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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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zwischen dem Malermeister Becker in Frankfurt und dem Menzel aus Berlin kein Unterschied. Es hätte ihn die Prophezeiung baß verwundert, daß dieser Knirps das Gewimmel von Prinzen, Militärs, Staatsmännern recht dauerhaft überleben werde und um Haupteslänge über sie emporrage. Doch wer wußte damals von Menzel und außer beschränkten Staatskreisen von dem Koloß, der an ihm vorbeischritt! Der kleinste und der ziemlich längste Mensch in dieser erlauchten Versammlung bildeten einen Augenblick eine historische Gruppe für Kodak und Kino, die es leider noch nicht gab.
    »Det is eene jiftige kleine Kröte«, schnarrte der alte Wrangel, indem er Otto leutselig grüßte. »Der Malehr, der Pinselehr! Ik habe ihm in meene populäre Art ufn Zahn jefühlt. Wird das Kerleken grob gegen mir, den ollen Papa Wrangel. Det gemeine Volk sind allens Rote. Keen Respekt nich! Nu, mein Sohn, dir jeht es jut? Kann mir denken, die Herrn Diplomatiker dinieren ihr janzes Riesenjehalt oder, wie der Berliner sagt, verfressen die Moneten.«
    »So schlimm wird's wohl nicht sein, Herr Feldmarschall.« Otto reckte sich gemessen auf.
    »Nanu, ne! Es schlägt dir ja jut an, mein Sohn. Du wärst'n schneidiger Kürassier geworden. Als ich bei Etoges die berühmte Attacke kommandierte –« Und nun stieg wieder die alte Geschichte, die hundertmal gehörte. Otto dachte bedenklich: Wenn das unsere höchsten Führer sind! Gottlob höre ich von Roon andere Dinge. Der kleine Oberst Blumenthal, den der Prinz von Preußen sich als Stabschef ausbat, und ein gewisser Moltke sollen Grütze im Kopf haben, auch Prinz Friedrich Karl hat Grips. –
    Der neue Minister Graf Bernstorff hatte etwas Gräfliches und sich in London eine steife Korrektheit angewöhnt. »Ich kenne Ihre Meinungen, Exzellenz. Doch man ist in London so sehr gegen Rußland eingenommen.«
    »Wen interessiert denn das? England will uns nicht nützen und kann uns nicht schaden.«
    »Aber ich bitte Sie! Bei der nahen Verschwägerung beider Fürstenhäuser.«
    »Woraufhin England uns als seine kontinentale Filiale betrachten möchte. Übrigens weiß es selber nicht, was es will, es sei denn das nämliche wie immer: einen Kontinentalen gegen den andern hetzen. Das ist sein Geschäft.«
    Bernstorff blies sich auf. »Ich sah diese Dinge mehr aus der Nähe. Die englische Politik hat einen weiten Horizont.«
    »Sicher. Soweit seine Kolonien reichen. Alles übrige ist ihm eitel Dunst. Jetzt will es Österreich gegen Rußland, Frankreich gegen Österreich und womöglich auch gegen uns ausspielen, möchte in Italien als Schirmherr gepriesen werden und ist eifersüchtig, daß Napoleon ihm diese Schüssel wegnahm, wird aber deshalb auch nie eine Hand für Österreich rühren.«
    »Man ist über Napoleon schon deshalb ungehalten, weil er geflissentlich seine Seemacht vermehrt und in seinen Häfen Truppen zusammenzieht, um England zu terrorisieren.«
    »Das alles zeigt nur den allgemeinen Dissens der Mächte. Uns liegt ob, davon Vorteil zu ziehen.«
    »Ich hatte neulich die Ehre, von Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin einer politischen Unterhaltung gewürdigt zu werden. Englands Wohlwollen wird uns sicher Früchte tragen.«
    »Ich danke für Obst und ähnliche Südfrüchte, sagt der Berliner. Englands Freundschaft hat noch keinem etwas eingetragen, siehe Friedrich den Großen und Blücher-Waterloo. Ich für mein Teil fühle kein Bedürfnis, ihm die Taschen zu füllen und nach dem Munde zu reden. Wir haben einen Freund, Rußland, und einen möglichen Associé, Frankreich.«
    »Österreich schalten Sie völlig aus?«
    »O ja, ich schalte es aus.« Bernstorff verstand nicht das etwas unheimliche Lächeln. Er rang nach Worten, er rang nach irgendeiner eigenen Anschauung, um diesem allzu burschikosen Untergebenen entgegenzutreten. Doch es fiel ihm nichts ein. Nur bemerkte er mißtrauisch: »Ihre Majestät die Königin zeichnen Sie in auffälliger – ich meine, auffallender Weise aus.« Offenbar hatte er selber nicht das Glück, der hohen Frau zu gefallen. Diese hatte Otto schon in überaus huldvoller Weise gegrüßt und blieb jetzt bei einem Rundgang, als sie am Arme des Königs heranschwebte, vor ihm stehen.
    »Sieht man Sie mal wieder, mein lieber Bismarck? Ich bedaure, daß ich schon lange nicht das Vergnügen hatte, mit Ihnen über deutsche Dinge zu plaudern. Manche Ihrer Ansichten sind mir nähergekommen.«
    »Erlaube, hier ist wohl nicht der Ort –« suchte der König abzubrechen. Sie fuhr

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