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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Schmiede. Denn wie Kalif und Sultan den Obermuftie und der Zar Gospodar den Generalprokurator des Synod zu abhängigen Beamten herunterdrückten, so mißhandelten Karl V. und Philipp II. die Päpste als spanische Vasallen, die Inquisition wurde nur politisches Instrument, um jede freie Regung als Ketzerei auszurotten. Später wollte auch Louis XIV., da die Gallikanische Kirche seit Konzil von Bourges allzeit die Krone gegen Rom stützte, den Sultan eines katholischen Islam spielen. Rom gewann also nichts dabei, daß es sich der Kaiserüberwachung durch Otto III. und Heinrich III. entwand und sich mit den erzfeudalen Staufen nicht zu gemeinsamer Volksunterdrückung verband. Barbarossa verbrannte Arnold v. Brescia und bedrückte sogar seine Krönungsstadt Mainz, Friedrich II. verfolgte die Waldenser, sein »Konstitution von Melfi« konstituierte nur Steuerdruck, Scheusal Ezzelino war ihm als Vogt gerade recht, er duldete nur einen freien Menschen, sich selbst. Wären die Staufen echte Vertreter des Kaisergedankens, so hätte Heines Kyffhäuserspott Berechtigung: »Wir brauchen gar keinen Kaiser«. Doch mit ihrem gewöhnlichen Undank vergessen die Deutschen ihren größten Kaiser Heinrich III., dessen unseliger genialer Sohn von ihm die Erbschaft einer Sozialmonarchie antrat. Dieser Bändiger der Päpste stützte sich ausschließlich aufs Bürgertum, wie auch ein anderer Heinrich III. »Der Kränkliche« von Kastilien, der leider noch früher starb als sein großer deutscher Namensvetter. Spanien, jede Bulle verlachend, war im Mittelalter ein Schrecken der Kurie, noch auf dem Konstanzer Konzil verlangten spanische Bischöfe und Mönche freiheitliche Reform. Dies blühende Reich bürgerlicher Cortesfreiheit ging ein durch Kirchendruck oder Finanznöte, wie Rankes Aktenklauberei sie für Spanien und Türkei feststellt? Nein, diese Weltmächte erstickte blutsaugerischer Absolutismus, der im »Rat von Indien« auch die Kolonien zentralistisch ruinierte und sich selber das Gold des Crassus in den Schlund goß. Mißwirtschaft und tote Hand der Kirche waren nur Symptome des politischen Krebses, den Reformkönig Karl im 18. Jahrhundert nicht mehr heilen konnte.
    Deutschland ging den umgekehrten Weg. Noch Kaiser Albrecht trumpfte auf, ein König der Deutschen sei Herr der Christenheit auch ohne Kaiserkrönung, unsere Bischöfe verpönten lange Ultramontanismus, noch Maximiliens Gesandter führte in Rom die gröbste Sprache. Doch Konzil von Basel und Wiener Konkordat vereitelten kirchliche Unabhängigkeit, die unvermeidliche Reformation vollendete aber Losreißung nur auf Kosten der Einheit. Bis ins 17. Jahrhundert war Zwiespalt zwischen Kleinfürsten und Zentralgewalt keine deutsche Eigentümlichkeit, er bestand in ganz Europa. Solange Papst- und Kaiseridee in Italien und Deutschland ein geistiges Einheitsband zusammenhielten, hob Dezentralisierung die Kultur und stiftete nur äußerlich politischen Schaden. Als aber beide Ideen versumpften, kam ein Mischmasch von föderativer Kleinstaaterei, die sonst überall in Europa ausstarb, und Habsburger Imperialismus heraus, gewürzt mit konfessionellem Hader. Wären Kaiser- und Papstideen vereint geblieben, hätte Rom sich auf Deutschland gestützt, so hätte eine Internationale der Christenheit die Auswüchse eines bis heute Europa zerfleischenden Nationalchauvinismus nicht zugelassen. Längst wurde das Papsttum eine Filiale romanischer Herrschsucht, deren Geschäfte es allein besorgt, selbst wenn katholische Völker sich innerlich von der Kirche abwenden. Im Weltkrieg verhielt Rom sich aus Rücksicht auf Österreich äußerlich neutral, man merkte aber nichts davon, daß der Heilige Stuhl ein wahres Friedenswerk beschattet und dem sogenannten Völkerbund einen soliden Mittelpunkt gewährt. Zur Frage Monarchie oder Republik nahm Rom stets nur opportunistisch Stellung. Es verdammt Hinrichtung Karls I. und Louis XVI., doch wo blieb Abscheu vor Fürstenmord bei Ermordung Heinrichs IV. und Wilhelms v. Oranien, geplanter Erdolchung der Queen Beß? Heiligkeit gekrönter Häupter gilt nur für katholische, man ist nur »von Gottes Gnaden« durch Segen des Vizekönigs Jesu, den hatten ja aber beide Napoleons; warum hießen sie später Usurpatoren?
    Würde Rom den Forderungen der Jetztzeit kein non possimus entgegensetzen, so könnte religiöse Wiedergeburt von ihm ausgehen, doch es hat nicht den Anschein, als ob es auch nur den Tridentiner Dogmen entsagen wolle. Dagegen hat die

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