Bist du mein Kind? (German Edition)
meinetwegen zuhause in ein ,Junggesellenleben‘, aber mach nicht alles kaputt“.
„Würde es dich denn nicht stören, wenn ich mir zuhause etwas mehr Freiraum nehme? Aber nein, du hast ja Jean-Marie“.
„Nichts habe ich. Nur mal so zum Verständnis: Ich empfinde sehr viel für ihn. Das hat sich im Laufe der Jahre nur noch gesteigert, obwohl wir keinen Kontakt mehr hatten. Aber ich liebe dich auch. Das macht es ja so schwer. Ich habe es nicht zum Äußersten kommen lasse. Über den Austausch von Zärtlichkeiten sind wir nicht hinaus gekommen. Also, wenn du freier leben möchtest, dann tu das, aber berufe dich nicht auf Jean-Marie und mich“.
Er kriecht zu mir rüber und schließt mich ganz fest in seine Arme.
„Was bist du bloß für eine außergewöhnliche Frau“, murmelt er und hält mich fest.
Später beim Frühstück sind wir nur zu viert. Maxi ist abends mit Jean-Marie und Auguste nach Hause gegangen.
Die Kinder wollen an die Atlantikküste und ich finde, dass das eine gute Idee ist. Seltsamerweise erzählen sie nichts von dem mit Maxi verbrachten Tag und ich frage auch nicht. Trotzdem beobachte ich sie ganz genau. Sie scheinen jedoch völlig in Ordnung zu sein.
Abends, als wir wieder zuhause sind, fragt Timo mit vollem Mund:
„Sag mal, Papa, kommt Maxi eigentlich jetzt mit nach Hause oder bleibt er noch hier?“
Wolfgang überlegt einen Augenblick, bevor er antwortet:
„Hm, er bleibt erst mal hier. Isabelle und Claude wollen ihm zuerst schonend beibringen, dass sie ihn damals adoptiert haben. Wenn er das verdaut hat, soll er erfahren, wer wir wirklich sind und dann sehen wir mal weiter.“
„Puuh, ihr Erwachsenen seid kompliziert“, verkündet Leon.
„Gestern haben wir ihm gesagt, dass er eigentlich Maxi heißt und haben ihn auch nur so angesprochen. Er hat gefragt, wieso und ich habe gesagt, dass das der Name ist, den wir ihm geben würden und er hat das akzeptiert. Außerdem hat er gestern unsere Hände verglichen und hat zu mir gesagt, dass es schon lustig ist, dass wir die gleichen Hände haben. Er hat sogar am Daumen diesen kleinen Knubbel am Gelenk wie ich. Denkt ihr denn, dass Maxi blöd ist?“
Ich bin erstmal geschockt. Was passiert da parallel zu unseren Erwachsenen-Diskussionen? Drehen die Kinder ihr eigenes Ding? Hilflos sehe ich Wolfgang an. Er zuckt die Schultern.
„Glaubst du wirklich, dass er ahnen könnte, wer er ist? Ohne zu wissen, dass er nicht der leibliche Sohn von Isabelle und Claude ist?“ fragt Wolfgang seine Söhne.
Beide schweigen.
„Keine Ahnung, aber ihr seid viel zu kompliziert“, wiederholt Leon.
Wir brauchen Hilfe. Morgen früh werde ich Jean-Marie und Auguste von den neuesten Ereignissen berichten.
Heute bin ich müde und eigentlich wollen wir alle nur ins Bett.
Kapitel 38
2010 Juli Tag 6 in Frankreich
Mein erster Gedanke, als ich morgens aufwache ist, dass heute Donnerstag ist und wir übermorgen schon wieder nach Hause fahren. Es geht alles so schnell. Mein zweiter Gedanke ist, dass ich heute Frühstück machen werde und dass wir dann dringend mit Auguste und Jean-Marie reden müssen.
Wolfgang schnarcht laut neben mir und ich flüchte aus dem Bett.
Nach meiner Morgentoilette rufe ich Jean-Marie an. Er ist sofort am Telefon.
„Guten Morgen, ma chérie. Ich habe dich vermisst“.
„Habe ich dich aus dem Bett geschmissen? Es ist doch erst acht“.
„Ich wünschte, du tätest das mal. Indem du mich rausschiebst, weil du neben mir geschlafen hast“, er lacht.
„Irgendwann bestimmt und dann bist du froh, dass du verschwinden kannst, glaub mir!“
„Niemals, chèrie. Ich werde niemals froh sein, dich zu verlassen.
Aber was gibt es so früh?“
Ich schildere ihm kurz, was die Kinder beim Abendessen erzählt haben und dass ich mir Gedanken darüber mache, dass hier Dinge geschehen, die wir nicht steuern können.
Einen Moment schweigt er.
„Hm, hat Auguste nicht gesagt, dass wir das Feld den Kindern überlassen sollen und dass sie das besser hinkriegen als wir? Oder so ähnlich? Ich bin noch nicht ganz wach“.
„Liegst du noch im Bett? Dann komme ich jetzt zu dir“.
Auf meinen Scherz höre ich keine Reaktion.
„Bist du noch da? Hallo?“
Ich höre ein Seufzen.
„Ach würdest du es doch tun. Aber du kommst ja doch nicht.“ Ich höre Bedauern in seiner Stimme.
„Ich wollte dich ein bisschen aufheitern, aber jetzt habe ich es genau falsch gemacht. Es tut mir leid“.
Wenn er wüsste, wie gerne ich zu ihm unter die
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