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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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du kein Problem haben, sie zu finden. Sie werden eine klare Fährte hinterlassen haben, die geradewegs zu dem perfekten Ort für einen Hinterhalt führt.«
    Er sagte nichts.
    »Wir müssen da vorsichtig sein«, sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann das nicht ignorieren. Ich muss …«
    »… die Herausforderung annehmen, sonst werden sie glauben, du lässt nach, und dann werden sie sich mich vornehmen.«
    Ein kurzes Nicken; sein Blick glitt immer noch die Straße hinauf und hinab.
    »Sie geben uns die beste Chance, an sie heranzukommen, die wir bisher gehabt haben«, sagte ich. »Oder wenigstens einen gründlichen Blick auf sie zu werfen. Glaubst du, ich würde so ein Angebot ausschlagen?«
    Seine Schultern bewegten sich, es war kaum mehr als ein Zucken, aber es teilte mir mit, dass mein Argument angekommen war. Ich legte ihm eine Sekunde lang die Hand in den Rücken. Dann brachen wir auf.

16 Lockvogel
    D ie Mutts hatten uns in der Tat eine klare Fährte hinterlassen, aber es gefiel mir nicht besonders, wohin sie führte. Unser Hotelfenster blickte über den nordwestlichen Teil der Stadt hinaus; ich hatte die Fernsicht bewundert, das atemberaubende Dreigespann aus Bergen, Wald und Meer, auch wenn die unmittelbare Umgebung weniger inspirierend war.
    Ein paar Häuserblocks hinter dem Hotel schien die Stadt in einer Wüstenei aus zerfurchten, unkrautüberwucherten Freiflächen zu enden, durchzogen von Bahngleisen und übersät mit Industriebauten. Zwischen dem Bahnhof und der Küste lag eine ebene, offene Geländefläche, und hierhin hatten sich die Mutts zurückgezogen.
    Als der Gehweg endete, standen wir im Niemandsland. Der bittere Wind peitschte um uns herum und ließ unsere Ohren allmählich erfrieren, bis wir nichts mehr hörten außer seinem Heulen. Ein eisiger Nieselregen fiel herunter. Der Boden unter unseren Füßen war halb aufgetaut – an der Oberfläche schlammig und glitschig, darunter noch hart gefroren.
    »Die werden uns auf mindestens eine Meile kommen sehen«, sagte ich.
    »So ist das wahrscheinlich auch gemeint.«
    »Wir brauchen einen Plan.«
    »Yep, tun wir auch.«
    »Und das ist jetzt mein Spezialgebiet, oder?«
    Er sah zu mir herüber, und sein Gesichtsausdruck wurde weicher, zum ersten Mal, seit er unser Hotelzimmer betreten hatte. »Yep, ist es auch.«
    »Oh, verdammt.«

    Clay gefiel mein Plan nicht. Als ich ihn aufforderte, eine Alternative vorzuschlagen, knurrte er als Antwort lediglich, ich sei der Boss. Mit anderen Worten, mit dem Plan war alles in Ordnung. Er gefiel ihm nur nicht.
    Westlich des Bahnhofs gaben wir eine kleine Theatervorführung für unser verstecktes Publikum. Clay teilte mir mit einer Handbewegung mit, ich sollte ins Bahnhofsgebäude gehen und dort auf ihn warten. Ich widersprach – ich wollte bei ihm bleiben. Wir zankten. Er hob mich hoch, setzte mich mit dem Gesicht zum Bahnhof wieder ab und gab mir einen Klaps auf den Hintern, zusammen mit einer Reihe konkreter Anweisungen – geh, sitz und bleib. Ich bin eine gehorsame Gefährtin, also gehorchte ich.
    Während Clay davontrabte, um sich zu meinem Schutz diese hässlichen, bösen Mutts vorzunehmen, ging ich um das Gebäude herum und setzte mich auf einen Sockel, auf dem – der daran angebrachten Tafel zufolge – die erste jemals von der Alaska Railroad Company eingesetzte Lokomotive zu sehen war. Und da saß ich nun, draußen im Freien, an einer Stelle, wo Clay mich nicht sehen konnte – der perfekte Lockvogel für die Mutts. Clay würde die Fährte eine Weile verfolgen und dann so tun, als habe er sie verloren. Wenn er erst einmal außer Sicht war, konnte man sich darauf verlassen, dass mindestens einer der Mutts aus der Deckung kommen würde.
    Clay verabscheute es, mich als Lockvogel einzusetzen. Und ich muss zugeben, auch ich konnte mir die Überlegung, O Gott, nicht schon wieder dieser uralte Trick, nicht verkneifen. Aber er funktionierte – immer und immer wieder.
    Lässt man Mutts die Wahl, ob sie Clay oder Clays Gefährtin angreifen wollen, dann werden sie sich unter allen Umständen für mich entscheiden. Es ist nicht nur einfacher für sie, es verletzt ihn auch mehr. Selbst wenn sie der Versuchung aus schlichter Feigheit widerstehen könnten, so gibt es doch etwas, dem sie nicht gewachsen sind: dem Sirenengesang meiner unglaublich heißen Person. Okay, dem Sirenengesang meiner unglaublich heißen Läufige-Hündin-Witterung.
    Ich hatte nicht länger als vielleicht fünf Minuten dort

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