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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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kampflüsternen französischen Bauern defensive Bündnispflicht mundgerecht zu machen. Ungeheuerlich wird Greys Heuchelei, da er schon 1904–06 mit Frankreich einig ging, englische Regierungsmänner, Admirale und Presse unverhohlen mit Krieg drohten, 1911 Verschickung englischer Truppen nach Frankreich vereinbart, 1912 Überfall der deutschen Flotte mit geheimer Konnivenz Wilsons vorgesehen war. Ein englischer General machte einem Deutschen, den er für einen Amerikaner hielt, in Südafrika genaue Angaben, wie bald man das Netz zusammenziehen werde, Japaner äußerten sich ähnlich. Später redete sich Grey heraus: Was immer Deutschlands Schuld gewesen sei, so habe doch allgemeine Weltrüstung den Krieg veranlaßt, weil er für Abrüstung Stimmung machen wollte, die ihm jetzt paßte. Lloyd George fabelte, die Staatsmänner seien in den Krieg hineingetaumelt, ohne ihn zu wollen. Auch das ist Wahrheitsverdrehung. Schon 1911 bearbeitete Nicholson bis ins Kleinste Offensive gegen Deutschland bis Juli 1914. So liefern Lord Fishers Verweisung auf August 1914 als Kriegstermin und des serbischen Geschäftsträgers auf Verschiebung bis 1914/15 das wertvollste Eingeständnis neben russischer Äußerung von 1912: »Wir sind noch nicht fertig, brauchen noch 2 Jahre« und Neujahrsartikel 1914, »daß wir uns zum Vernichtungskampf gegen die Deutschen rüsten«. Januar 1914 sorgte das französische Kriegsministerium für Mehlproviantierung von Paris, im Februar gab es außerordentlichen Kabinettsrat über den nahen Krieg, im März versicherte Grey einem Panslawisten, England werde am Weltkrieg teilnehmen, der in Bälde ausbrechen werde, während ein russischer Historiker einem Berliner Bekannten im Juni Gleiches ankündigte. Schon im April sahen deutsche Reisende die sibirischen Bahnen mit Militärzügen überfüllt, schon zu Neujahr begann Grenzvorbereitung, England stellte Transportschiffe für Landung der Russen in Pommern zur Verfügung. Dies alles sollte genügen: Über jeden Zweifel steht fest, daß die Entente auch ohne Österreichs Ultimatum den Krieg beschloß. In Balmoral versprachen König George und Grey an Sasonow, sie würden Deutschland zerschmettern. Diplomatische Verhandlungen, ausdrücklich als »Kriegsmittel« vorgesehen, verhüllten anfangs nur die wahre Kriegsursache, daß man erreichen wollte, was der Versailler Frieden offenbarte. Ob man sich besonnen hätte, wenn man die Überlegenheit deutscher Wehrmacht ahnte? Vielleicht, denn Curzons Frohlocken über baldiges Stelldichein indischer und russischer Lanzenreiter in Berlin läßt darauf schließen, daß man sich in lächerlicher Täuschung wiege. Doch die unbeirrbare Hartnäckigkeit, womit man immer neue Hekatomben brachte, die ganze Erde gegen uns aufwühlte, jeden deutschen Friedensvorschlag höhnisch abwies, zeigt die Entschlossenheit zum Äußersten. Seit 25. Juli 1914 blieb jeder Friedenswahn ohnmächtig gegen unbedingten Kriegswillen, der laut der eigenen Lugbegründung des Versailler Diktats die allerschwerste Strafe verdient.
    Mit deutscher Spießbürgerei läßt sich nie große Politik machen, weil sie hohe Ziele abschwört, die mal Geschäft und Behagen stören könnten; eine ihrer Verantwortung bewußte Regierung hätte jede Gelegenheit benutzen müssen, das sonst unabwendbare Netz zu sprengen, besonders bei der ersten russischen Revolution. Als aber damals Wilhelm II. laut Zedlitz davon sprach, jetzt müsse man mit Frankreich abrechnen, entsetzten sich unsere Staatsmänner und der gepriesene Schlieffen! So verschlimmerte die Vogel-Strauß-Methode, die jeden Präventivkrieg scheute, das Unentrinnbare. Wer dagegen die tückische Arglist und hochmütige Gewalttätigkeit in Transval seit Wolseley und Bartle Frere kennt, der versteht das böse Wort der Schweizer Sanitätskolonne, »dieser Offizier war ausnahmsweise ein Gentleman« und Krügers Hohn: »Durch diese Lügen bewies Lord Roberts, daß er ein echter Engländer war«. Ja, früher verwarf Gladstone die erste Annexion; sobald er Premier wurde, bestand er darauf! Bei solcher Konsequenz begreift man die Erdrosselungspolitik gegen den deutschen Konkurrenten. Auch jede Änderung französischer Mentalität scheint ausgeschlossen. Selbst Botschafter Louis beharrt beim Märchen vom deutschen Angriff, obschon er schrieb, Poincaré habe unter allen Umständen Krieg gewollt. Der Sohn des in Magdeburg verstorbenen alten Carnot schrieb 1883 an den Sozialdemokraten Bloos: »Unsere Patrioten streben nur

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