Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
»Sklavenkleid« und die Vorgesetzten als persönliche Feinde betrachtet, dann ist es aus. Oder waren diese früher so unbeugsamen Krieger nur politisch gereizt, indem sie nach dem Krieg keine Besserung, sondern reaktionäre Verschlechterung der Innenlage voraussetzten? Nein, es trat anderes hinzu. Ein Heer hat den feinsten Instinkt, ob es weise geführt wird. Doch der Zauber des Namens Hindenburg schwand, das Vertrauen löste sich in Unmut, Prinz Rupprecht selber gab ein Mißtrauensvotum, als er die Front verließ. In Lud. haben wir einen Mann von Imperatorstil, der dem geistlosen Philistergeneralstab ent- und über den Kopf gewachsen schien. Doch in der letzten Schlußphase beschattete ihn der gleiche Ungeist, der nur mit Taktik und Technik wirtschaftet, und bei Umschlag in Mißerfolg sogar die Kluck–Bülow-Zagheit der Marneschlacht. Einseitige Vorstöße, endlose Pausen, Verzettelung und Sorglosigkeit, die dann Foch rechtzeitige Verschiebung an allen Punkten gestattete. Von Vabanquespiel freilich keine Spur, seine Anschwärzer haben wie seine Verherrlicher noch das ABC zu lernen. Wie so Vieles im Weltkrieg, war auch das Ende etwas nie Dagewesenes, plötzlicher Nieder- und Untergang, wo zum ersten Mal der Endsieg Deutschlands greifbar nahegerückt schien. Als ob auf Austerlitz unmittelbar Waterloo folgte! Und doch erkennen wir auch hier nur fortwirkend gleiche Ursachen des Mißerfolges wie seit Anbeginn. Warum ließ Lud. 3 Monate seit dem Dezembersieg verstreichen, bis er Offensive eröffnete? Politische Sehnsucht, die Entente werde zur Vernunft kommen und die Friedenshand entgegenstrecken, kränkelte aus der Heimat auf das Feldlager ein. Michelhafte Unkunde in Völkerpsychologie, aus eigener Charakterlosigkeit auf den Gegner schließend, verkannte dessen moralische Hemmungslosigkeit im radikalsten Imperialismus bis zum Äußersten. Da die Westmächte sich zu Deutschlands Vernichtung verschworen und es ihren machtvollen Völkern versprachen, wäre jeder Ausgleichfrieden für sie Blamage und moralischer Tod gewesen. Sie wußten, daß sie ohne Sieg ruiniert und verloren waren. Gegen solche Feinde, die ihre Raserei auf die Spitze trieben, mußte man den Weltkrieg verlieren, wenn Deutschlands Stärke nicht von einem ethischen Genie gelenkt wurde. Das aber war Ludendorff nicht. Wohl glich er nicht Gneisenau, dessen Bedenklichkeit und Mangel an Selbstvertrauen er nicht teilte. Doch die lange Kränkungszeit, wo man ihm heimtückisch und hinterrücks ein Bein stellte, scheint seinem stürmischen Impuls einen Knacks gegeben zu haben, von dem er sich nicht erholte, als ein Pronunciamento des Heeres ihn an die Spitze stellte. Wie spät fand er sich wieder im befreienden Gedanken, daß nur Offensive dem Feind das Konzept verrückt! Wo blieben sowohl Methode als Elastizität, wenn er sein Material mal westlich, mal nördlich, mal südlich umgruppierte, als ob die Masse der Gasgranaten das Wesentliche wäre und nicht die lebendige Dynamik der Streitermassen auf einem Entscheidungspunkt vereint, statt mal hier mal da die Front abzutasten im Banne taktischer Augenblicksrücksicht. Psychologie war ausgeschaltet, denn nichts Törichteres konnte man anstellen, als das stete Aussetzen des Angriffs. Hat man einen Bazillus im Blut, so reift er am verderblichsten aus durch Ruhe; nach Schlangenbiß muß man rennen bis zum Umsinken. Die wildesten unablässigen Anstürme der im April noch siegeslustigen Truppen hätten den moralischen Faktor aufrecht erhalten, in den endlosen Wartepausen schlich sich das Kriegsmüdigkeitsfieber ein; Zweifel und Mißmut, daß man der Entscheidung nicht näher rückte. Zuletzt verlor L. so den Kopf, daß er 5 frische Div. für den Balkan bestimmte, als es dort zu spät war, und das Alpenkorps bei den Österreichern beließ, wo es nichts mehr half, statt es zur Kräftigung der Entscheidungsfront zu verwenden. Delbrücks Rüge, man habe sich in Frankreich rein defensiv verhalten sollen, in Italien habe der Sieg zu Deutschlands Füßen gelegen, ist lächerlich. Die 14. A. hatte den Monte Grappa nicht überschritten, die k. k. A. befand sich überhaupt nicht in der Verfassung zur Offensive. Entsendung von 50 D. dorthin hätte nur unnütze Opfer gegen die neue Bergstellung der Italiener gekostet und Italien lag zu fest in den Geierkrallen der Westmächte, um sich davon loszureißen. Nur in Frankreich mußte Entscheidung erzwungen werden vor genügender Ankunft der Amerikaner.
    Die Zeitvergeudung zeugt von

Weitere Kostenlose Bücher