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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Abschied.
    *
    Das alte Jahr ging ohne Sang und Klang zu Ende, doch das neue leitete sich mit einer Trauerbotschaft glücklich ein. Der umnachtete König starb. Nicht ohne Bewegung äußerte Otto sich im Familienkreis: »Mit allen Launen war er mir doch ein gütiger Herr, ihm verdanke ich meine Laufbahn, wenn ich sie so nennen darf. Gewiß schadete er unsäglich. Er war eben kein Geschäftsmann.« So sagte er ständig für Staatsmann. Das verriet, da er auch für die größten Angelegenheiten immer »die Geschäfte« sagte (mit Anklang an les affaires ), wie kühl realistisch dieser Ideenmensch sein Handwerkszeug auffaßte. »Doch hat die Vorsehung es vielleicht wohlgemacht, daß seine Regierung uns zwanzig nutzlose Jahre kostete. Die Dinge waren nicht reif, und unter ihm wäre die Einheit ein totgeborenes Kind der Schwäche geworden. Jetzt – abwarten!«
    Im Mai hatte man einen Gast von Ruf, den Professor Brugsch-Pascha, den bekannten Orientreisenden. »Und Sie weilten so lange in Persien? In so weite Fremde sind Sie gewandert?« Die Frau Gesandtin begriff nicht, wie man Weib und Kind so lange verlassen könne, die gute Seele. »Wir Frauen können es nicht fassen, daß man soviel für die Wissenschaft opfern kann. Gott sei bedankt und gepriesen, daß Sie nun in den Schoß Ihrer Familie zurückkehren, Herr Professor.« Dem gelehrten Reisenden wurde es warm ums Herz in dieser Familie, die er schlicht, einfach und herzlich fand ohne jede Hochnäsigkeit und Vornehmtuerei, weil ihm natürlich die Sitten eines wahrhaft großen Herrn, dieses vrai homme du monde wie seine russischen Freundinnen ihn nannten, nicht geläufig waren. Es herrschte freilich eine Sparsamkeit, wie sie die übermäßige Teuernis Petersburgs bei unzureichendem Einkommen gebot. Am andern Morgen früh auf, traf Brugsch die Exzellenz unterwegs mit einem Burschen, der einen Korb mit Holz trug. »Ah, guten Morgen, lieber Professor! Gut geschlafen? Ich gehe oft morgens aus, um für die Ofenspeise zu sorgen, denn sonst wird man beim Holzkaufen immer betrogen, wenn man nicht selber zum Rechten sieht. Ich höre, Holstein hat Sie zu einem Abschiedsdiner heut abend eingeladen. Ich fürchte, meine Frau läßt mich nicht fort, russische Herrendiners hat sie auf dem Strich. Na, ich will sehen, was sich diesmal machen läßt. Auf Wiedersehen!«
    Der Legationssekretär v. Holstein unterhielt Brugsch mit Lobeserhebungen auf seinen Chef. »Alle Kreise der Petersburger Gesellschaft sind ihm gewogen, allerhöchstenorts steht er in besonderer Gunst. An diesem außerordentlichen Manne ist alles groß, und so imponiert den Russen am meisten seine Körperkraft. Sie sollten ihn auf der Bärenhatz sehen! Furcht kennt er nicht und stellt sich dem zottigen Unhold selbst mit dem Hirschfänger.«
    »Da gibt's ein feines Jägerlatein,« lachte der Militärbevollmächtigte Freiherr v. Loen, der mit von der Partie war, »wie Bismarck mit den sieben Suppenschwaben auf die Bären losfuhr. Bei der Rückkehr ward einer gefragt: ›Wie ging's?‹ Da sprach der Brave: ›Schlecht ging's, Väterchen. Kaum trabt der erste Petz heran, da schießt der Preuße ihn schon tot, da kommt der zweite, wieder ein Kapitalschuß, der dritte, und wir fehlen alle, nur der verdammte Preuße erlegt ihn. Weiter ist uns kein Bär mehr zugelaufen, Väterchen!‹ Ja, ja, so scharf schießen die Preußen.«
    Der Hauptmann v. Eckert meinte: »In hohen Stiefeln und Jagdrock sieht unsere Exzellenz aus wie ein alter Recke aus der Urzeit. Er hat Jagdglück in allen Dingen. Weidmanns Heil! Haben Herr Professor schon die zwei kleinen Petzchen gesehen, die er aufzieht? Die werden manchmal als Hofnärrchen bei Tafel serviert, klettern auf dem Tisch herum und kneifen die Diener in die Wade. Haben Sie nicht in der Ecke die kleine Rutschbahn bemerkt? Für die Kinder und die Petzchen. Exzellenz liebt alle Tiere und die Tiere ihn, die stumme Kreatur hat oft mehr Menschenkenntnis als Menschen.«
    Es ging auf zehn Uhr, das vornehme Restaurant geriet in Bewegung, als die hohe Gestalt des Herrn Gesandten grüßend an den Tischen vorbeischritt. Es kannte ihn jeder. »Na, Kinder, da bin ich. Heut wollen wir guter Dinge sein, denn die letzten Depeschen aus Berlin sind nicht schlecht. Einen braven Schluck werde ich mir endlich auch mal erlauben, obschon meine Gebieterin mir die erbetene Erlaubnis abschlug. Einmal muß auch der Pantoffelheld echappieren und über die Klinge schlagen. Ein deutsches Prost!« Das Pokulieren, da Brugsch

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