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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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zögerte, versetzte mir das Wesen hinter mir einen Stoß und grunzte, als sei es gereizt über meine Begriffsstutzigkeit.
    Ich schob mich ein paar Schritte weit an einer Wand entlang und setzte mich dann hin. Meine Augen hatten eben begonnen, sich an die Dunkelheit anzupassen, als mich das Ritsch eines angerissenen Streichholzes zusammenfahren ließ. Eine Paraffinlampe zischte. Licht flammte auf. Ich zwinkerte und sah die Gestalt des Alpha mit einer Laterne in den Händen. Er war jetzt angezogen, trug Jeans und ein Flanellhemd. Seine dicht behaarten Füße waren nackt; der Boden der Höhle war mit trockenem, strohartigem Schilf abgedeckt.
    Hinter dem Alpha war einer der Älteren, auch er in Menschengestalt und angezogen, damit beschäftigt, ein Feuer anzuzünden. Den Dritten konnte ich nicht sehen, aber der Jüngste stand weiter links; er war gerade dabei, sich das Hemd zuzuknöpfen. Er war nicht älter als Noah, was vermutlich seine hormongetriebenen Reaktionen vorhin erklärte. Er war schlanker als die anderen, mit hellbraunem Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte, und noch bartlosen Wangen.
    Als der Junge zu mir herübersah, grunzte er etwas und gestikulierte in meine Richtung. Der Alpha grunzte zurück. Ihre Kommunikationsmethode hatte nichts sonderlich Primitives an sich – es hörte sich an wie zwei Leute, die nicht viel für Konversation übrighatten und sich stattdessen mit Gesten und Geräuschen verständigten. Der Jüngere hatte unverkennbar darauf hingewiesen, dass ich immer noch in Wolfsgestalt war, und der Ältere antwortete: »Ja, ich weiß.«
    Der Alpha zündete eine zweite Laterne an und wandte sich dann an mich. »Wandel dich zum Menschen.«
    Die Verständigung hätte das mit Sicherheit erleichtert, aber im Augenblick wäre ich es eigentlich ganz zufrieden gewesen, bei meinem warmen Pelz und den scharfen Zähnen zu bleiben.
    Als ich keine Anstalten machte, mit der Wandlung zu beginnen, sagte er: »Wir hätten gern, dass du dich zum Menschen wandelst.«
    Er sprach es sehr sorgfältig aus, wie jemand, der an eine so vollständige und förmliche verbale Kommunikation nicht gewöhnt war, aber einem Gast entgegenkommen wollte, dessen Kultur auf derlei Wert legte. Und ich glaube, genau das war es, als was sie mich zu behandeln gedachten – als einen Gast. Keinen freiwilligen Gast sicherlich, aber sie hatten nichts Bedrohliches getan. Sie hatten nicht einmal den Ausgang versperrt, wobei ich den Verdacht hatte, wenn ich jetzt ins Freie gestürzt wäre, hätte ich sehr schnell herausgefunden, wohin der Letzte der drei Erwachsenen verschwunden war. Trotzdem schienen sie den Anschein von Höflichkeit sorgfältig aufrechtzuerhalten, und mir kam es nur klug vor, ihrem Beispiel zu folgen.
    »Da drüben.« Der Alpha zeigte auf eine Ecke. »Es ist dunkel genug.«
    Der junge Mann – Eli – versuchte, mir zu folgen. Ein Knurren des Alpha brachte ihn zum Stehen.
    »Ich gehe bloß da drüben hin«, sagte er; seine Aussprache klang überraschend normal, etwa wie bei einem Einwanderer der zweiten Generation. »Sie beobachten.«
    Der Ältere, der gerade mit dem Feuer beschäftigt war, lachte leise, und Eli errötete.
    »Sie bewachen, meine ich«, sagte er.
    »Kleider?«, fragte der andere Ältere.
    Der Alpha grunzte und nickte; dann winkte er Eli zu einer grob gezimmerten Truhe hinüber. Ich wartete, während Eli Kleidungsstücke in meiner Nähe auf den Fußboden fallen ließ. Als er sich wieder zurückgezogen hatte, begann ich mit meiner Wandlung. Nachdem ich fertig war, zog ich das Hemd über und knöpfte es zu, griff nach der Hose … und fand keine. Wenigstens reichte mir das Hemd bis zu den Knien, und der mit Schilf bedeckte Boden isolierte meine Füße gegen die Kälte.
    Als ich ins Licht trat, warf der Alpha einen einzigen Blick auf mich und grollte: »Eli …«
    Der Junge sah zu uns herüber, das Gesicht ein Bild großäugiger Unschuld.
    »Hosen«, sagte der Alpha.
    »Aber die sind ihr zu groß.«
    »Eli!«
    Er fand ein Paar Jeans für mich. Als er sie mir brachte, warf er einen verstohlenen Blick auf mich.
    »Eli …« Die Stimme des Alpha war zu einem leisen Grollen geworden. »Respekt.«
    Ich glaubte zunächst, er meinte damit, dass Eli ihn respektieren sollte. Doch als Eli weiter starrte, versetzte der Ältere – der, von dem ich annahm, er müsse sein Vater sein – ihm eine Kopfnuss wie vorhin im Wald und knurrte: »Respekt, Eli. Sie ist Werwolf.«
    Der Blick, den der Junge mir zuwarf,

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