Bissig! (German Edition)
widerlich, doch er trank, weil er instinktiv wusste, dass er es zum Überleben brauchte. Langsam merkte er, wie seine Kraft zurückkehrte.
Schließlich wurde ihm die Blutquelle entzogen und er hörte Léons Stimme. „Es reicht jetzt. Du kannst alleine stehen.“
Er ließ ihn los, und Jerry sah sich geschockt um, als sein Blick wieder klar wurde. Da er noch wackelig auf den Beinen war, hielt er sich an Léons Jackett fest, obwohl er ihn lieber nicht mehr berührt hätte.
Usher wurde in einer Ecke von zwei kräftigen Bodyguards zurückgehalten. Man hatte ihm einen Knebel in den Mund gesteckt. Anscheinend hatte es einen Kampf gegeben. Mit tränennassen Augen starrte Usher ihn an. Es fühlte sich furchtbar an, ihn so zu sehen. Jerry erwiderte den Blick.
Usher warf hilflos den Kopf herum, und Jerry konnte nicht anders, er musste fasziniert die Halsschlagader fixieren. Sie pulsierte verlockend, obwohl ihm bei dem Gedanken an den warmen Lebenssaft sofort übel wurde. Léon lachte irgendwo im Hintergrund.
Dann traf es Jerry wie ein Blitz. Es war, als hätte ihm jemand in den Magen getreten. Galle schoss ihm die Kehle hoch und ein heftiges Stechen durchfuhr seinen Bauch. Jerry schrie auf, krümmte sich, und dann kam schon das Erbrochene heraus. Er heulte und hielt sich den krampfenden Bauch. Wieder und wieder übergab er sich, während sich Wellen des Schmerzes von den Eingeweiden bis hin zu den Armen und Beinen ausbreiteten. „Nein ...“, wimmerte er kläglich.
Was war mit ihm los? Das Erbrochene wies keine Spur von Blut auf. Hätte das nicht zuerst herauskommen müssen? Er musste fast über den absurden Gedanken lachen.
Irgendwann hörte dieser gottverdammte Würgereiz endlich auf. Das war auch gut so, denn außer ein bisschen Schaum brachte Jerry nichts mehr zutage. Keuchend wischte er sich den Mund ab und versuchte, sich zu beruhigen. Er hatte keine Ahnung, was mit ihm passiert war … oh doch. Insgeheim wusste er es genau, wollte es aber nicht wahrhaben. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er Léon an, der spöttisch grinsend in einer Ecke stand. Der Drecksack war nun von Leibwächtern umringt. Ach, war Jerry jetzt gefährlich?
„Tja, Mr. Grey …“, sagte Léon mit einem zufriedenen Unterton in der Stimme. „Sie hätten Simeon rufen sollen, dann hätte die süße Madame noch Hunger auf ein Kotelett. Glauben Sie mir, es ist noch immer besser, Ihren Dämonenlover zu rufen. Sonst wird das FBI bald ganz aus Vampiren bestehen. Nur eine freundliche Warnung meinerseits.“
Mit fliegendem Atem drehte Jerry sich um und rannte, nackt, wie er war, einfach hinaus in das Mondlicht. Etwas in seinem Kopf dröhnte und er schrie auf, bis er realisierte, dass es der Sender war. Hektisch pulte er ihn aus dem Ohr und schleuderte ihn von sich, bevor er zu dem Hauptgebäude lief.
Es war eine laue Sommernacht und die Terrassenflügel waren weit geöffnet. Von innen strömte ein äußerst appetitlicher Geruch heraus: Menschen! Heißhunger wütete in ihm. Er blieb knurrend stehen, um sich zu orientieren. Da kam ein fettleibiger Mann auf ihn zu. Jerry erkannte ihn als den unartigen Politiker vom Nachmittag. Seine Nasenflügel bebten, als er ihn witterte. In seinem Kiefer prickelte es angenehm, denn die Fangzähne fuhren heraus. Seine Zunge ertastete die feinen Spitzen.
„Oh, wenn das nicht das hübsche Vögelchen ist“, säuselte der Kerl schleimig. Mit einem Satz sprang Jerry auf ihn zu und biss ihm in den Hals. Heißes Blut strömte in seinen Mund. Lecker! Für so einen Wichser war ihm jedes Wort zu viel, er knurrte nur leise. Der Mann schrie und keuchte, dann ging es in ein wollüstiges Stöhnen über. Jerry war es herzlich egal, er wollte nur seinen Durst stillen. Er trank, bis der fette Körper leblos zu Boden sackte, dann ließ er von ihm ab. Da war dieses Arschloch doch noch zu etwas nützlich gewesen in seinem Leben.
In Jerrys Kopf dröhnte der langsamer werdende Herzschlag seiner Mahlzeit nach, und zufrieden fletschte er die Zähne. Das war lecker, aber noch nicht genug.
Langsam ging er weiter auf den Hauptsaal zu, als er am Rande des Geländes ein SWAT-Team des FBIs sah. Jerry stand sofort im Lichtkegel eines Scheinwerfers; jemand zeigte auf ihn und löste sich aus der Truppe. Hektisch lief der Mann auf ihn zu: Es war Raven. Noch nie war Jerry so froh, ein bekanntes Gesicht zu sehen.
Die Realität holte ihn ein und der Blutrausch, in dem er sich gerade anscheinend befunden hatte, war schlagartig weg. Dafür war
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