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Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde

Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde

Titel: Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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Hinfahrt.
    Jacob war still und nachdenklich. Er ließ den Arm um meine Schulter liegen, und der war so heiß, dass ich den kalten Wind als angenehm empfand.
    Ich starrte durch die Windschutzscheibe und hatte ein schlechtes Gewissen.
    Es war ganz falsch, Jacob zu ermutigen. Purer Egoismus. Es spielte keine Rolle, dass ich versucht hatte, ihm reinen Wein einzuschenken. Wenn er noch Hoffnung hatte, dass sich aus unserer Beziehung etwas anderes entwickeln könnte als Freundschaft, dann war ich nicht deutlich genug gewesen.
    Wie konnte ich es so erklären, dass er es einsah? Ich war eine leere Hülle. Monatelang war ich unbewohnbar gewesen wie ein verlassenes Haus. Jetzt war es nicht mehr ganz so schlimm. Das Wohnzimmer war schon wieder in besserem Zustand. Doch das war alles – nur ein kleiner Teil des Ganzen. Er hatte etwas Besseres verdient als eine baufällige Ein-Zimmer-Bruchbude. Selbst wenn er noch so viel investierte, nichts konnte mich je wieder instand setzen.
    Doch ich wusste, dass ich ihn trotzdem nicht wegschicken würde. Ich brauchte ihn so sehr, und ich war egoistisch. Vielleicht musste ich meinen Standpunkt noch deutlicher machen, damit er mich verlassen konnte. Bei dem Gedanken schauderte ich, und Jacob umarmte mich noch fester.
    Ich fuhr Mike in seinem Kombi nach Hause, und Jacob fuhr hinter uns her, um mich anschließend nach Hause zu bringen. Den ganzen Weg zu mir war Jacob schweigsam, und ich fragte mich, ob er über dasselbe nachdachte wie ich. Vielleicht wollte er seine Meinung doch noch ändern.
    »Ich würde gern noch mit reinkommen, es ist ja noch früh«, sagte er, als wir neben meinem Transporter hielten. »Aber ich glaube, du könntest Recht haben mit dem Fieber. Ich fühle mich allmählich ein bisschen … komisch.«
    »O nein, nicht du auch noch! Soll ich dich nach Hause fahren?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. »Mir ist noch nicht übel. Es fühlt sich nur … verkehrt an. Und wenn’s nicht mehr geht, fahre ich eben rechts ran.«
    »Ruf mich an, sobald du zu Hause bist, ja?«, sagte ich besorgt.
    »Ja, klar.« Er runzelte die Stirn, starrte hinaus in die Dunkelheit und biss sich auf die Lippe.
    Ich machte die Tür auf und wollte aussteigen, doch er fasste mich leicht am Handgelenk und ließ mich nicht los. Wieder fiel mir auf, wie heiß sich seine Haut anfühlte.
    »Was ist, Jake?«, fragte ich.
    »Ich will dir noch etwas sagen, Bella … aber ich fürchte, es klingt reichlich abgedroschen.«
    Ich seufzte. Jetzt kam die Fortsetzung unseres Gesprächs im Kino. »Schieß los.«
    »Es ist nur – ich weiß, dass du oft unglücklich bist. Und auch wenn es dir vielleicht nicht hilft, sollst du doch wissen, dass ich immer für dich da bin. Ich lass dich nie im Stich – du kannst immer auf mich zählen, das verspreche ich dir. Mann, das klingt wirklich abgedroschen. Aber jetzt weißt du’s, okay? Dass ich dir nie im Leben wehtun würde?«
    »Ja, Jake, das weiß ich. Und ich zähle jetzt schon auf dich, wahrscheinlich mehr, als du ahnst.«
    Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, wie wenn die Sonne aufgeht und die Wolken glühen lässt, und ich hätte mir am liebsten die Zunge abgebissen. Jedes Wort, das ich gesagt hatte, war wahr, aber ich hätte lieber lügen sollen. Die Wahrheit war falsch, sie würde ihm wehtun. Ich würde ihn im Stich lassen.
    Ein merkwürdiger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Jetzt fahre ich wohl wirklich besser nach Hause«, sagte er.
    Schnell stieg ich aus.
    »Ruf mich an!«, rief ich.
    Ich sah ihm nach, wie er davonfuhr. Immerhin schien er die Kontrolle über den Wagen zu haben. Als er außer Sicht war, starrte ich auf die verlassene Straße. Mir war selbst ein bisschen elend, aber das hatte keine körperlichen Ursachen.
    Ich wünschte so sehr, Jacob Black wäre mein Bruder, mein leiblicher Bruder, so dass ich eine Art rechtmäßigen Anspruch auf ihn hätte, der mich von jeder Schuld freisprechen würde. Ich hatte Jacob nie benutzen wollen, aber die Tatsache, dass ich jetzt so ein schlechtes Gewissen hatte, sprach dafür, dass ich ihn doch benutzt hatte.
    Und ich hatte ihn schon gar nicht lieben wollen. Denn eins wusste ich ganz gewiss – wusste es in der Magengrube, im Knochenmark, vom Scheitel bis zur Sohle, tief in meiner leeren Brust, nämlich dass die Liebe einem Menschen die Macht gab, einen anderen zu zerstören.
    Ich war irreparabel zerstört.
    Aber jetzt brauchte ich Jacob, ich brauchte ihn wie

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