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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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die Finger zu verbrennen. Otto instruierte den General:
    »Die Großfürstin Konstantin trägt schon polnisches Kostüm, und der Großfürst möchte Vizekönig werden. Der Zar hat sich aber meinen Vorstellungen nicht verschlossen und hält nichts mehr von den Polonisten – oder soll ich sie Poloniusse nennen? – am russischen Hofe, darunter befinden sich viele Liberale, die eine Verfassung erstreben, welche der Zar nicht weigern könnte, wenn er den Polen erst eine Separatverfassung gäbe.«
    »Aber Gortschakow tanzt doch auch die Polonaise mit?«
    »Für den slawischen Bruderstamm. Geben Sie acht, da braut eine gefährliche Suppe für die Zukunft, der sogenannte Panslawismus. Beim alten Gortschakow spielt wie gewöhnlich die Eitelkeit mit, wenn er seiner Phantasie Audienz gibt, oder sagen wir auf gut Deutsch: seiner Einbildung. Er ist ein großer Redner und möchte hochtönende Reden an die Polen halten, die in Pariser Salons bewundert werden. Doch außerdem ist er ja immer pfiffig genug und hält es für einen politischen Schachzug, panslawische Strömungen unter Rußlands Protektorat zu stellen.«
    »Wenn ich also recht verstehe, stehen sich die monarchischen Absolutisten als Polenfeinde und die Panslawisten als Polenfreunde gegenüber?« »Ja, nach dieser Richtung müssen Sie die Sachlage behandeln.«
    Der polnische Aufstand machte viel Lärm, aber wenig Fortschritte. Jedenfalls erleichterten Preußens Besetzung der Grenze und polenfeindliche Haltung die Niederwerfung, sehr im Interesse Preußens, das diesmal Rußland mit starker Hand aufrichtete. Natürlich hieß es überall umgekehrt, Preußen habe sich zum Werkzeug russischer Tyrannei hergegeben. Die ganze revolutionäre Internationale heulte, und die Fortschrittspartei deklamierte hochherzig gegen preußische Henkersknechte, während ihre polnischen Mitglieder unverfroren die Abtretung Posens verlangten.
    »Diese Niedertracht, preußische Truppen als Rußlands Schergen zu mißbrauchen, steht auf gleicher Stufe mit dem Menschenhandel der verkauften Hessen und Braunschweiger im amerikanischen Befreiungskrieg«, bemerkte Sybel tiefsinnig, worauf Waldeck nicht umhin konnte zu bedauern, daß die Regierung, falls sie deshalb mit einer fremden Macht in Krieg gerate, von der Volksvertretung keinerlei Kriegskredit erhalten werde.
    Und es roch scheinbar nach Pulver. »Diese Seeschlange macht jetzt in der ganzen europäischen Presse die Runde«, lachte Otto sich vertraulich bei Roon aus. »In Exeterhall besingen sämtliche Philanthropen das edle Polen, die Presse überhäuft uns mit Schimpfreden, und die Regierung tut, als wolle sie intervenieren. Lauter Blague. England ist immer nur da, wo es etwas zu holen gibt und unterstützt Polen mit seinem wohlfeilsten Ausfuhrartikel, mit Zeitungsartikeln. Palmerston, der große ›Feuerbrand‹, haßt Napoleon seit dessen Flottenrüstungen zu sehr, um nach dessen Pfeife zu tanzen. Auch in den Tuilerien schwingt man schon tumultuarisch die Kinderklappern Freiheit und Menschheit.«
    »Der verdammte Einbrecher! Überall möchte er räubern, nachdem es ihm zu Hause so gut gelang. Sein Flöten nach Barmherzigkeit und Befreiung meint doch sicher nur Schnappen nach preußischem Territorium.«
    »Ja, er scheint mich getäuscht zu haben, doch er bleibt eine solche Sphinx, daß man nie seine Maske durchschaut. Er protegiert zwar jetzt Metternich und hat sich Österreich genähert, um in der Polenfrage auf Rußland zu drücken. Doch ich glaube, er hat schon heut die Geschichte satt und schiebt England vor, das bei uns protestieren wird, um sich von der Welt seine Freiheitsliebe und besonders allgemeine Menschenliebe bescheinigen zu lassen.«
    Diese schöne Geste blieb nicht aus. Der britische Gesandte, Sir Alexander Buchanan, erschien steif und feierlich mit einer geharnischten Note des Lord John Russel, Minister des Foreign Office, worin England seine Entrüstung über die unentschuldbare Konvention mit Rußland ankündigte und sich eine Kopie der Konvention ausbat. Otto maß den Briten mit einem sonderbaren Blick. »Ich fühle nicht die geringste Veranlassung, einem so eigentümlichen Verlangen zu willfahren.«
    »Lord Russel beabsichtigt –« begann der Brite pomphaft.
    »Zweifellos etwas Menschenfreundliches. Ich bitte, mich Seiner Lordschaft zu empfehlen. Entschuldigen Sie mich, bitte, gütigst, wenn ich jede weitere Erörterung auf gelegenere Zeit verschiebe. Ich bin außerordentlich beschäftigt.«
    Der Gesandte erschien ein

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