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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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hinaus, das nennt Hanotaux »Manövrieren«, während der sinnlos freiwillige Abzug der 6. und 7. A. natürlich »erzwungen« war: Ja, Bauer, das ist ganz was anderes! Es erheitert, wenn allerlei Dilettanten vor gläubigem Publikum orakeln und »Feldherrn« Ideen unterschieben, die diesen Herren ganz fern lagen. Mommsen nennt es den Fluch der Monarchie, daß kaum einmal in Jahrhunderten auf dem Throne Einer sitzt, der zum Herrscher geboren. Es ist der Fluch jeder Militärhierarchie, daß so selten Jemand Heere leitet, den eine Vereinigung verschiedener Eigenschaften dazu bestimmt. Ohne durchdachte Theorie und kriegshistorische Schulung bleibt jeder Kommandierende ein Stümper, doch der beste Theoretiker versagt als Armeeleiter, wenn ihn nicht gewisse Charakterelemente unbeugsamer Willenskraft zu Gebote stehen. Wir sehen es an Erzherzog Karl, das Umgekehrte an Blücher, dessen dämonischer Instinkt gegen Gneisenaus Widerstreben die Entscheidung bei Belle Alliance erzwang. Jedenfalls hat Foch kein Recht, absprechend über deutsche Strategie zu urteilen, da die Entente nur einen einzigen Feldherrn besaß, nämlich den Pechvogel Nikolajewitsch. Wenn Ludendorff (vergl. das Buch des späteren Französischen Stabschefs Buat) über Strategie spottet, so sägt er den Ast ab, auf dem er sitzt, wohl in unklarer Verkennung des Begriffs. Denn Hindenburg-Ludendorffs Maßnahmen waren stets ganz und gar von Strategengeist durchtränkt.

Sonstige Entwicklung bis 5. September.
    Es gehörte zu Moltkes Mißgriffen, daß er am 27. August Kluck von Bülows Aufsicht entband. Ihm fehlte so sehr aus seiner Ferne in Luxemburg der Überblick, daß am 2. Sept. sein ganz unbegründetes Ansinnen an Bülow hineinschneite, Stützung Hausens durch Bülow bei Ch. Porcien sei dringend erwünscht. »3., 4. und 5. A. in schwerem Kampf gegen überlegene Kräfte«? Daß jeder Unterführer von überlegenen feindlichen Kräften fabelt, ist bekannt; ein Oberfeldherr sollte sich aber an Napoleons Donnerwetter gegen dies übliche Laster erinnern und gar erst nicht einem Unterführer durch solche Redensarten bange machen. 3. A. bedurfte gar keiner Unterstützung gegen mäßige Kräfte, 4. A. focht gar nicht mehr, 5. A. hieb den Feind vor sich her. Was denkt man von solcher Verkennung der Sachlage?! Verspäteter Funkspruch Hausens zerstreute denn auch jede Besorgnis, mittlerweile drehte aber Bülow schon nach Südost ab, wodurch die nötige Richtung nach Südwest aufgegeben und die Verbindung zu Kluck aufgegeben wurde. Für dessen Manöver fehlt uns das Verständnis. War es als exzentrische Fortsetzung riesiger Umgehung gedacht, durch welche Paris gleichsam schon mit den Augen zerniert wurde, so ließ sich voraussehen, daß mit dem Spatz in der Hand auch die Taube auf dem Dach entwischen werde. Denn die maßlose Verzettelung von Amiens bis Compiegne und weiter bis zur Marne verbot rechtzeitige Bereitschaftstellung für Flankenangriff. Marrwitz hing sich keineswegs Frenchs Abzug über Meaux an, sondern ließ schon im Oisetal locker und begrüßte nur über La Ferté Milon den aus Norden anreitenden Richthofen. Bülow, der Klucks Verhältnisse immer nur aus dessen Rapporten kannte, machte sich lauter unzutreffende Bilder. Wollte Kluck etwa über Abbeville einen Handstreich auf Calais unternehmen und die Küste für englische Landungen sperren? Dann mußte er sich wenigstens im Nordwesten zusammenhalten und selbständig operieren, d. h. sich von der Hauptmacht trennen, deren Flankenschutz ihm aber gerade Moltke befahl. Möglich, daß im Hauptquartier dilletantische Einflüsse mit Doppelbedrohung von Calais–Paris rechneten, uneingedenk der Lehre, daß nicht strategische Punkte, sondern Zerreibung der beweglichen Feindesmasse den Ausschlag geben. Besetzung von Calais wäre allerdings ein politischer Trumpf gewesen. Ob ein glücklicher? Es hätte England nur zu früherer Aufpeitschung seiner Freiwilligenarmee gereizt und selbst seine Neutralisten zu Kriegstrompetern umgewandelt, wenn man so den Teufel wirklicher Invasion an die Wand malte. Wer wie Müller-Brandenburg den Schlüssel des Erfolges in Calais sucht, rennt einem Schatten nach. Selbst bei Verhinderung englischer Landungen zwischen Dünkirchen und Dieppe hätte man die Ausschiffung westlicher verlegt, auch hätte die Entreißung der französischen Küste nur als Aufstachelung gewirkt, es an der belgischen zu versuchen. Ein so weites Ausrenken der Front würde ohnehin den ganzen deutschen Heeresaufbau

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