von Belgien garantiere. Durch dies Arrangement würde der Krieg vermieden werden.«
    Lord Augustus verlor beinahe sein britisches Phlegma. »Das ist unerhört. England würde niemals dulden, daß Belgiens Neutralität brutal verletzt wird.« Zu deutsch: daß eine kontinentale Großmacht Antwerpen und Ostende bekommt. Denn Belgiens Schicksal bleibt sonst den Briten so gleichgültig wie das jedes anderen Staates. »Was haben Sie geantwortet?«
    »Daß wir auf

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