Biss der Wölfin: Roman
als zu wimmern und mich aus dem Weg zu drehen und dabei zu versuchen, mich in eine für die Wandlung geeignetere Position zu bringen; jedes Zucken innerhalb der Transformation bereitete mir Höllenschmerzen. Ich war auf den Knien, die Hände mit den Handrücken gegeneinander gefesselt, und wenn das in menschlicher Gestalt schon unbequem war, dann war es bei einem Wolf unmöglich – aber das hielt die Wandlung nicht auf. Sie fuhr weiter durch mich hindurch; meine Kleidung verschob und verknotete sich und fesselte mich noch zusätzlich.
Mein Wimmern wurde erst zum Schreien und dann zu einer Abfolge unirdischer bellender Heuler, die den Bären nur wütend machten. In dem Moment, in dem die Wandlung weit genug gediehen war, würde ich mich aus den Stricken winden und losrennen müssen. Aber der Gedanke, dies zu bewerkstelligen – die dafür nötige Kontrolle über meinen Körper zu haben, während die Wandlung und der Bär ihm zusetzten –, war geradezu lachhaft. Ich hätte ebenso gut in einer Zwangsjacke von einem Kran baumeln können.
Und dann, als sich die Wandlung dem Abschluss näherte, trat der Bär etwas zurück und brachte einen Schlag an, der mich in die Luft schleuderte … und eins meiner Hinterbeine aus dem Seil befreite. Mehr Ermutigung brauchte ich gar nicht. Ich landete auf dem Rücken, die Vorderfüße in der Luft, und begann mich zu drehen, zu krümmen und zu winden. Meine Schultern brüllten vor Schmerz angesichts der zusammengebundenen Pfoten, aber ich kämpfte weiter, bis ich eine davon befreit hatte. Ich zog an der anderen, aber da blieb das Seil über meiner Afterklaue hängen und bewegte sich nicht weiter.
Ich fand einen etwas unsicheren Stand, zwei Pfoten fest auf dem Boden, während die dritte ihn nur eben berührte und die vierte in der Luft hing. Ich warf mich nach vorn und schnappte nach dem Bären, und meine Zähne gruben sich in seine Flanke. Er schlug nach mir, und ich flog nach hinten, einen Fetzen Bärenfleisch zwischen den Zähnen.
Der Bär brüllte und ließ sich wieder auf alle viere fallen. Er stürzte vor. Dass ich immer noch halb an dem Baum festgebunden war, ließ mir nicht viel Raum, um ihm auszuweichen; doch ich tat mein Bestes, und er brachte lediglich einen Streifhieb an, bevor er das Gleichgewicht verlor und durch den Schnee schlingerte.
Der Bär fing sich wieder und drehte sich nach mir um. Ich fauchte und sprang nach ihm, tanzte mit ungeschickten Seitwärtssprüngen, die höchstwahrscheinlich nicht annähernd so bedrohlich wirkten, wie ich hoffte. Aber sie gaben dem Bären immerhin zu denken. Zu viel davon. Sein Kopf ging nach oben; sein Körper spannte sich. Als er sich auf die Hinterbeine aufrichtete, war ich nicht überrascht, ihn in die Ferne spähen zu sehen – hin zu etwas, das gefährlicher zu sein schien als ich.
Der Bär schnaufte, ließ sich wieder auf alle viere fallen und grunzte. Er verlagerte unruhig sein Gewicht, während sein Blick zwischen mir und dem scheinbar unbelebten Wald hin und her ging.
War es Tesler? In der Hoffnung, mich schluchzend und um Befreiung bettelnd hier anzutreffen? Wenn er es war – und Feigling, der er war –, dann würde er losrennen, sobald er den Bären zu Gesicht bekam. Mit etwas Glück würde der Bär die Verfolgung aufnehmen … eine so unbezahlbare Vorstellung, dass ich mir ein paar Sekunden Zeit gönnte, um in ihr zu schwelgen.
Aber der Bär sah in die von der Hütte abgewandte Richtung; also war das, was er da witterte, vermutlich nicht Tesler. Noah?
O Gott, hoffentlich nicht. Ich verspannte mich, versuchte etwas von der näher kommenden Gestalt zu sehen oder zu riechen, bereitete mich darauf vor, den Bären abzulenken und Noah anzuknurren, er sollte auf den nächsten Baum klettern.
Unter meinen Pfoten begann der Erdboden zu vibrieren. Meine Nase schoss nach oben und begann wild zu schnuppern. In diesem Augenblick wusste ich bereits, was ich riechen würde, und es dauerte nur noch einen weiteren Moment, bis ich mit dem nächsten Luftzug die Bestätigung bekam. Das Wesen.
Der Bär war vergessen, als ich an dem Seil riss. Mein Vorderbein blieb über der Afterklaue gefangen. Ein Hinterbein stand in einem ungeschickten Winkel, der es mir unmöglich machte, wirklich zu zerren. Ich nahm mir das Seil vor, begann zu nagen und zu rupfen.
Als mich der Bär das nächste Mal in die Flanke schlug – ein leichter, fast prüfender Klaps –, fuhr ich herum, machte einen Satz und schnappte nach ihm, sobald ich das
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