Bissige Jungs kuessen besser
- zumindest in den USA. Slayer Inc. sieht sie sogar als Gräuel an und versucht ständig, ihresgleichen von der Erdoberfläche zu tilgen.
»Ich heiße Amaya«, sagt die Kleine und wirft sich ihre langen schwarzen Zöpfe über die Schultern. »Das bedeutet >Abendregen<.« Sie zwinkert meiner Schwester zu. »Wir haben viel gemeinsam, du und ich.«
Raynes Gesichtsausdruck verrät mir, dass sie nur schwerlich an irgendwelche Gemeinsamkeiten zwischen sich und einem Vampirkind glauben kann, abgesehen davon, dass sie einen ähnlichen Namen haben, aber sie reißt sich schnell zusammen und verbeugt sich vor Amaya. »Freut mich auch. Ich bin Rayne. Aber, na ja, das weißt du ja schon.«
Amaya kichert, wie nur japanische Schulmädchen kichern können. »Folgt mir«, fordert sie uns dann auf. »Die anderen sterben schon vor Neugier, euch kennenzulernen …« Sie unterbricht sich und kichert wieder. »Okay, gestorben sind sie ja schon längst.«
Ich kann nicht anders und muss auch kichern.
Vampir-Humor haut mich immer noch um.
Unsere junge Gastgeberin führt uns durch das kleine, aber geschmackvoll eingerichtete Haus, das in einem minimalistischen Stil möbliert ist, mit niedrigen Sofas und Tischen, sanfter Beleuchtung und Bambusschirmen vor den deckenhohen Fenstern. Alles ist sauber und schlicht und ohne den geringsten Krimskrams.
Ich könnte nie in so einem Haus leben - ich hätte das Gefühl, es zu zerstören, wenn ich nur atme.
Wir betreten ein winziges Schlafzimmer, in dem nicht mehr steht als ein niedriges Bett mit einer dunkelroten Tagesdecke darauf. Der Boden ist mit den gleichen Tatamimatten ausgelegt wie im Ryokan und von der Decke hängen zwei rote Laternen. Amaya geht zum anderen Ende des Zimmers und zieht an einer Schnur, die von einer der Laternen baumelt. Gleich darauf wird das Bett hochgeklappt und verschwindet in der Wand.
Darauf hebt sie eine der Matten hoch und darunter kommt eine in den Boden eingelassene Falltür zum Vorschein.
Ich sehe Jayden und meine Schwester an, die beide gleichermaßen beeindruckt wirken.
Geheimtüren sind ja so spannend.
»Die meisten japanischen Häuser haben keinen Keller«, erklärt Amaya, während sie die Falltür aufzieht, die in einen dunklen Gang hinunterführt.
»Aber unter den Straßen gibt es ein verzweigtes Tunnelsystem, das vor Jahrhunderten angelegt wurde. Ein paar Tunnel sind bei Erdbeben eingestürzt, andere hat man in das U-Bahn-System integriert. Aber viele existieren noch und wir benutzen sie, um uns bei Tag in der Stadt zu bewegen.« Sie deutet auf die Falltür. »Nach euch«, sagt sie.
Ich starre in die Dunkelheit hinab und bin nicht glücklich über das, was sie gerade über Erdbeben gesagt hat. Ich war noch nie ein großer Fan von dunklen, geschlossenen Räumen. Einer der Gründe, weshalb ich einen lausigen Vampir abgeben würde. Die Nummer mit dem Sarg wäre nicht gerade der Hit.
»Es ist okay«, beruhigt mich Amaya. »Es ist absolut sicher.«
Ach, was soll's. Zaghaft steige ich die Leiter hinunter, hinab in den Tunnel. Als ich unten angekommen bin, gewöhnen sich meine Augen rasch an das Dämmerlicht und ich kenne eine Reihe von kleinen japanischen Laternen, die an den Betonwänden aufgehängt sind. Hinter mir folgen Rayne und Jayden. Amaya bildet das Schlusslicht, zieht die Falltür hinter sich zu und drückt auf einen Knopf in der Wand, der, wie ich annehme, das Bett wieder über die Falltür schiebt.
Ziemlich genial, das muss ich zugeben, obwohl die Klaustrophobie sich jetzt mit Macht bemerkbar macht, als das Tageslicht von oben fehlt. Mich schauert und ich versuche, mich zusammenzunehmen.
»Mir nach«, sagt Amaya und führt uns durch den unterirdischen Gang. Meine Schwester schließt hinter ihr auf, als hätte sie keine Sorgen auf der Welt. Ich blicke verstohlen zur Decke, um abzuschätzen, ob sie stabil ist, bevor ich einige zögerliche Schritte mache. Das wird ein langer, gruseliger Spaziergang werden. Ich kneife die Augen zu, zwinge mich dann aber, sie wieder zu öffnen und mir Mut zuzusprechen.
Einen Moment später spüre ich eine Berührung an meinen Fingern und merke, dass Jayden meine Hand genommen hat und sie festhält. Ich sehe ihn an und fange seinen mitfühlenden Blick auf.
Seine Augen schimmern in der Dunkelheit. Er merkt, dass ich Panik habe, auch ohne dass ich es sagen muss. Dankbar erwidere ich den Druck seiner Hand und schenke ihm ein kleines Lächeln, fühle mich schon besser durch die Kameradschaft. Natürlich muss Rayne
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