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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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verdrießliche Falten. »Pearlie hat erzählt, du hättest blutige Fußspuren in deinem Zimmer gefunden.«
    »Das stimmt.«
    Sie blickt mich perplex an. »Ich bin in dein Zimmer gegangen, aber ich habe nichts auf dem Boden entdecken können. Außer einem schlechten Geruch.«
    »Du warst in meinem Zimmer?«
    »Warum nicht?«
    Der Kaffeeautomat blubbert auf der Küchentheke, und das Aroma von Canal Street Coffee steigt mir in die Nase. Ich versuche, meinen Ärger zu unterdrücken. »Ich würde es zu schätzen wissen, wenn du nicht dort hineingehst«, sage ich. »Nicht, bevor ich fertig bin.«
    »Fertig? Womit?«
    »Mit der Untersuchung des restlichen Zimmers auf Blutspuren.«
    Mom verschränkt die Finger auf der Tischplatte, als wollte sie verhindern, dass sie zappeln. »Wovon redest du überhaupt, Catherine?«
    »Von der Nacht, in der Daddy gestorben ist.«
    Zwei rote Flecken erscheinen auf ihren Wangen. »Was?«
    »Ich denke, dass diese Fußspuren in der Nacht entstanden sind, als Daddy starb.«
    »Also das … das ist ja völlig verrückt!« Sie schüttelt den Kopf, doch ihre Augen blicken mit einem Mal abwesend.
    »Ist es das, Mom? Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß nun mal, was in jener Nacht passiert ist.«
    »Tatsächlich?«
    Sie blinzelt verwirrt. »Selbstverständlich.«
    »Warst du nicht k. o. von Daddys Pillen?«
    Ihre Wangen verlieren die Farbe. »Wage es nicht, auf diese Weise mit mir zu reden! Ich mag damals vielleicht das eine oder andere Beruhigungsmittel genommen haben …«
    »Du warst nicht abhängig von Daddys Medikamenten?«
    »Wer hat dir das erzählt? Dein Großvater? Nein, er ist nicht in der Stadt. Du hast mit Pearlie geredet, habe ich Recht? Ich kann nicht glauben, dass sie etwas so Gemeines gesagt haben soll!«
    »Spielt es denn eine Rolle, mit wem ich gesprochen habe? Wir müssen uns irgendwann mit der Wahrheit auseinander setzen.«
    Mom richtet sich auf und strafft die Schultern. »Du solltest dir vielleicht an die eigene Nase fassen, Missy. Es besteht nicht der geringste Zweifel, wer in diesem Haus die meisten Lügen erzählt hat.«
    Mit zitternden Händen wendet sie sich um und schenkt sich eine Tasse Kaffee aus der Glaskanne ein. Vielleicht ist das Zittern der Hände in unserer Familie erblich.
    Ich atme tief ein und stoße die Luft langsam wieder aus. »Wir haben auf dem falschen Fuß angefangen, Mom. Wie geht es Tante Ann?«
    »Sie hat schon wieder so einen Bastard geheiratet. Das dritte Mal hintereinander. Dieser Mistkerl hier schlägt sie.«
    »Hat sie dir das erzählt?«
    »Ich habe Augen im Kopf. Mein Gott, ich will nicht darüber reden. Ich will nicht mal darüber nachdenken! Ich muss mich hinlegen. Ich brauche Schlaf.«
    »Wenn du schlafen willst, solltest du den Kaffee vielleicht besser weglassen.«
    »Wenn ich den Kaffee nicht trinke, bekomme ich Kopfschmerzen.« Sie nimmt einen Schluck aus der dampfenden Tasse und verzieht das Gesicht. »Du solltest doch am besten wissen, wie das mit einer Sucht so ist.«
    Ich kämpfe gegen das Verlangen an, zurückzufauchen. »Ich bin seit fast drei Tagen absolut nüchtern.«
    Sie hebt ruckhaft den Kopf und starrt mich an. »Was ist der Grund?«
    Ich kann ihr nicht sagen, dass ich schwanger bin. Noch nicht. Ich senke den Blick, und plötzlich spüre ich ihre Hand, die meinen Oberarm drückt.
    »Was immer es sein mag, ich stehe zu dir«, sagt sie leise. »Wenn wir mehr wissen, verhalten wir uns besser. Das sagt Dr. Phil immer. Genau wie bei mir und diesen Schlafmitteln.«
    »Dr. Phil? Mom, bitte.«
    »Du solltest dir seine Sendung wirklich hin und wieder ansehen, Honey. Wir schauen sie uns heute Nachmittag gemeinsam an, ja? Bevor ich mich hinlege. Dr. Phil entspannt mich immer so.«
    Ich kann mir das keine Sekunde länger anhören. Ich muss raus aus dieser Küche. »Ich habe ein Fax bekommen; es ist noch in Großvaters Büro. Ich bin gleich wieder da.«
    »Er kommt bald nach Hause«, sagt sie. »Du weißt, er mag es nicht, wenn andere in sein Büro gehen, während er unterwegs ist.«
    »Wann kommt er denn zurück?«, frage ich auf dem Weg zur Tür.
    »Heute. Mehr weiß ich auch nicht.«
    Ich erreiche die Tür, dann bleibe ich stehen und drehe mich noch einmal um. »Mom, hast du irgendwelche persönlichen Dinge von Dad zurückbehalten?«
    »Welche denn? Bilder oder was?«
    »Beispielsweise eine alte Haarbürste.«
    »Eine Haarbürste? Wozu denn das, um Himmels willen?«
    »Ich hatte gehofft, Haare von ihm zu finden. Manchmal

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