Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Titel: Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
Vom Netzwerk:
Farbe wechselten. Dazu Jacobs Kriterien: Bluttrinker, Feinde des Werwolfs, kalthäutig, unsterblich. Es gab sehr wenige Mythen, die ein einziges der Kriterien erfüllten.
    Und da war noch eine andere Sache, an die ich mich aus den wenigen Gruselfilmen erinnerte, die ich gesehen hatte, und die durch meine Lektüre bestätigt wurde – Vampire konnten nicht ans Tageslicht kommen, die Sonne würde sie sonst zu Asche verbrennen. Sie schliefen den ganzen Tag in Särgen und kamen nur nachts heraus.
    Genervt schaltete ich den Computer aus, ohne die Programme vorher ordnungsgemäß zu schließen. Ich war verärgert, doch zugleich war mir das alles furchtbar peinlich. Da saß ich in meinem Zimmer und recherchierte Vampirlegenden – wie dämlich war das denn! Was war bloß los mit mir? Ich entschloss mich, der Stadt Forks den Großteil der Schuld zuzuschreiben, oder besser gleich der ganzen durchnässten Halbinsel Olympic.
    Ich musste dringend nach draußen, aber es gab keinen Ort, zu dem es mich zog, der weniger als drei Tagesreisen entfernt war. Nichtsdestotrotz zog ich meine Stiefel an und ging runter. Ohne zu schauen, wie das Wetter war, zog ich mir meine Regenjacke über und stapfte nach draußen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hinwollte.
    Es war bewölkt, aber vorerst regnete es nicht. Ich ließ den Transporter stehen, durchquerte Charlies Garten und betrat den Wald, der sich endlos vor mir ausbreitete. Es dauerte nicht lange, und ich war so tief hineingelaufen, dass ich weder Haus noch Straße sehen konnte und nichts mehr zu hören war außer dem schmatzenden Geräusch der nassen Erde unter meinen Füßen und den jähen Schreien der Eichelhäher.
    Ich lief einen schmalen Pfad entlang – wäre der nicht gewesen, hätte ich mich nie so weit hineingetraut. Mein Orientierungssinn war eigentlich gar nicht vorhanden; ich schaffte es auch, mich in sehr viel übersichtlicheren Umgebungen zu verlaufen. Der Pfad schlängelte sich tiefer und tiefer in den Wald hinein, zumeist in östlicher Richtung, soweit ich das beurteilen konnte. Er umkurvte Sitkafichten und Schierlingstannen, Eiben und Ahornbäume. Die meisten Baumarten um mich herum konnte ich allerdings nur ungefähr bestimmen – die wenigen Kenntnisse, die ich über sie hatte, waren Charlie zu verdanken, der mich früher immer auf sie hingewiesen hatte. Viele Bäume kannte ich nicht, und bei anderen war ich mir nicht sicher, weil sie zum großen Teil von Flechten und Moosen überzogen waren.
    Solange mein Ärger über mich selbst anhielt, trieb er mich hastig voran; als er nachließ, wurde ich langsamer. Feuchtigkeit sickerte durch die grüne Kuppel über mir und tröpfelte hier und da zu Boden. Begann es zu regnen, oder war es nur das Wasser, das sich gestern hoch in der Luft auf den Blättern gesammelt hatte und sich nun langsam seinen Weg zurück zur Erde bahnte? Ich wusste es nicht. Ein umgefallener Baum, der noch nicht vollständig von Moos überzogen war, lehnte am Stamm eines gesunden Baumes und bildete einen geschützten kleinen Sitz in sicherer Nähe zum Weg. Ich machte einen Schritt über die Farne hinweg und setzte mich vorsichtig hin, wobei ich genau darauf achtete, dass sich meine Jacke zwischen dem nassen Holz und meiner Hose befand. Dann lehnte ich mich mit der Kapuze gegen den Stamm.
    Das war nicht der richtige Ort für diesen Augenblick. Ich hätte es wissen müssen – aber wo hätte ich sonst hingehen sollen? Der Wald war tiefgrün und ähnelte so sehr dem Schauplatz meines Traumes, dass ich hier nicht zur Ruhe kommen konnte. Die Stille war allumfassend, jetzt, da das Geräusch meiner nassen Stiefel nicht mehr zu hören war. Selbst die Vögel schwiegen, die Tropfen dagegen fielen immer schneller – über dem Blätterdach regnete es wohl. So, wie ich dasaß, reichten die Farne höher als mein Kopf; wenn jemand auf dem Pfad vorbeikäme, dachte ich, würde er mich vermutlich nicht sehen, obwohl er nur seine Hand ausstrecken müsste, um mich zu berühren.
    Hier, zwischen all den Bäumen, fiel es mir sehr viel leichter, den absurden Dingen Glauben zu schenken, die mir gerade noch so peinlich gewesen waren. Seit Jahrtausenden hatte sich in diesem grünen Labyrinth nichts verändert, und die Mythen und Legenden Hunderter verschiedener Länder erschienen mir plötzlich sehr viel wahrscheinlicher als kurze Zeit vorher, in den vier Wänden meines Zimmers.
    Es gab zwei Fragen, die ich dringender als alle anderen beantworten musste. Ich zwang mich, sie

Weitere Kostenlose Bücher