Bismarck 04
nicht die Stellung. Denkt man an die Marne-Schwächlinge Bülow und Kluck, so bekommt man plötzlich Achtung selbst vor Sir John Falstaff-French. So lag er und so führte er seine Klinge: »Meine Armee ist an Mut und Ausdauer Mann für Mann jedem Deutschen überlegen.« Solch unheilbarer Größenwahn schmeckt schon mehr nach Don Quixote. Da man die Südgruppe im entscheidenden Augenblick um mindestens 6 Regimenter schwächte, deren allzu weite Entsendung nach Arras und Lys dort entbehrt werden konnte, vor Ypern aber den Ausschlag gegeben hätte, so konnte der glänzende Anfang nicht zu glänzendem Ende führen. Überschaut man das militärisch Erreichte, so erkennt man unmutig, daß Druck aus Norden, auf den man sich verließ, nie Entscheidung im Süden bringen konnte. Immer der alte Wahn doppelseitiger Umfassung, das Sedan-Cannä-Phantom Schlieffens. Frenchs Bericht verspätete sich um viele Wochen, da er die Not nicht eingestehen wollte, im Sommer war er schon wieder oben auf, um die oben zitierte Frechheit zu versichern. Doch er wußte, daß sein Schicksal an einem Faden hing, als am 1. Mai das schon am 24. von allen Einwohnern verlassene Ypern an vielen Ecken brannte, über dem sich die Eisenballen kreuzten. Wie in Dixmuiden der Rathausplatz einen Granattrichter vorstellte, aus dem hinausgeschleuderte Pflastersteine als Schützengrabenwall aufragten, so konnte auch Yperns schöne Bauart nicht geschont werden. Über allen Schlössern und Meilern der Umgebung schwebten Schrapnellwölkchen, Granateinschläge machten Langemark zu einem durcheinander geschüttelten Steinbruch, Kirchenpark und die lange Allee nach Poelkapelle wie von Erdbeben vertilgt, erschlagene Baumriesen aufeinander geschichtet. Massengräber oder auch nicht aufgeräumte Leichenhügel, an denen Proviantwagen vorbeihumpelten, zeichneten sich auf photographischen Fliegeraufnahmen ab, wo früher der Schlachtorkan hinfuhr.
So fiel die ganze berühmte Langemarkstellung auf einen Schlag, und als im Teich von Bellewarde sich deutsche Helme spiegelten, da schien Einkreisung ausgereift? Nichts davon, Mißerfolg sprach sich für diese Absicht immer schroffer aus, zuletzt redete er in Norden eine so deutliche Sprache, daß H. Albrecht abließ. Man nahm ihm das Berliner Freiwilligenkorps, das er nutzlos in den Tod schickte, neu aufgefüllt brachte es in Galizien neue Opfer, doch wenigstens nicht nutzlose! Die Schuld an Nichtdurchführung wirklicher Entscheidung messen wir nur der deutschen Führung bei. Die verfehlte Anlage aus Nord-Nordost kostete so viel Menschen, daß nachher die Kraft zur Auswirkung gebrach. Immer wieder war dort Defensive, möglichst starke Offensive im Süden der vorgezeichnete Weg. Man schlug ihn nicht ein und hatte das Nachsehen. Der schönste taktische Sieg bleibt nichtig, wenn strategische Ausnutzung unmöglich.
Die kärglichen Trophäen des Maisiegs ( kein Geschütz, 1100 Gef.) ehren den Gegner. Doch verschwanden ganze englische Brigaden von der Bildfläche. Noch lange erzählte man sich im Biwak von einzelnen Todesstätten wie der »Granatfalle« der B.-Div., der nichts Lebendes entrann. Bei den Kanadiern war nur noch ein Stabsoffizier am Leben, eines ihrer Bataillone verlor über 75%. Gemessen am deutschen Verlust, kann der »ungeheuere« verbündeterseits kaum unter 60 000 und darüber betragen haben. (Offizielle Angabe englischen bisherigen Gesamtverlustes 250 000, der Speaker sagte aber schon im Parlament 500 000, krauser Widerspruch!) Fortan fraß ihnen die Kanonade jeden Tag Leute weg und das wichtigste taktische Ergebnis deutscherseits blieb, daß man mit Minimum von Kräften (1916 rückte auch Deimling nach Verdun ab) vermittels der jetzt erworbenen Artilleriestellung eine verbündete Masse niederhielt in ihren voll Wasser stehenden Kanalgräben. Doch jede Aussicht auf Abschneiden dieser mehr oder minder Eingeschlossenen schwand, taktischer Erfolg artete in strategische Nullität aus. Gegenseitige Planlosigkeit ohne Innehalten fester Gesichtspunkte brachte auch Foch um jede Klarheit, immer nur bekümmert um die belanglose Norddrohung. War French sich der Gefahr bewußt, als Foch in ihn drang, ostwärts das Feld zu halten? Für ihn war das Richtige, aus Leibeskräften nach Süden einzudrehen, doch erst in der Nacht zum 3. gab er den Ostbogen auf, dessen Schlüssel- Scheitel- und Schnittpunkt der Eckpfeiler Zonnebekewäldchen. Am 2. legte sich anscheinend der günstige Nordostwind, was die Gaswirkung beeinträchtigte,
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