Bist du mein Kind? (German Edition)
sehr ins Herz geschlossen und fühlte sich so wohl bei Ihnen, dass wir auch nicht anders konnten, als Sie zu mögen. Obwohl wir Sie nicht kannten.
Und dann kam er nach Hause, verschwand drei Tage in seinem Zimmer und nichts!
Wir kamen nicht an ihn heran. Deshalb habe ich damals die Mail an Sie geschickt, Monika, um mich zu bedanken und vorsichtig nachzuhören, ob etwas passiert ist. Aber Sie haben so freundlich und offen geschrieben, dass ich Ihnen glauben musste, dass alles in Ordnung war.
Nach drei Tagen kam er aus seinem Zimmer und hat dann wochenlang nur von Ihnen allen geredet und für uns kam dann der Schlag:
Er erzählte uns, dass er sich bei Ihnen fühlte, als seien sie seine Familie. Er habe sich so von Ihnen und Leon und Timo akzeptiert gefühlt, dass er sich in sie alle „verliebt“ hat. Er wäre am liebsten bei Ihnen geblieben“.
Sie macht eine Pause, weil sie wieder mit den Tränen kämpft. Ich bin froh, denn auch ich heule schon die ganze Zeit.
Mein Herz öffnet sich ganz weit. Zum einen, weil sie erzählt, was Laurent für uns empfindet. Also hat er es doch auch gespürt. Unterschwellig und ohne es erklären zu können, aber er hat sich doch mit uns verbunden gefühlt.
Und andererseits sehe ich, wie Isabelle leidet. Heißt das doch für mich, dass sie ihn wirklich liebt wie ihr eigenes Kind. Und deshalb schließe ich sie einfach ins Herz.
Wolfgang und Claude haben bisher kein Wort gesagt, aber ich sehe ihnen an, dass sie auch von Emotionen übermannt werden.
Also schweigen wir erst mal alle und hängen für einen Moment unseren Gedanken nach.
Isabelle sammelt sich als erste und fährt mit ihrem Bericht fort:
„Für Claude und mich hat sich das sehr schlimm angefühlt. Denn wir lieben ihn genauso intensiv wie wir Geraldine lieben. Es gibt da keinen Unterschied. Wir haben lange überlegt, was wohl der Grund sein könnte, dass Laurent sich so zu Ihnen hingezogen fühlt. Irgendwie, ganz tief im Innern haben wir gedacht, dass Sie vielleicht irgendwie mit der Adoption zu tun haben. Andererseits erschien uns der Gedanke so absurd, dass er ausgerechnet beim Schüleraustausch dort landet, wo er herkommt, dass wir ihn wieder verworfen haben.
So etwas gibt es doch nichtmal in schlechten amerikanischen Filmen.
Aber wir haben unser Kind, Entschuldigung Monika, sehr genau beobachtet. Jeden Tag hat er mehrmals seine Mails abgerufen und war sichtlich enttäuscht, wenn nichts von Ihnen kam. Hatte er jedoch eine Nachricht von Ihnen, war er glücklich und aufgeregt und ziemlich überdreht.
Claude hatte dann den Gedanken, Sie alle hierher einzuladen. Er wollte sehen, wie Laurent mit Ihnen umgeht, was Sie an sich haben, das Laurent so verzaubert ist. Ich war einverstanden…..“
Schlagartig wird mir klar, dass Wolfgang nichts von dem versteht, was Isabelle erzählt. Ich lege meine Hand auf die von Isabelle und unterbreche sie ganz vorsichtig.
„Entschuldigung, Isabelle, aber ich muss schnell für Wolfgang übersetzen. Er sitzt hier und versteht überhaupt nichts.“
Ich erzähle Wolfgang schnell alles, was sie erlebt haben, seit Laurent bei Ihnen ist und wie er sich verändert hat, nachdem er bei uns war.
Wolfgang nimmt meine Hand und drückt sie sehr fest. Jetzt ist es an ihm, zu weinen.
Ich nicke Isabelle zu und sie erzählt weiter:
„Als wir Laurent mitgeteilt haben, dass wir Sie einladen, war er nicht mehr zu halten. Er wollte, dass sie unbedingt bei uns wohnen, aber Sie haben ja selber gesehen, dass wir keinen Platz haben. Dann hat er versucht, Claude zu überzeugen, innerhalb von zwei Monaten das neue Haus fertigzustellen, denn da sei ja genug Platz. Als Sie dann geschrieben haben, dass Sie die alte Schule gemietet haben, war er nicht mehr zu halten. Die Wochen bis zu Ihrer Ankunft hier war er nicht mehr normal. Überdreht, aufgeregt, angespannt. Und er musste doch seine Prüfungen ablegen in der Schule. Aber das hat er mit Bravour gemeistert.
Eigentlich wie alles, das er anfängt. Er ist sehr ehrgeizig.“
Damit endet ihr Bericht.
Ganz leise, weil ich mich erst sammeln muss, sage ich zu ihr:
„Das war er schon, als er noch bei uns war“.
Nun sitzen wir da und ich fasse für Wolfgang alles nochmal zusammen.
„Und was machen wir jetzt?“ frage ich ihn zum Schluss.
Er sagt nichts und wir sitzen auf dieser Sitzgruppe unter diesem wunderschönen Baum und alles wirkt sehr idyllisch.
Von außen betrachtet. Dass hier gerade zwei Familien um ein Kind kämpfen, würde wohl niemand
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