Bismarck 04
sie am Schopf,
Ins schwarze Meer sie untertaufen,
Daß sie darin Hals über Kopf
In alle Ewigkeit ersaufen!
Er hatte es französisch gedichtet, doch den Sinn in gutdeutscher Frakturschrift bei Zorndorf den tierischen Mongolengesichtern mit dem Schwerte eingeschrieben. Nur war die zornige Zorndorfschlacht ein Kinderspiel neben dieser Vernichtungsschlacht, zahlenmäßig der größten und schrecklichsten, von der die Geschichte meldet. Dies doppelt vergrößerte Cannä machte auch die Legende von Austerlitz wahr, wo angeblich so viele Russen im großen Teich ertranken. Die Leiche des im Gemetzel umgekommenen Feldherrn entdeckte man erst später im Wald, von Raben angepickt. Dieser beliebteste und persönlich ehrenhafte russische Führer hatte aber auch zu den Greueln, die seine Korpschefs in aufgefundenen Tagesbefehlen anordneten, ein Auge zugedrückt. Nie donnerte so schnell auf Verbrecher, auf der Tat ertappt, ein so grausames Strafgericht hernieder. Das 13., 15. Korps waren völlig aufgerieben, ihre kommandierenden Generale fielen in Gefangenschaft mit 93 000 Mann, 350 Geschützen. Aber zahllose Tote und Sterbende, nur zum geringen Teil Verwundete, bedeckten das Schlachtfeld. Der bei Soldau abgesprengte Rest floh zersprengt nach Polen, die Narewarmee hatte zu bestehen aufgehört. Wahrscheinlich sind nur ihre drei Reiterdivisionen, die sich völlig tatlos verhielten, in einiger Stärke entkommen. Die Marienwerder Landwehr verfolgte energisch bis 3. September auf Mlawa. Eine ursprünglich deutsche Angabe, 159 000 russische »Tote« seien gezählt worden, ist zwar ebenso phantastisch, wie die üblichen Angaben der Ententeberichte. Es soll dies nämlich die ungefähre Gesammtziffer inkl. Gefangenen sein. Hindenburg selbst nannte gesprächsweise 70 000 russische Tote und Verwundete, »Reichsarchiv« sagt 50 000, und betrug daher die reine Gesamteinbuße gewiß über 150 000, die sich durch völlige Zersprengung tatsächlich noch steigerte.
Mit der Unermüdlichkeit und Unersättlichkeit des echten Feldherrn hielt Hindenburg sein Werk nur für halb getan, wenn die andere feindliche Macht noch den deutschen Boden besudelte. Die innere Linie erfordert zu ihrer Ausnützung die äußerste Beweglichkeit und rastlose Tatkraft. Den Truppen das Äußerste zuzumuten, sie von einem Schlachtfeld sofort auf ein anderes zu verpflanzen, geziemt der gesunden Unerbittlichkeit der wahren Feldherrnnatur. Diese rücksichtslose Energie, immer die schärfste strategischste Logik im Auge, darf sich nur ein Kriegsgenie erlauben. Doch wir wissen von Napoleon, Friedrich dem Großen und anderen, daß ein Heer alles willig auf sich nimmt und selbst unmöglich scheinenden Anforderungen genügt, wenn es sich von einem berufenen Sieger geführt fühlt. Jede Veranschlagung menschlicher Bedürftigkeit dürfte man vollends hier ausscheiden, wo die Ost- und Westpreußen wörtlich für Haus und Herd, für Reinfegung der Heimat von nichtswürdigem Barbarengesindel stritten. Das südliche Ostpreußen befreiend, stand für sie noch Befreiung des Nordteils aus. So zog denn Hindenburgs Heer frohgemut und bitter entschlossen neuem Sieg entgegen. Der Retter Deutschlands, aus seinen Mannen das Höchstmaß herausholend, holte vom Fleck zu neuem vernichtendem Schlage aus. Am 2. stand das 1. Korps erneut gesammelt, um sich auf Geheiß des Meisters gehorsam in Marsch zu setzen, hier wo die zerstörte Bahnlinie längs der Ostgrenze keinen bequemen Truppenabschub gestattete. Gewaltmärsche wurden verlangt auf schwierigem Gelände, sie wurden vollbracht über jedes Erwarten, bis zu 55 km pro Tag. Solche Leistungen werden für alle Zeit die Geltung der Ostpreußen als Krieger allerersten Ranges verbürgen. Mit Stolz wird Deutschland ewig seiner treuen Söhne gedenken.
III. Umgruppierung – Schlacht in Masuren
Die bisher ostwärts wehenden Banner flatterten also jetzt nach Norden. Alle frisch von Westen anlangenden Verstärkungen warf Hindenburg per Bahn nordöstlich nach Friedland über Eylau und Heilsberg als linken Flügel, während das Tannenberg-Heer meist in Eilmärschen nordwärts der Linie Angerburg–Goldap–Gumbinnen zustrebte. Wann immer Rennenkampf die Zertrümmerung der Schwesterarmee erfuhr, jedenfalls fiel er jetzt in reine Defensive zurück, wo vielmehr rasche Offensive über Allenstein selbst jetzt noch das naheliegendste Mittel bot, die Deutschen zu umklammern, ihren Vor- und Aufmarsch zu stören und sie im üble Lage zu versetzen. Seine
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