Bisswunden
okay. Ich hätte dich heute nicht weiter genervt, wenn es nicht wichtig wäre.«
»Was denn?«
»Sitzt du?«
»Erzähl einfach, was los ist, verdammt!«
»Wir haben endlich eine Verbindung zwischen den nomurs-Opfern.«
Mein Herz stockt. »Was?«
»Du würdest es nicht glauben! Es sind die Frauen.«
»Frauen? Was für Frauen?«
»Weibliche Verwandte der Opfer.«
Ich blicke mich im Garten von Malmaison um, und mein Verstand ist zu sehr überflutet mit Gedanken an die Vergangenheit, um zu verstehen, was Sean mir da sagt. »Erzähl es mir von Anfang an. Ich bin schließlich nicht bei dir in New Orleans, schon vergessen?«
»Wenn jemand ermordet wird, der nicht in eine Risikogruppe passt, muss man die Familie unter die Lupe nehmen, okay? Und diese Opfer gehörten keiner Risikogruppe an. Die Sonderkommission hat das Leben jedes einzelnen untersucht … und das jedes Familienangehörigen, in immer weiterem Umkreis. Heute Morgen haben wir herausgefunden, dass weibliche Angehörige zweier Ermordeter zum gleichen Psychiater gehen.«
Meine Haut fühlt sich plötzlich heiß an. »Welche Opfer?«
»Nummer zwei und Nummer vier. Riviere und LeGendre.«
»Und in welcher Beziehung stehen sie zueinander?«
»Rivieres Tochter und LeGendres Nichte.«
»Ach herrje. Und wie heißt der Seelenklempner?«
»Nathan Malik.«
Ich überlege, ob ich den Namen irgendwoher kenne. »Nie gehört.«
»Das überrascht mich. Er ist ziemlich bekannt und ziemlich umstritten. Außerdem hat er zwei Bücher geschrieben.«
»Zu welchem Thema?«
»Unterdrückte Erinnerungen. Genauer gesagt, das Zu-Tage-Fördern unterdrückter Erinnerungen.«
Die Antwort kitzelt irgendetwas in meinem Unterbewusstsein. »Das steht üblicherweise im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch.«
»Richtig. Denkst du das Gleiche wie ich?«
»Sühnemorde. Unsere Opfer haben Kinder missbraucht und wurden von ihren Opfern ermordet. Oder von einem männlichen Verwandten der Missbrauchsopfer. Aus diesem Winkel betrachtet ergibt das fortgeschrittene Alter der nomurs-Opfer plötzlich einen Sinn.«
»Das dachte ich ebenfalls«, sagt Sean. »Wir überprüfen jeden Verwandten von jedem Opfer, ob es Sitzungen bei Nathan Malik oder einem anderen Therapeuten gegeben hat. Es ist nicht ganz einfach. Die beiden Frauen, die wir bisher mit Malik in Verbindung bringen konnten, haben zu verschleiern versucht, dass sie zu einem Psychiater gehen. Sie haben ihre Sitzungen bar bezahlt und ihre Familien belogen. Wir fanden es nur heraus, weil sie zwanghaft versucht haben, mit ihrem Geld hauszuhalten. Sie hatten beide erstaunlich genaue Ausgabenbücher.
Der fbi-Psychiater in Quantico meint, es bestünde eine große Wahrscheinlichkeit, dass Dr. Malik hinter den Morden steckt. Es gibt ein Phänomen, das sich Kontertransferenznennt und durch das der Psychiater indirekt den Schmerz seiner Patienten durchlebt. Der fbi-Psycho sagt, das könnte der Auslöser gewesen sein, der Malik zu den Sühnemorden veranlasst hat. Als wäre er selbst missbraucht worden. Und Malik hatte das erforderliche Wissen, um die Tatorte nach ganz gewöhnlichem sexuellen Serienmord aussehen zu lassen.«
»Hat schon jemand mit Dr. Malik gesprochen?«
»Nein, aber wir überwachen ihn.«
»Wie alt ist er?«
»Dreiundfünfzig.«
Das ist weit oberhalb des normalen fbi-Serienkiller-Profils, doch basierend auf der Literatur immer noch innerhalb der Wahrscheinlichkeitsspanne. Ich kann nicht glauben, wie viel Adrenalin plötzlich in meinen Kreislauf schießt. »Was passiert als Nächstes?«
»Deshalb rufe ich dich an. Wir möchten, dass du Nathan Maliks zahnärztliche Unterlagen überprüfst. Herausfindest, ob die Bisswunden an den Opfern mit seinem Zahnprofil übereinstimmen.«
»Ihr habt das Profil schon?«
»Nein.«
»Wann habt ihr es?«
»Das weiß ich noch nicht genau.«
»Ich verstehe nicht … Was hat das zu bedeuten, Sean?«
»Wir haben den Namen von Maliks Zahnarzt. Und weil du so gut wie jeden verdammten Zahnarzt in New Orleans und Umgebung kennst, hatten wir gehofft, dass du dich inoffiziell mit diesem Zahnarzt unterhalten könntest. Vielleicht einen Blick auf ein paar gefaxte Aufzeichnungen werfen. Nur genug, um sagen zu können, ob Malik der Killer ist oder nicht.«
In meinem Kopf leuchtet plötzlich eine rote Warnlampe. »Eine ›inoffizielle Unterhaltung‹? Du willst mich auf den Arm nehmen.«
»Nein.«
»Wer will diese Unterhaltung, Sean? Die Sonderkommission? Oder du?«
Die Pause, die nun
Weitere Kostenlose Bücher