Bisswunden
selten zu Gewalttaten innerhalb der Familie.«
»Das ist Seelenklempner-Latein, Doktor. Ich habe genug davon gehört, um es zu erkennen. Sie verfügen über spezifische Informationen, die meine Familie betreffen. Über meinen Vater. Warum enthalten Sie mir diese Informationen vor?«
»Ich bin nicht Ihr Therapeut, Catherine.«
»Ich möchte, dass Sie mein Therapeut sind. Ich möchte, dass wir uns irgendwo zu einer Sitzung treffen.«
»Sie brauchen keine Sitzung mit mir allein, Catherine. Sie brauchen eine Gruppe – und meine Tage als praktizierender Psychiater sind eindeutig vorbei.«
»Warum brauche ich eine Gruppe?«
»Weil Ihr Problem sexueller Missbrauch ist. Eines der wichtigsten Elemente einer derartigen Beziehung ist die Heimlichkeit, in der sie stattfindet. Eine Einzelsitzung bei einem Therapeuten kann die primäre Missbrauchsbeziehung widerspiegeln. Gruppensitzungen durchbrechen diesen Zirkel des Heimlichen.«
»Hören Sie, Sie haben mich ausgewählt, okay? Sie haben diese Heimlichkeit heraufbeschworen. Ich bin bereit, mit Ihnen zu reden, jetzt, an Ort und Stelle, ohne dass das fbi uns belauscht.«
»Sie wollen eine Sitzung? Bewahren Sie meinen Film für mich auf. Damit tun Sie im Übrigen auch sich selbst einen Gefallen.«
Ich bin versucht zuzustimmen. Ich will wissen, was Malik wirklich hinter den verschlossenen Türen seiner Praxis gemacht hat. Doch das fbi könnte diesen Anruf belauschen. »Ich würde ihn gerne sehen, aber ich kann Ihnen nicht versprechen, dass ich ihn für Sie aufbewahren werde.«
»Dann gibt es keinen Grund, dass wir uns treffen.«
»Warum wollen Sie mich überhaupt treffen? Ich könnte das fbi mitbringen. Warum wollen Sie dieses Risiko eingehen?«
»Es ist kein Risiko, Catherine. Ich weiß Dinge über Ihren Vater. Ich weiß, warum er ermordet wurde. Und wenn Sie das fbi mitbringen, werde ich es Ihnen niemals sagen.«
Endlich einmal bin ich Malik einen Schritt voraus. »Ich weiß bereits, warum mein Vater ermordet wurde.«
»Sie wissen es nicht. Sie wissen überhaupt nichts, Catherine.«
Mein Herz verkrampft sich schmerzhaft. »Warum spielen Sie diese Spiele mit mir? Ich will doch nur die Wahrheit erfahren!«
Malik senkt die Stimme. »Sie kennen die Wahrheit bereits, Catherine. Sie ist unlöschbar in Ihre Gehirnwindungen eingebrannt. Sie müssen lediglich all das beiseite räumen, was sich im Lauf der Jahre darübergelegt hat.«
»Wie soll ich das anstellen?«
»Sie haben bereits angefangen. Folgen Sie Ihren Erinnerungen dorthin, wohin sie führen. Die Wahrheit wird Sie befreien.«
»Ich kann nicht so lange warten! Jemand versucht mich umzubringen!«
Malik seufzt tief. »Warum hatten sie bei den Tatorten in New Orleans Panikattacken?«
»Ich weiß es nicht. Wissen Sie es?«
»Kommen Sie, Catherine. Sie wissen, wie Therapie funktioniert. Ich sporne Sie an, Ihre eigenen Antworten zu finden.«
»Nein, Sie lassen mich im Dunkeln tappen!«
»Was glauben Sie, wer heute versucht hat, Sie zu ermorden?«
»Es könnte ein Schwarzer von der Insel gewesen sein, mit dem mein Vater früher einmal befreundet war. Ich weiß es nicht. Wissen Sie es?«
»Nein, Catherine. Aber Sie wissen es. Wenn Sie nur lange genug darüber nachdenken.«
»Sie sagten, die Morde von New Orleans wären einerseits mit meinem Leben verknüpft, andererseits wiederum nicht. Was haben Sie damit gemeint?«
»Was glauben Sie, was ich gemeint haben könnte?«
Ich schließe die Augen und versuche nicht zu schreien. Ich fühle mich wie in einem Roman von Kafka. Jede Frage wird durch eine weitere Frage beantwortet, und jeder um mich herum kennt die offensichtliche Wahrheit über mein Leben, nur ich selbst kann sie nicht sehen. »Was versuchen Sie mir zu erzählen? Jeder fragt mich, ob ich jemals Ihre Patientin gewesen bin. Haben Sie die Polizei auf diese Idee gebracht?«
»Glauben Sie, dass Sie irgendwann einmal meine Patientin gewesen sein könnten?«
»Ich lege in fünf Sekunden auf.«
»Nein, das werden Sie nicht. Ich nenne meine experimentelle Gruppe Gruppe X. Bringt der Name irgendetwas bei Ihnen zum Klingen?«
Gruppe X? »Nein. Warum? Sollte er?«
»Wir haben keine Zeit für das hier«, sagt Malik, und plötzlich klingt er ungeduldig. »Nicht jetzt. Aber ich möchte ebenfalls mit Ihnen reden – vorzugsweise, wenn ich die Unterhaltung filmen darf. Erlauben Sie, dass ich unsere Sitzung mitschneide?«
» Was? Nein!«
»Dann …«
»Ich dachte, das fbi hätte Ihre gesamte Video-Ausrüstung
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