Bisswunden
genau verstanden.«
Ich weiche einen Schritt zurück und versuche mit äußerster Mühe, mich zu beherrschen. »Ob ich mich an alles erinnere, was bei den Dinnerpartys damals passiert ist? Sie meinen jedes Wort und jede Geste? Selbstverständlich nicht. Aber an alles Wichtige erinnere ich mich sehr wohl.«
»Sie haben nie in Gegenwart von Nathan Malik ein Blackout gehabt?«
»Verdammt, nein! Hat er das behauptet?«
»Dr. Malik hat kein Wort gesagt, Dr. Ferry. Ich versuche lediglich so viel herauszufinden, wie ich kann.«
»Ich hatte in Maliks Gegenwart niemals ein Blackout, okay?«
»Erinnern Sie sich jedes Mal daran, wenn Sie ein Blackout hatten?«
»Woher wissen Sie überhaupt, dass ich Blackouts hatte?«, frage ich und funkele Sean an. »Hören Sie, ich habe Malik vor mehr als zehn Jahren unter einem anderen Namen gekannt. Erhat mich ein paar Mal angegraben. Ich hab ihn abgewiesen. Das ist alles.«
Kaiser sieht aufrichtig verblüfft aus. »Warum will er dann jetzt ausgerechnet mit Ihnen sprechen? Das scheint mir ein eigenartiger Zeitpunkt zu sein, ausgerechnet jetzt eine alte Bekanntschaft zu erneuern, meinen Sie nicht?«
»Stellen Sie diese Frage Malik, nicht mir.«
»Er will aber nicht mit uns reden. Er will nur mit Ihnen reden.«
Plötzlich weiß ich, warum Kaiser hergekommen ist. »Sie wollen, dass ich mit ihm spreche, habe ich Recht? Mit Malik?«
Das Gesicht des fbi-Mannes ist eine Maske. »Möchten Sie mit ihm reden?«
»Diese Frage beantworte ich nicht.«
»Warum nicht?«
Ich schüttele aufgebracht den Kopf. »Spielen Sie keine Spielchen mit mir, Agent Kaiser. Es gibt keine richtige Antwort auf Ihre Frage. Wenn ich sage, dass ich mit Malik reden will, dann verdächtigen Sie mich, irgendetwas mit ihm zu tun gehabt zu haben. Wenn ich Nein sage, fragen Sie mich nach dem Grund, als würde ich etwas verbergen. Möchten Sie, dass ich mit diesem Kerl rede oder nicht?«
Kaiser hebt entschuldigend die Hände. »Tut mir Leid. Warum setzen wir uns nicht für einen Moment?« Er deutet zum Küchentisch.
Als ich stehen bleibe, nimmt er sich einen Stuhl und wartet. Ich sehe Sean an, der die Schultern zuckt und rechts von Kaiser Platz nimmt. Nach einem Augenblick setze ich mich dem fbi-Mann gegenüber.
»Ich weiß, dass diese Situation schwierig ist«, sagt Kaiser. »Aber es ist nichts im Vergleich zu dem, was draußen vor der Tür auf Sie wartet. Wir hatten zwei Morde innerhalb von drei Tagen. Die Medien sind hysterisch. Wenn sie herausfinden, dass Malik darum gebeten hat, mit Ihnen zu reden, ist dasschon schlimm genug. Wenn Sie allerdings herausfinden dass Sie und …«, Kaiser nickt mit dem Kopf in Richtung Sean, »etwas miteinander haben, können Sie sich von Ihren Jobs verabschieden.«
»Warum denn das?«, fragt Sean. »Schön, wir haben eine Affäre. Das hat noch lange nichts mit unserer Arbeit zu tun.«
Kaisers Blick schweift zum Tisch, der übersät ist mit Bildern von den verschiedenen Tatorten und Kopien von Polizeiberichten.
»Scheiße«, murmelt Sean. Ich sehe an seinem Gesicht, dass er nicht so recht glauben kann, was gerade passiert. Er denkt an seine Frau und seine Kinder. Und an seine Pension. Ich fühle mich noch mehr allein gelassen als in der vergangenen Nacht.
»Ich kann Ihre Situation besser nachempfinden, als Sie vielleicht glauben«, sagt Kaiser. »Ich habe die Frau, mit der ich heute zusammen bin, ebenfalls während einer wichtigen Morduntersuchung kennen gelernt. Ich war zwar damals nicht verheiratet, aber ich habe Einblick in das Problem, okay? Im Augenblick müssen wir uns allerdings ausschließlich auf den Fall konzentrieren. Wenn wir ihn lösen, kriegen wir damit gleichzeitig eine Menge anderen Mist vom Tisch.«
»Woher wissen Sie von uns?«, fragt Sean. »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«
Kaiser wirft ihm einen Blick zu, als wollte er sagen: So unfähig bin ich nun auch wieder nicht. Dann wendet er sich mir zu. »Sie haben Recht, Dr. Ferry. Wenn Sie nichts dagegen haben, hätte ich gerne, dass Sie mit Malik reden. Der Richter wird noch im Verlauf des Tages anordnen, dass Malik wegen Missachtung des Gerichts in Beugehaft genommen wird, das ist so gut wie sicher. Er hat sich rundweg geweigert, die Namen seiner Patienten zu nennen, geschweige denn, uns Einblick in seine Unterlagen zu gewähren. Ich würde zwar vorziehen, ihn jetzt noch nicht zu verhaften, doch auf uns lastet ein immenser politischer Druck, und wir müssen einenSchritt vorankommen in diesem Fall. Wir
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