Bismarck 02
Dort war es der viel größere Mississippi. Es gelang ihm, alle Entsatzversuche zu vereiteln. Wie kam das?«
Sheridan antwortete ausführlich und übertrieb natürlich nach Yankeesitte die Erfolge, deren Wurzel allein in der Unfähigkeit der gegnerischen Führung stak.
»Die Verteidigung scheint mir nicht sehr tätig geführt zu sein. Ob wir von Bazaine, einem erfahrenen Berufsmilitär, ähnliches hoffen können? Die Grundsätze der Kriegswissenschaft sind natürlich immer die nämlichen, doch ihre Anwendung –! Erstaunlich, daß Ihre Milizen so Großes vermochten!«
Sheridan verbeugte sich und machte ein Kompliment. Natürlich schrieb er in sein Tagebuch, daß man hier nichts Neues lernen könne. Im Gegenteil sei die taktische Fechtweise veraltet. Die Marschleistungen seien hervorragend, doch auf gebahnten Wegen, während seine Milizen ihre Gewaltmärsche sogar durch Urwälder und über reißende große Ströme vollbrachten.
Jetzt begann der Vormarsch der Maasarmee des sächsischen Kronprinzen, das Hauptquartier folgte über Bar-le-Duc und Clermont. Am 26. August kam Blumenthal nach Bar und murrte ungehalten über die steten Marschänderungen Moltkes, die eine nervöse Unsicherheit verbreiteten. Der Kanzler sorgte dafür, daß der König gegen Franktireurs eine starke Bedeckung erhielt, er selbst ging jedoch allein durch die engen dunklen Gassen von Grandpré, um seine Furchtlosigkeit darzutun. In Bar hatte ein Lebensmüder ihm aufgelauert. Sein Quartier war immer das schlechteste, während müßige Höflinge des königlichen Gefolges in Himmelbetten schliefen. Manchmal sah man den Kanzler mit Moltke auf der Landstraße wandeln, die beide aus dem Wagen stiegen, um ihre Glieder zu recken.
»Die riesigen Kanonenstiefeln des Chefs erinnern an den Dreißigjährigen Krieg«, bemerkte Busch. Bohlen lachte: »Man sagt, es werde ein dreißigtägiger.« Otto sprach viel mit den Franzosen, und ein alter Herr erzählte später: »Er sprach wie ein Franzose, niemand hätte ihn für so einen schrecklichen Preußen gehalten. Solch einen Mann braucht Frankreich.« Die Jagd auf Mac Mahon erschien ihm zweifelhaft. »Ich war mal hier in den Ardennen auf einer Wolfsjagd. Der graue Kerl verschwand aber vor uns, so wird's hier auch gehen.« Der immer zuversichtliche Blumenthal setzte schon früh auseinander, die Karte in der Hand – der Timeskorrespondent Russel und Georg Bleibtreu konnten es bezeugen –, wann und wie der Feind gestellt werde.
»Wir umzingeln ihn oder drängen ihn nach Belgien.« Am letzten Augusttage rieb sich auch Moltke die Hände. »Nun haben wir sie doch in der Mausefalle.« Wie aber, wenn der Feind mit Hinterlassung starker Nachhut in der Nacht abmarschierte, noch in den Morgenstunden des 1. September wäre es möglich gewesen, obschon Blumenthal, über Moltkes Einladung hinausgehend, zwei ganze Korps über die Maasschleife nach Norden in den Rücken schickte, um die Klappe zuzumachen. Sie hätten sich nicht rechtzeitig entwickeln können, wenn die Franzosen in Masse auf Mezières abmarschierten. Doch schon mittags erkannte man von der Frénoishöhe, wo der König stehend und Otto im Grase sitzend die Schlacht beobachteten, daß jetzt ein Entkommen nicht mehr möglich sei. In die malerische Gegend zeichnete sich das Schlachtbild wunderbar schön ein. Die Franzosen schlugen sich diesmal meist brav, die Marinedivision in Bazailles und Division Liébert bei Floing überraschend brav, ebenso fest die gesamte Artillerie, die hier mit allen Ehren unterging, und die Reiterei, die sich opferte. Der Kronprinz und seine Umgebung waren des Erfolges nicht sicher, Blumenthal sagte aber kurz und bündig: »Der Feind wird vernichtet oder gefangen.« Ebenso kühl äußerte sich Moltke, während der russische und englische Militärattaché nicht ohne Neid dem Triumph der deutschen Waffen zuschauten.
Der König verhielt sich kalt und ruhig mit freundlichem Gesicht, die Augen auf die schon mehrfach brennende Festungsstadt gerichtet. Am Ende der Schlacht ließ er selbst frische Batterien auf Sedan richten, um sodann die Übergabe zu fordern.« 600 Feuerschlünde schlossen immer enger einen blitzenden donnernden Kreis, so daß es dem Beschauer schien, als könne nichts Lebendes in dieser Hölle ausdauern. Man hat aber die materielle Wirkung ungeheuer überschätzt, wozu grundfalsche Ziffern im Generalstabswerke beitrugen. Danach bestand das französische Heer aus 124 000 Mann, während es überhaupt nur mit 110 000 von
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