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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Vorderbeine um meinen Körper geklemmt. Die männliche Paarungsposition.
    Ich geriet nicht in Panik. Dies war nicht dasselbe wie Teslers versuchte Vergewaltigung. In den Augen eines Wolfs war es einfach ein sexuelles Angebot, das auf die gleiche Art beantwortet werden musste wie jede andere unwillkommene Aufmerksamkeit – mit einem schnellen und entschiedenen »nicht interessiert«.
    Ich machte einen Satz vorwärts und unter ihm heraus, drehte mich so weit herum, wie das Seil es mir erlaubte, und ließ außerdem ein ernsthaftes Knurren ertönen. Seine Augen leuchteten auf wie bei einem Welpen, der einen Klaps bekommen hat und ihn für eine Aufforderung zum Spielen hält.
    Das Wesen sprang vor und schnappte nach meinem Vorderbein, dann wieder zurück, das Maul zu einem sehr hundeartigen Grinsen geöffnet. Als ich nicht reagierte, schnaufte er enttäuscht … und versuchte, mich wieder zu besteigen.
    Ich wies ihn ab. Er hielt es für Vorspiel. Ich ignorierte ihn. Er versuchte, mich zu besteigen … und so weiter und so fort. Vielleicht hätte ich mir angesichts dieses Szenarios mehr Sorgen machen sollen, aber er schien das Spiel weder müde zu werden, noch drängte er sich mir wirklich auf. Also spielte auch ich weiter … während ich zugleich immer wieder an dem Seil nagte, das um mein Vorderbein geschlungen war, und es Faser um Faser durchbiss.
    Irgendwann folgte ein Ruck, und ich war frei. Das Wesen wich zurück, aber nur, um sich die neue Situation anzusehen. Dann schnaufte es, als sei es zufrieden über diese Entwicklung. Als ich das Seil hinter mir herzuziehen begann, sprang es vor und biss es mit einem einzigen Schnappen ab. Und ich – undankbares Stück, das ich nun mal bin – rannte los.
    Das Wesen war nicht im Geringsten entmutigt. Es interpretierte das Ganze einfach als Stufe zwei des Verführungsrituals. Erst weist sie dich ab. Dann rennt sie weg. Irgendwann fängst du sie ein. Und dann? Na ja, dann fängt der Spaß erst richtig an.
    Also jagte es hinter mir her. Zunächst machte mir das keine Sorgen. Es mochte die Muskeln haben, aber das Tempo hatte ich. Allerdings hatte ich einen Aspekt übersehen. Okay, es waren zwei Aspekte.
    Erstens war es etwas mehr als in der Nacht zuvor darauf aus, dieses Rennen zu gewinnen. Zweitens war ich zerschlagen und erschöpft. Ich war noch nicht weit gekommen, als es mich einholte und auf meinen Rücken sprang. Ich ließ meine Beine einknicken, fiel und rollte mich ab, während ich fauchte und schnappte. Es kläffte, als meine Zähne eine heilende Wunde an seinem Hals erwischten. Dann hallte ein Brüllen durch die Nacht, und als ich mich umdrehte, sah ich ein weiteres Wesen – ein größeres Wesen – geradewegs auf mich zustürmen.
    Ich rappelte mich auf und stolperte ihm aus dem Weg, während meine Beine unter mir wegrutschten wie bei einem neugeborenen Kitz. Aber der Neuankömmling hatte es nicht auf mich abgesehen. Stattdessen rammte er die Flanke des Kleineren und schleuderte ihn zur Seite.
    Mein erster Gedanke war natürlich, mich so schnell wie möglich davonzumachen, während die beiden noch miteinander beschäftigt waren. Aber bei meinem Seitwärtssatz hatte ich mir das ohnehin empfindliche, vor wenigen Minuten noch festgebundene Vorderbein vertreten, und als ich jetzt Anstalten machte, anmutig davonzutraben, gab es unter mir nach, und ich landete auf dem Bauch im Schnee.
    Als ich mich wieder hochstemmte, hörte ich ein Kläffen und sah mich um. Es gab dort keinen wilden Zweikampf, sondern das kleinere Wesen schien sich zu ducken, während das größere ihm ein paar Schläge über den Schädel versetzte, wie um zu sagen: Was zum Teufel glaubst du eigentlich, was du da machst? Wie ein Vater, der seinem ungezogenen Kind ein paar Kopfnüsse verpasst …
    Ich schaute noch einen weiteren Moment lang ungläubig zu. Dann sah das ältere Wesen in meine Richtung, und mir ging auf, dass ich starrte, während ich hätte rennen sollen. Also stürzte ich davon.
    Auch diesmal hatte ich es erst ein paar Sätze weit geschafft, als ich das Knirschen von Pfoten im Schnee hinter mir hörte – in Stereo diesmal, weil sie sich beide an die Verfolgung gemacht hatten. Diesmal allerdings gab es zwei Dinge, die mir gestatteten, meinen Vorsprung zu halten. Erstens, Junior wusste jetzt, dass in Gegenwart seines Vaters keine »Belohnung« für ihn abfallen würde, und brachte nicht mehr den rechten Enthusiasmus auf. Zweitens – jetzt, als mich das Doppelte an Muskelmasse

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