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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Doch nützte Steinmetz' Angriff insofern, als der unglaubliche Bazaine dorthin seine Reserven aufstapelte und seinen anderen Flügel bei St. Privat ununterstützt ließ. Er spielte hinter der Front Billard und tröstete zynisch: man wäre morgen nach Metz gewandert, nun gehe man schon heute abend. Gegen einen Feldherrn, der aus politischen Gründen ehrgeizigen Hochverrates dem Feinde in die Hände arbeitete, ließ sich freilich endlich die strategische Flanke St. Privat zertrümmern und so die Schlacht gewinnen. Doch erst mitternachts riß Friedrich Karls Meldung den großen Schweiger aus peinlicher Verlegenheit. Erhitzt rief er dem König zu, der auf einem toten, am Boden liegenden Schimmel saß »Majestät, wir haben gesiegt!« Alsbald ertönte ein Chor der Halbgötter: der Feind nach Metz geworfen, von allen Verbindungen abgeschnitten, nämlich nach weise vorbestimmten Plane! Dem Kanzler ging das bekannte Mühlrad im Kopfe herum. Man dachte doch nur an Verfolgung nach der Orne und nie im Traume an Zernierung von Metz!
    Als dann die gräßliche Einbuße der Garde, Mansteins Übereilung und andere taktische Schnitzer ruchbar wurden, machte er seinem Unmut in vertrautem Kreise Luft: »Eifersucht und Ehrgeiz der Generale mißbrauchen die Hingebung unserer edlen Truppen, damit sie Pyrrhussiege gewinnen. Die hartherzigen Streber im Generalstabe sagen ganz offen, wir könnten all unsere halbe Million erster Linie opfern, wenn wir nur zuletzt gewinnen. Aber den Stier bei den Hörnern packen ist armselige Strategie. Statt auf die Sachsen und Artillerievorbereitung zu warten, hat man die Garden zur Schlachtbank geführt. Der neuliche Todesritt meiner Halberstädter Kürassiere erfüllt mich mit Stolz, weil er richtig eingesetzt, doch das andere Vorkommnis solcher Art mit Scham und Zorn. Solche Verschwendung von Menschenleben ist ein Skandal und ein Verbrechen vor Gott.«
    Seine Erlebnisse am Schlachttage waren nicht dazu angetan, ihn vertrauensvoll zu stimmen. Der König und sein Gefolge gerieten mehrfach in heftiges Feuer. (Beiläufig verkehrte der Jubel, die gefürchteten Mitrailleusen seien harmlose Spielzeuge, auch wieder die Wirklichkeit, auch schoß die französische Artillerie nicht so schlecht wie man behauptete, nur ihre Bravour und Leitung ließen alles zu wünschen übrig, einige rühmliche Ausnahmen bestätigten die Regel.) Roon brachte zuletzt den greisen Monarchen rückwärts, Otto blieb jedoch bei einer vorn feuernden Batterie in der Dunkelheit und brachte einigen Verwundeten Wasser. Sein Roß hatte er zum Tränken laufen lassen. In der Dämmerung ging ein Höllenspektakel los, die Franzosen feuerten heftig, so daß er dachte: »Beim Rückzuge setze ich mich auf die nächste Protze.« Als sein Gaul zurückkam, ritt er zum König, dessen rückwärtigen Standort jedoch die Geschosse jetzt auch erreichten, so daß die Offiziere dem Kanzler Vorstellungen machten, der dann den König zu weiterem Ausweichen bewog. Die Nacht brach ein und Otto dachte: das ist viel schlimmer als die Krise bei Königgrätz. Der König klagte, ihn hungere. Man sah sich nach Eßbarem vergeblich um, bis man endlich zwei Koteletten ausfindig machte. Der Kanzler und Sheridan fanden mit Mühe ein Unterkommen, ihren gemeinsamen Reisewagen bewachte ein junger Offizier, der sich dazu erbot, der Erbprinz von Mecklenburg.
    Der Jammer des Schlachtfeldes schnitt ihm ins Herz. 20 000 deutsche Tote und Verwundete lagen umher. Von 211 000 Streitbaren, den zwecklos am anderen Moselufer vor Metz demonstrierenden Manteuffel inbegriffen, kamen nur 130 000 zum Kampfe (auch dies spricht Bände), der Verlust betrug also über 15 Prozent. Die Franzosen brachten nur über 100 000 ins wirkliche Feuer, die spätere erfinderische Angabe Moltkes, sie hätten 170 000 gehabt, verwechselte wie gewöhnlich Gefechts- und Verpflegungsstärke (Artillerie, Offiziere, Train, sonstige Nichtstreitbare) und rechnete nachher bei der Kapitulation die Metzer Nationalgarden und neue, dort erst im September einrückende Reservisten mit. Möglichenfalls fälschten die Franzosen ihre Verlustliste ein wenig, sie behaupteten, 3000 Mann weniger am 16. verloren zu haben als man ursprünglich angab, vielleicht sind diese am 18. beizurechnen. Es mag sein, daß sie 15 000 einbüßten, davon weitaus am meisten das Korps Ladmirault, inklusive 2000 Gefangene Canroberts. Jedenfalls hat nur der preußische Soldat die Schlacht gewonnen, außer Kronprinz Albert blamierte sich jeder

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